Das Echo aller Furcht
sowjetisches Schiff würde einem amerikanischen Havaristen ja auch beistehen. Seit den Umwälzungen in seinem Land und auf der ganzen Welt hatte Dubinin mehr Freude an seiner Arbeit. Bei dem anspruchsvollen Katz-und-Maus-Spiel war immer großes Können verlangt worden, aber sein Zweck war nicht mehr so grauenhaft. Gewiß, die Raketen auf den amerikanischen strategischen Booten waren in Richtung Sowjetunion programmiert, und die Geschosse der Lunin zielten auf Amerika, aber vielleicht änderte sich auch das bald. Bis dahin jedoch mußte er weiter seine Arbeit tun. Es gehörte zur Ironie des Schicksals, daß die sowjetische Marine gerade zu dem Zeitpunkt, an dem sie begann, der amerikanischen ernsthaft Konkurrenz zu machen – die Akula-Klasse war der ersten Los-Angeles-Baureihe technisch in etwa ebenbürtig -, an Bedeutung verlor. Ist das nun ein Spiel wie eine Runde Skat unter Freunden? fragte er sich. Kein schlechter Vergleich...
»Fahrt, Käpt’n?«
Darüber mußte Dubinin erst nachdenken. »Gehen wir von einem zwanzig Seemeilen entfernten Ziel aus, das fünf Knoten läuft. Wir fahren mit sieben. Das heißt, daß wir sehr leise bleiben und ihn vielleicht doch noch erwischen. . . wir wenden alle zwei Stunden, um die Sonarkapazität zu maximieren. . . Jawohl, so machen wir’s.« Und auf der nächsten Fahrt, Jewgenij, fügte er in Gedanken hinzu, wirst du von zwei neuen Sonar-Offizieren unterstützt. Die immer kleiner werdende sowjetische U-Boot-Flotte hatte viele junge Offiziere freigestellt, die nun zu Spezialisten ausgebildet wurden. Die Zahl der Offiziere auf der Admiral Lunin sollte sich verdoppeln, und das mußte sie zusammen mit der neuen Ausrüstung bei der Jagd begünstigen.
»Wir haben Mist gebaut«, sagte Bunker. »Ich habe den Präsidenten schlecht beraten.«
»Nicht nur Sie«, erwiderte Ryan und reckte sich. »Aber war dieses Szenarium wirklich realistisch?«
Wie sich herausgestellt hatte, war die Konfrontation nur ein Kunstgriff gewesen, mit dem der hart bedrängte sowjetische Präsident, der sein Militär unter Kontrolle bringen wollte, den Eindruck erweckte, als hätten Konservative eigenmächtig gehandelt.
»Nicht wahrscheinlich, aber auch nicht unmöglich.«
»Möglich ist alles«, bemerkte Jack. »Was sagen die sowjetischen Kriegsspiele wohl über uns aus?«
Bunker lachte. »Bestimmt nichts Gutes.«
Am Ende hatte Amerika den Verlust des Kreuzers USS Valley Forge hinnehmen müssen und die Sowjetunion die Versenkung eines U-Bootes der Charlie-Klasse durch den Hubschrauber der USS Kidd. Ein fairer Handel war das nicht; es sah eher so aus, als habe ein Spieler nur einen Bauern, der andere aber einen Springer verloren. Die sowjetischen Streitkräfte in Ostdeutschland waren in Alarmbereitschaft versetzt worden, und die schwächeren Nato-Einheiten waren nicht sicher gewesen, ob sie diese Bedrohung parieren konnten. In der Folge hatten die Sowjets Konzessionen beim Zeitplan für den Truppenabzug herausgeschlagen. Ryan hielt das ganze Szenarium für zu hypothetisch, aber so ging es bei diesen Spielen oft zu. Schließlich hatten sie ja nur den Zweck, die eigene Reaktion auf unwahrscheinliche Krisen zu testen. In diesem Punkt hatten sie versagt: auf unwichtigen Gebieten zu forsch gehandelt, und auf anderen, deren Wichtigkeit zu spät erkannt worden war, zu zögerlich.
Die Moral lautete wie immer: keine Fehler machen. Das wußte natürlich jeder Abc-Schütze, aber der Unterschied zwischen einem Schulkind und einem hohen Regierungsbeamten ist, daß die Fehler des letzteren eine weitaus größere Tragweite haben. Eine ganz andere Lektion also, die oft nicht gelernt wird.
14
Offenbarung
»Nun, was haben Sie gefunden?«
»Er ist ein hochinteressanter Mann«, erwiderte Goodley, »der bei der CIA fast unglaubliche Dinge getan hat.«
»Über die U-Boot-Geschichte und die Desertion des KGB-Chefs weiß ich Bescheid. Was liegt noch vor?« fragte Liz Elliot.
»Bei ausländischen Nachrichtendiensten ist er recht beliebt – zum Beispiel bei Sir Basil Charleston in England –, kein Wunder, aber auch in anderen Nato-Ländern, außerdem in Frankreich. Ryan stieß zufällig auf Hinweise, die es der DGSE ermöglichten, mehrere Mitglieder der Action directe zu fassen«, erklärte Goodley, der sich in seiner Spitzelrolle nicht ganz wohl fühlte.
Die Sicherheitsberaterin ließ sich nur ungern auf die Folter spannen, wollte den jungen Gelehrten aber nicht unter Druck setzen und lächelte nur ironisch.
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