Das Dunkle
an die gestohlenen Gedanken, die Melissa mit ihm geteilt hatte: In Angies Denken waren die Straße in der Wüste und der Halbling eng miteinander verbunden. Was konnte aber eine Landebahn mit einem Wesen zu tun haben, das halb Midnighter und halb Darkling war? Sie mussten Angie wiederfinden oder jemand anderen, der das wusste. Rex durchsuchte den ganzen Bericht, fand die Namen der Verfasser aber nirgends. Er grub tiefer im Schreibtisch, öffnete Schubladen und durchsuchte Fächer, ohne sein Eingreifen zu vertuschen. Hier musste es mehr geben, eine Namensliste, die mit dem Bericht in Verbindung stand, oder einen Hinweis auf eine Sponsorenvereinigung, irgendetwas, woran man erkennen konnte, wer noch mit den Darklinggroupies in Verbindung stand. Von dem einen Bericht abgesehen fand er aber nur Unterlagen aus dem Ölgeschäft, ein paar private Briefe, eine stattliche Kreditkartenrechnung und eine Einladung zu einer Party. Nichts weiter über eine Notlandebahn und nirgendwo wurde Ernesto Grayfoot erwähnt. Es gab Karten und geologische Daten, die Dess vielleicht verstehen würde, er konnte jedoch nicht entscheiden, was wichtig war.
Schließlich seufzte Rex und ließ die Papiere aus seinen Händen gleiten. Er würde in der kurzen Zeit, die von der geheimen Stunde übrig war, nicht weiterkommen, nicht ohne Hilfe.
Vielleicht würde das Wissen über die Notlandebahn Melissa weiterhelfen, ihr Gedankenlesen zu fokussieren. Constanzas Eltern mussten etwas Brauchbares in ihren Köpfen haben.
Rex stand auf, griff mit einer Hand nach dem Folder und wandte sich zur Tür.
Melissa stand dort mit grimmigem Blick.
„Was ist los?“, fragte er. „Weiß Constanza irgendwas?“
„Keine Spur von Darklingen oder jemandem mit dem Namen Angie. Aber Ernesto Grayfoot habe ich dadrin gefunden.
Sie sind Cousin und Cousine, glaube ich.“
„Na gut, das ist ein Anfang. Kannst du mal …“ Seine Stimme brach ab. Melissa hatte ihre Augen geschlossen und wippte auf ihren Füßen. „Was ist los?“
Sie öffnete langsam die Augen. „Sie kommen, Rex.“
Sein Magen krampfte sich vor Furcht zusammen, wie an dem Tag, als sein Vater eine geladene Waffe auf ihn gerichtet hatte, volltrunken. „Der Halbling?“
„Der Halbling nicht, nicht so was Exotisches. Nur drei alte Darklinge … die Hunger haben.“
„Wo zum Teufel bleiben Jonathan und Jessica?“
Melissa legte ihren Kopf auf die Seite und suchte das Psychonetz der geheimen Stunde nach dem vertrauten Geschmack der beiden ab. „Meilenweit weg. Drüben bei Aerospace Oklahoma.“
„Auf dem Weg hierher?“
„Nein. Sitzen da bloß. Sie sind … verwirrt.“ Sie öffnete ihre Augen. „Ich dachte, du hättest mit ihr geredet.“
„Ich habe gesagt, dass ich eine Nachricht für sie hinterlassen habe. Sie wollte nicht, dass ich mit ihr rede.“
„Du hast eine Nachricht hinterlassen? Wer wollte nicht, dass du mit Jessica redest?“
„Das Mädchen am Telefon. Sie hat aber gesagt, sie würde es Jessica sofort sagen. Ich glaube, es war ihre kleine Schwester.“
signale
12.00 Uhr Mitternacht
19
Der Stacheldrahtzaun erstreckte sich in beide Richtungen, so weit das Auge reichte. Im dunklen Licht des voll aufgegangenen Mondes verbreitete er ein blasses Feuer. Jonathan erinnerte sich an ihren Flug durch den Aerospace-Oklahoma-Komplex vor zwei Wochen, an die Raserei ihrer Verfolger. In jener Nacht hätte er Jessica fast verloren, als sich ihre Hände lösten und sie gefallen war. Bei dem Gedanken lief es ihm immer noch kalt den Rücken hinunter.
Allerdings fürchteten sich die gleichen Kreaturen inzwischen vor Jessica, seit sie ihr Talent erkannt hatte. Selbst hier draußen, dicht bei den Badlands, hatten sie die ganze Nacht noch keinen einzigen Gleiter gesehen.
„Fällt dir irgendwas wieder ein?“, fragte er.
Jessica nickte bedächtig und deutete nach Osten. „Der Zaun war links von uns, wir fuhren also in diese Richtung.“
„Doch, das ergibt Sinn. Die Straße führt zum Rustle’s Bottom.“
„Super.“ Sie lächelte glücklich und deutete in die andere Richtung. „Constanza muss also dahinten wohnen.“
Jonathan holte tief Luft. Sie würden nie ankommen. „Ich dachte, du hättest da übernachtet.“
„Ein Mal, okay? Constanza hat mich von der Schule mit nach Hause genommen. Ich habe nicht besonders aufgepasst, wohin wir gefahren sind.“
„Kann man wohl sagen.“
„Ich war irgendwie beschäftigt. Du weißt schon, kurz bevor ich meine geheimnisvolle Bestimmung und
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