Das Echo aller Furcht
hatte ihn in diese miese Situation gebracht. Sie war der entscheidende destruktive Faktor in seinem Leben, aber daran konnte er ebensowenig ändern wie an anderen Sachen.
»Nancy, schicken Sie bitte Mr. Clark rein.«
Zwei Minuten später erschien John. »Himmel noch mal, Doc!« rief er sofort. »Was wird Ihre Frau sagen?«
»Keinen Pieps.«
»Da irren Sie sich aber.« Clark machte ein Fenster auf. Er hatte das Rauchen, das seinen Vater umgebracht hatte, schon lange aufgegeben. »Was gibt’s?«
»Wie steht es mit den Geräten für unseren Lauschangriff?«
»Sie können auf Ihr Signal hin sofort zusammengebaut werden.«
»Dann mal zu«, sagte Jack.
»Haben Sie schon eine Genehmigung für die Operation?«
»Nein, wir brauchen keine. Wir geben das einfach als Machbarkeitsstudie aus. Bis wann können wir den Kram zusammenschustern?«
»In drei Tagen, sagen die Jungs. Wir brauchen auch Unterstützung von der Air Force.«
»Klappt das mit den Computern?«
»Das Programm ist validiert. Man hat die Innengeräusche sechs verschiedener Flugzeugtypen aufgenommen und dann eliminiert. Länger als zwei oder drei Stunden pro Band dauert der Prozeß nicht.«
»Der Flug von Mexico City nach Washington dauert...«
»Je nach Witterung maximal knapp vier Stunden. Die Reinigung des Bandes wird eine ganze Nacht in Anspruch nehmen«, schätzte Clark. »Wann soll der Präsident den japanischen Premier treffen?«
»Die Begrüßungszeremonie ist am Montag nachmittag, und die erste Verhandlungsrunde ist für den nächsten Morgen angesetzt. Das Festessen findet dann am Dienstagabend statt.«
»Gehen Sie hin?«
Ryan schüttelte den Kopf. »Nein, wir gehen eine Woche vorher zu einem Empfang – Mensch, das ist ja gar nicht mehr lange hin. Aufgepaßt, ich rufe das 89. Lufttransportgeschwader auf dem Stützpunkt Andrews an, die Jungs machen oft Trainingsflüge und nehmen Ihr Team bestimmt mit.«
»Ich habe drei Spürtrupps ausgewählt«, erklärte Clark. »Alles Spezialisten für elektronische Aufklärung, die früher bei Luftwaffe und Marine waren. Die verstehen ihr Handwerk.«
»Sehr schön, lassen Sie die Sache anlaufen.«
»Alles klar, Doc.«
Jack wartete, bis er gegangen war, und steckte sich dann eine neue Zigarette an.
29
Wendepunkt
MS Carmen Vita , die, angetrieben von ihren Pielstick-Dieseln, konstant 19 Knoten lief, glitt pünktlich durch die Straße von Gibraltar, und ihre vierzigköpfige Mannschaft (weibliche Besatzungsmitglieder waren nicht an Bord, wohl aber die Ehefrauen dreier Offiziere) machte sich für das normale Routineprogramm der Wachen und der Instandhaltung bereit. In sieben Tagen sollte mit Kap Charles und Kap Henry die Küste der USA in Sicht kommen. Auf und unter Deck waren zahlreiche in ihren Abmessungen genormte Container verstaut, deren Inhalt dem Kapitän und der Mannschaft ziemlich gleichgültig war. Sinn und Zweck dieser Container war, das Schiff praktisch wie den Lkw einer Spedition verkehren zu lassen; die Besatzung brauchte sich lediglich um das Gewicht der Container zu kümmern, das wegen der im Straßenverkehr vorgeschriebenen Höchstgrenzen nur geringen Schwankungen unterworfen war.
Da das Schiff den Atlantik auf der Südroute überquerte, versprach die Fahrt ruhig und ereignislos zu verlaufen. Die heftigen Winterstürme zogen höher im Norden ihre Bahn, und der indische Kapitän war zufrieden. Mit 37 war er relativ jung für diesen verantwortungsvollen Posten, doch er hoffte, bald ein größeres und komfortableres Schiff zu bekommen. Gutes Wetter bedeutete eine rasche Überfahrt und geringen Treibstoffverbrauch, und wenn er die Carmen Vita pünktlich und mit geringen Unkosten in den Bestimmungshafen brachte, konnte er zu gegebener Zeit mit einer Beförderung rechnen.
Clark hatte Mrs. Ryan nun zehn Tage hintereinander nicht zu Gesicht bekommen. John Clark hatte ein gutes Gedächtnis für solche Dinge, geschärft durch jahrelange Tätigkeit als Agent im Ausland, bei der man nur überlebte, wenn man auf alles achtete, ob es nun wichtig erschien oder nicht. Gewiß, Jack mußte früh aufstehen – sie aber auch, denn sie hatte zweimal in der Woche früh Operationen. Clark konnte durch das Küchenfenster ihren Kopf sehen; vermutlich saß sie am Tisch, trank Kaffee und las Zeitung oder sah fern. Doch als ihr Mann aus dem Haus ging, hatte sie noch nicht einmal den Kopf gewandt. Normalerweise stand sie auf, um ihn mit einem Kuß zu verabschieden. Aber seit zehn Tagen hintereinander
Weitere Kostenlose Bücher