Das Echo aller Furcht
Umstände.«
»Unsinn, Sie sind unser Kamerad. Wie viele Jahre waren Sie uns schon ein treuer Freund?«
Der Händler hob die Schultern und freute sich insgeheim, denn was er investiert hatte, trug nun Zinsen. Das reine Überleben war in diesem Teil der Welt eine Kunstform und ein Glücksspiel.
»Ich wollte Ihren Rat suchen«, sagte er nach dem ersten Schluck Kaffee.
»Gerne.« Kati beugte sich vor. »Es ist mir eine Ehre, Ihnen zu helfen. Wo drückt der Schuh?«
»Es geht um meinen Vater.«
»Wie alt ist er nun?« fragte Kati. Auch der alte Bauer hatte seinen Männern gelegentlich etwas geschenkt, meist ein Lamm. Er war zwar ein einfacher Mann und ein Ungläubiger dazu, doch sie hatten die gleichen Feinde.
»Sechsundsechzig. Kennen Sie seinen Garten?«
»Ja, ich war vor einigen Jahren einmal dort, kurz nach dem Tod Ihrer Mutter.«
»In seinem Garten liegt eine israelische Bombe.«
»Eine Bombe? Sie meinen bestimmt eine Granate.«
»Nein, Kommandant, es ist wirklich eine Bombe. Sie ist einen halben Meter dick.«
»Ah, ich verstehe ... und wenn die Syrer das erfahren ...«
»Sprengen sie das Ding an Ort und Stelle. Mein Vaterhaus würde zerstört.« Der Besucher hob den linken Unterarm. »Ich kann ihm beim Wiederaufbau kaum helfen, und mein Vater ist zu alt, um es allein zu tun. Ich bin gekommen, um Sie zu fragen, wie man das Teufelsding wegschaffen könnte.«
»Sie sind an der richtigen Adresse. Wie lange liegt die Bombe schon dort?«
»Seit dem Tag, an dem ich meine Hand verlor, sagt mein Vater.« Wieder gestikulierte der Händler mit seinem verstümmelten Arm.
»Dann war Allah Ihrer Familie an diesem Tag wahrhaft gnädig.«
Schöne Gnade, dachte der Händler und nickte.
»Sie waren uns ein treuer Freund. Selbstverständlich können wir Ihnen helfen. Ich habe einen Mann, der sich auf das Entschärfen und Räumen israelischer Bomben versteht – und wenn er sie unschädlich gemacht hat, schlachtet er sie aus und baut Bomben für unsere Zwecke.« Kati hielt inne und hob warnend den Zeigefinger. »Das dürfen Sie niemals wiederholen.«
Der Besucher zuckte auf seinem Stuhl zusammen. »Meinetwegen, Kommandant, können Sie die Hunde alle töten, und wenn Sie es mit der Bombe tun, die die Israelis in den Garten meines Vaters geworfen haben, wünsche ich Ihnen allen Erfolg.«
»Nichts für ungut, mein Freund, ich wollte Sie nicht beleidigen. Aber ich mußte das sagen, das verstehen Sie bestimmt.« Katis Botschaft kam an.
»Ich werde Sie nie verraten«, erklärte der Händler fest.
»Das weiß ich.« Zeit, dem Meer der Massen die Treue zu halten. »Morgen schicke ich einen Mann zu Ihrem Vater. Inschallah«, fügte er hinzu, wenn Gott will.
»Ich stehe in Ihrer Schuld, Kommandant.« Er hoffte, sie nie begleichen zu müssen.
8
Der Pandora-Prozeß
Die modifizierte Boeing 747 hob kurz vor Sonnenuntergang von der Startbahn des Luftstützpunkts Andrews ab. Präsident Fowler hatte anstrengende sechsunddreißig Stunden hinter sich, voll mit Informationsgesprächen und Terminen. Nun standen ihm zwei noch schlimmere Tage bevor; Präsidenten sind auch nur Menschen. Sein achtstündiger Flug nach Rom war mit einer Zeitverschiebung von sechs Stunden verbunden; eine mörderische Umstellung. Fowler, ein erfahrener Weltreisender, hatte an diesem und dem Vortag weniger geschlafen, damit er müde genug war, um während des Flugs schlafen zu können. Die Unterkunft des Präsidenten befand sich im Bug der üppig ausgestatteten und ruhig fliegenden Maschine. Das Bett, eigentlich eine Schlafcouch, war von annehmbaren Ausmaßen und hatte eine Matratze nach Fowlers Geschmack. Das Flugzeug war überdies so groß, daß man die Presse von dem Regierungsteam gut trennen konnte – die Distanz betrug fast sechzig Meter, denn die Medienvertreter saßen in der abgetrennten Kabine im Heck. Während der Pressesprecher sich hinten mit den Reportern befaßte, stieß vorne die Sicherheitsberaterin diskret zu Fowler. Pete Connor und Helen D’Agustino tauschten einen Blick, der auf Außenstehende nichtssagend wirkte, unter Mitgliedern des klüngelhaften Secret Service aber Bände sprach. Die Türwache, ein Militärpolizist von der Air Force, starrte nur auf das rückwärtige Schott und verkniff sich ein Lächeln.
»Nun, Ibrahim, was halten Sie von unserem Gast?« fragte Kati.
»Er ist stark, unerschrocken und recht gerissen, aber ich weiß nicht, wo wir ihn einsetzen könnten«, erwiderte Ibrahim Ghosn und schilderte den
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