Das Echo aller Furcht
brauchen. Er verließ das Amt mit provisorischen Pappnummernschildern. Die endgültigen Kennzeichen aus Blech würden nach vier Arbeitstagen fertig sein. Der Führerschein war noch leichter zu ergattern. Nachdem er den von Ghosn besorgten internationalen Führerschein und seinen Paß vorgelegt und eine schriftliche Prüfung bestanden hatte, stellte ihm der Staat Colorado die kleine Karte mit dem Paßbild aus. Beim Ausfüllen eines Formulars machte er einen »Fehler«, und die Beamtin ließ ihn ein neues unterschreiben. Das verpatzte warf Russell in den Papierkorb. Oder wenigstens sah es so aus. In Wirklichkeit verschwand der Bogen in der Tasche seines Parkas.
Das Johns-Hopkins-Hospital liegt nicht im besten Viertel. Um diesen Nachteil zu kompensieren, bewachte es die Polizei von Baltimore auf eine Art und Weise, die Clark an seine Zeit in Vietnam erinnerte. Er fand gleich gegenüber vom Haupttor am Broadway einen Parkplatz und ging zusammen mit Chavez hinein, vorbei an einer Jesusstatue, deren Dimensionen und Ausführung beide bewunderten. Das richtige Gebäude in dem riesigen Komplex war nicht so leicht zu finden, aber zehn Minuten später saßen sie im Vorzimmer von Professor Caroline M. Ryan. M.D., F.A.C.S. Clark schaute in eine Illustrierte, Chavez starrte lüstern die Sprechstundenhilfe an. Mrs. Ryan erschien um 12.35 Uhr mit einem Stoß Akten unterm Arm, warf den beiden CIA-Leuten einen fragenden Blick zu und segelte wortlos in ihr Zimmer. Clark stellte mit einem Blick fest, was los war. Sie war ihm immer als eine sehr attraktive und selbstsichere Frau erschienen, aber heute sah sie fast noch schlimmer aus als ihr Mann. Das geht wirklich zu weit, dachte Clark. Er zählte bis zehn und marschierte dann einfach an der verdutzt guckenden Sprechstundenhilfe vorbei, um seine neueste Karriere zu beginnen: als Eheberater.
»Was soll das?« fragte Cathy. »Ich habe heute keine Termine.«
»Verzeihung, ich muß Sie kurz sprechen.«
»Wer sind Sie überhaupt? Wollen Sie mich über meinen Mann ausfragen?«
»Mein Name ist Clark.« Er griff in die Hemdtasche und zog den Dienstausweis hervor, den er an einer Kette um den Hals trug. »Es gibt so einiges, über das ich Sie informieren möchte.«
Cathys Blick wurde fast sofort hart, als der Zorn die Oberhand über den Schmerz gewann. »Ich weiß, das habe ich alles schon gehört.«
»Das bezweifle ich, Mrs. Ryan. Können wir uns anderswo unterhalten? Darf ich Sie zum Mittagessen einladen?«
»In dieser Gegend? Die Straßen sind alles andere als sicher.«
»So?« Clark lächelte nur, um ihr zu zeigen, für wie absurd er ihre Bemerkung hielt.
Zum ersten Mal musterte Caroline Ryan den Besucher fachmännisch. Er hatte Jacks Größe, war aber stämmiger gebaut. Seine Hände waren groß und sahen stark aus, und seine Körpersprache verriet, daß er sich vor nichts fürchtete. Sie hatte Jacks Gesicht einmal für männlich gehalten, aber dieser Mann hatte markige Züge. Er kann praktisch jeden einschüchtern, dachte sie, aber nun tut er alles, um wie ein Gentleman zu wirken, und das gelingt ihm auch. Er erinnerte sie an die Footballspieler, die hier manchmal die kleinen Patienten besuchten. Das ist auch so ein großer Teddybär, dachte sie, aber nur, weil er sich so geben will.
»Ein Stück weiter in der Monument Street ist ein Lokal.«
»Gut.« Clark nahm ihren Mantel vom Garderobenständer und half ihr geschickt hinein. Draußen gesellte sich Chavcz zu ihnen. Er war kleiner und zierlicher als Clark, wirkte aber demonstrativ bedrohlicher und sah aus wie ein Mitglied einer Gang, das gute Manieren zeigen will. Cathy wußte, daß die Straßen hier nicht sicher waren – zumindest für eine Frau ohne Begleitung –, aber Chavez ging in einer Weise vor, als überquerte er ein Schlachtfeld. Interessant, dachte sie. Bald hatten sie das kleine Restaurant erreicht, wo Clark alle in eine Ecknische plazierte. Beide Männer saßen mit dem Rücken zur Wand, damit sie die Tür und jede mögliche Bedrohung sehen konnten. Äußerlich wirkten sie entspannt und hatten beide die Jacketts aufgeknöpft.
»Sagen Sie mir erst einmal, wer Sie genau sind.« Cathy kam sich vor wie im Gangsterfilm.
»Ich bin der Fahrer Ihres Mannes«, erwiderte John, »und war früher einmal im paramilitärischen Einsatz. Bei der CIA bin ich seit fast zwanzig Jahren und arbeite nun vorwiegend im Personenschutz.«
»So etwas dürfen Sie mir doch gar nicht verraten.«
Clark schüttelte nur den Kopf. »Mrs.
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