Das Echo aller Furcht
Starpom fand den Plan eher selbstmörderisch, war aber sicher, daß Dubinin das auch wußte.
»Richtig, aber wenn es erforderlich ist, um den Kerl am Erreichen seiner Abschußtiefe zu hindern, werde ich genau das tun. Alle Mann auf Gefechtsstation.«
PRÄSIDENT NARMONOW:
BITTE VERSETZEN SIE SICH IN UNSERE LAGE. DIE WAFFE, DIE DENVER ZERSTÖRTE, LÄSST ANGESICHTS IHRER GRÖSSE UND IHRES TYPS EINEN TERRORANSCHLAG SEHR UNWAHRSCHEINLICH ERSCHEINEN. DENNOCH HABEN WIR KEINEN VERSUCH UNTERNOMMEN, GEGEN IRGEND JEMANDEN ZURÜCKZUSCHLAGEN. WÜRDEN NICHT AUCH SIE IHRE STRATEGISCHEN KRÄFTE IN ALARMBEREITSCHAFT VERSETZEN, WENN IHR LAND SO ANGEGRIFFEN WURDE? DEMENTSPRECHEND HABEN WIR UNSERE NUKLEAREN UND KONVENTIONELLEN KRÄFTE ALARMIERT. AUS TECHNISCHEN GRÜNDEN MUSSTE DAS GLOBAL UND KONNTE NICHT SELEKTIV ERFOLGEN. ICH HABE ABER ZU KEINEM ZEITPUNKT OFFENSIVE OPERATIONEN BEFOHLEN. UNSERE BISHERIGEN MASSNAHMEN WAREN REIN DEFENSIV UND SEHR ZURÜCKHALTEND.
HINWEISE, DASS IHR LAND EINEN ANGRIFF GEGEN UNSER LAND EINGELEITET HAT, EXISTIEREN HIER NICHT, ABER ES IST UNS MITGETEILT WORDEN, DASS IHRE TRUPPEN IN BERLIN US-TRUPPEN ANGEGRIFFEN HABEN UND AUCH FLUGZEUGE, DIE WIR ZUR AUFKLÄRUNG ENTSANDTEN, ABSCHOSSEN. MELDUNGEN ZUFOLGE HABEN SICH SOWJETISCHE KAMPFFLUGZEUGE AUCH EINEM AMERIKANISCHEN FLUGZEUGTRÄGER IM MITTELMEER GENÄHERT.
PRÄSIDENT NARMONOW, ICH MUSS SIE DRINGEND ERSUCHEN, IHREN STREITKRÄFTEN ZURÜCKHALTUNG ZU BEFEHLEN. WENN WIR DIE PROVOKATIONEN BEENDEN, KANN AUCH DIESE KRISE ENDEN, ABER ICH KANN MEINEN TRUPPEN DAS RECHT DER SELBSTVERTEIDIGUNG NICHT NEHMEN.
»Zurückhaltung befehlen‹? Unverschämtheit!« rief der Verteidigungsminister. »Wir haben doch überhaupt nichts getan! Er beschuldigt uns, ihn zu provozieren! Seine Panzer sind nach Ostberlin vorgedrungen, seine Jagdbomber haben unsere Einheiten angegriffen, und er bestätigt gerade, daß die Flugzeuge seines Trägers unsere attackiert haben! Was erwartet er denn von uns – daß wir jedesmal, wenn wir einen Amerikaner sehen, weglaufen?«
»Das könnte der vernünftigste Kurs sein«, merkte Golowko an.
»Fliehen wie ein Dieb vor der Polizei?« fragte der Verteidigungsminister sarkastisch. »Verlangen Sie das von uns?«
»Ich schlug das lediglich als Option vor.« Der erste stellvertretende Vorsitzende des KGB stand tapfer seinen Mann, fand Narmonow.
»Der springende Punkt dieser Nachricht ist der zweite Satz«, meinte der Außenminister, dessen sachlicher Ton seine Analyse noch bedrohlicher machte. »Dort heißt es, man glaube nicht an einen Terroranschlag. Welche möglichen Angreifer bleiben dann übrig? Er fährt fort und betont, Amerika habe noch nicht zurückgeschlagen. Verglichen mit dem ersten Absatz klingt die folgende Erklärung, es bestünden keine Hinweise auf unsere Schuld an dieser Infamie, recht hohl.«
»Und wenn wir die Flucht ergreifen, machen wir ihm nur noch deutlicher klar, daß wir die Sache angezettelt haben«, fügte der Verteidigungsminister hinzu.
»›Noch deutlicher klar Wieso?« fragte Golowko.
»Dem muß ich zustimmen«, sagte Narmonow und schaute auf. »Ich muß nun annehmen, daß Fowler nicht mehr rational handelt. Dieses Kommuniqué ist nicht durchdacht. Er gibt uns klar und deutlich die Schuld.«
»Was können Sie zur Natur der Explosion sagen?« fragte Golowko.
»Für Terroristen war diese Waffe tatsächlich zu groß. Unsere Studien haben ergeben, daß man unter Umständen eine Fissionsbombe der ersten oder zweiten Generation bauen könnte, aber deren Leistung läge deutlich unter hundert – wahrscheinlicher sogar unter 40 Kilotonnen. In Denver muß eine Fissionswaffe der dritten Generation oder eher eine mehrphasige Wasserstoffbombe detoniert sein. Daß das die Arbeit von Amateuren war, ist ausgeschlossen.«
»Und wer ist dann verantwortlich?« fragte Narmonow.
Golowko schaute zu seinem Präsidenten hinüber. »Keine Ahnung. Wir deckten ein mögliches Atomwaffenprogramm der DDR auf. Wie Sie alle wissen, produzierte man Plutonium, aber wir haben Grund zu der Annahme, daß das Projekt nie richtig anlief. Wir haben uns auch Programme in Südamerika angeschaut; dort ist man noch nicht soweit. Israel verfügt über solche Fähigkeiten, aber warum sollte es seine Schutzmacht angreifen? Steckte China dahinter, wäre der Angriff eher gegen uns gerichtet worden. Wir haben das Land und die Ressourcen, die China braucht, und China hat die USA lieber als Handelspartner denn als Feind. Nein, ein Nationalstaat scheidet aus.
Weitere Kostenlose Bücher