Das dunkle Volk: Mondschein: Roman (German Edition)
Kopf.
»Dann können wir also jetzt getrost davon ausgehen, dass es Myst und ihr Volk sind, die die Magiegeborenen und die Leute aus der Stadt entführen. Sie ernähren sich sowohl von Blut als auch von ihrer Energie und nutzen die Opfer für ihre eigenen Zwecke. Eine beängstigende Mischung.« Sie wandte sich an Rhiannon. »Wir müssen mit Geoffrey reden. Die zwei Parteien sind Todfeinde – oder eher Untodfeinde. Der Indigo-Hof kann zwar Menschen nicht so verwandeln wie Vampire, aber er kann sie durchaus als Nahrung verwenden. Wir werden die Vampirnation vielleicht um Hilfe bitten müssen.«
Ich schlug das Buch zu und blickte auf die Straße. Alles sah ganz normal aus, doch unter dem trägen Fluss des Alltags strömte finstere Energie. Genau das hatte ich auch gespürt, als ich im Haus der Schleier auf die Klamm am Rand des Gartens geblickt hatte, und es war uns hierhergefolgt. Nach dem, was mit meiner Mutter passiert war, verursachte mir der Gedanke, Vampire um Hilfe zu bitten, Übelkeit, aber Anadey hatte vermutlich recht. Wir brauchten Hilfe – den Indigo-Hof konnten wir unmöglich allein bekämpfen.
Ohne mich wieder umzusehen, sagte ich: »Also wird unser nächster Schritt sein, mit Geoffrey Kontakt aufzunehmen?«
Anadeys Stimme klang sanft, aber bestimmt. »Tut mir leid, aber – ja, ich denke, das werden wir müssen. Die Gesellschaft ist zerfallen, wir sind hier auf uns allein gestellt. Und Magie oder nicht, für Myst und ihr Volk sind wir kein Gegner.«
Als ich mich endlich vom Fenster abwandte, konnte ich spüren, dass jemand von draußen versuchte hineinzusehen. Aber Martas Schutzzauber waren stark, und was immer da draußen war, es kam nicht daran vorbei. Dennoch. Ich war überzeugt, dass Mysts Spione wussten, wo wir uns aufhielten.
Nachdem wir drei Kartons Bücher und vier Kisten mit magischem Zubehör in Favonis’ Kofferraum geladen hatten, setzten wir Anadey und Peyton wieder am Restaurant ab.
»Die zwei gefallen mir«, sagte ich Rhiannon auf dem Heimweg. »Besonders Peyton. Sie wirkt sehr ruhig und sanft, aber sie besitzt Stärke.«
»Als wir damals im Konservatorium zur Schule gingen, ist sie immer gehänselt worden«, sagte Rhiannon. »Ich zwar auch, aber nur, weil ich schwache Leistungen brachte. Sie hat man fertiggemacht, weil sie ein Halbblut ist.«
Ich nickte. »Wenn man in dem Alter ist, muss es besonders hart sein. Wenigstens ist sie Werpuma, nicht Werwolf – das wäre wohl noch schlimmer gewesen. Wir haben vorhin miteinander geplaudert und herausgefunden, dass wir beide gern boxen. Wir wollen uns morgen im Fitnesscenter des Konservatoriums treffen und ein bisschen trainieren. Wenn’s gut klappt, machen wir es regelmäßig. Die Gebühr beträgt, wie ich gehört habe, nur zwanzig Dollar im Monat. Das müsste ich aufbringen können.«
»Klingt gut. Was ist mit heute Abend?«
»Ich muss noch auspacken, und dann sollten wir, denke ich, das Haus schützen. Wir müssen etwas unternehmen.«
Rhiannon nickte. »Was hältst du davon, wenn ich Leo frage, ob er ein Weilchen bei uns bleibt? Bei allem, was wir inzwischen wissen, hätte ich ein besseres Gefühl, wenn noch jemand hier ist. Außerdem arbeitet er für Geoffrey, und wenn die Vampire den Indigo-Hof hassen …«
Ich führte ihren Gedankengang weiter. Wenn sie erfuhren, dass einer ihrer Angestellten in der Nähe einer Gefahr wohnte, dann würden sie vielleicht noch eher gewillt sein, uns zu beschützen. Ich biss mir auf die Lippe, als ich versuchte, meine widerstreitenden Gefühle Grieve gegenüber beiseitezuschieben. »Ja, du hast recht. Ruf ihn doch gleich an, vielleicht ist er ja zu Hause.«
Sie wählte seine Nummer, und wir hatten Glück. Leo hatte an diesem Abend nicht viel zu tun und war tatsächlich zu Hause. Wir fuhren also zunächst zu ihm, obwohl wir uns nur allzu bewusst waren, dass die Dämmerung einsetzte.
Leo wohnte im dritten Stock eines Hauses mitten in New Forest. Das Gebäude war modern, aber einfach und sah aus wie ein Dutzend anderer Häuser in der Stadt.
Sobald wir angekommen waren, fragte Rhiannon ihn ohne Umschweife, ob er vorübergehend zu uns ziehen wollte. Mitten in ihrer Frage begann sie zu stammeln, und ich fragte mich, ob sie sich vielleicht sorgte, wie dieses Arrangement sich auf ihre Beziehung auswirken würde, aber Leo schien es locker zu nehmen.
»Oh, Dreck«, kommentierte er, als wir ihm berichteten, was wir herausgefunden hatten. »Okay, ich bin dabei. Ich fühle mich auch besser, wenn
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