Das Echo aller Furcht
Giganten unter guten Menschen und unter den Mächtigen eine moralische Autorität. Noch nie in dieser Generation hatte ein Mann einen solchen Augenblick genießen können, vielleicht noch nie in diesem Jahrhundert. Und keiner konnte ihm seinen Triumph nehmen.
Die Maschine flog in 13 000 Meter Höhe mit einer Geschwindigkeit von rund 1000 Kilometern. Die Position seiner Kabine bot Fowler Ausblick nach vorne, wie es sich für einen Präsidenten gehörte, und nach unten auf eine Welt, deren Angelegenheiten er so erfolgreich regelte. Die 747 glitt seidenweich dahin und trug Fowler seinem Rendezvous mit der Geschichte entgegen. Er schaute hinüber zu Elizabeth. Sie lag auf dem Rücken, hatte den rechten Arm hinter den Kopf geworfen und bot seinen Blicken ihre hübschen Brüste dar. Während die anderen Passagiere unruhig auf ihren Sitzen hin und her rutschten und versuchten zu schlafen, weidete sich Fowler an seiner Bettgenossin. Zum Schlafen hatte er im Augenblick keine Lust. Nie war er so stolz gewesen wie jetzt, und noch nie so potent. Er ließ eine Hand über ihre Brüste gleiten. Elizabeth schlug die Augen auf und lächelte, als hätte sie im Traum seine Gedanken gelesen.
Wie zu Hause, dachte Russell. Zwar war das Haus aus Bruchsteinen erbaut und nicht aus Hohlblocksteinen, und es hatte auch kein Satteldach, aber den Staub und den jämmerlichen kleinen Garten kannte er gut. Und auch der Mann hätte gut ein Sioux sein können, mit der Erschöpfung in seinem Blick, dem krummen Rücken und den knotigen alten Händen eines Besiegten.
»Das muß es sein«, sagte er, als der Laster langsamer fuhr.
»Der Sohn des Alten wurde im Kampf gegen die Israelis schwer verwundet. Beide Männer sind unsere Freunde.«
»Freunde muß man sich halten«, stimmte Marvin zu. Der Laster hielt. Russell sprang ab, damit Ghosn aussteigen konnte.
»Komm, ich stelle dich vor.«
Das Ganze kam dem Amerikaner überraschend förmlich vor. Er verstand natürlich kein Wort, aber das machte nichts. Es freute ihn, daß sein Freund Ghosn dem Alten Respekt erwies. Nach ein paar Sätzen schaute der Bauer Russell an und neigte zu dessen Verlegenheit den Kopf. Marvin ergriff sanft seine Hand und schüttelte sie, wie es bei ihm zu Hause Sitte war, stammelte etwas, das Ghosn übersetzte. Dann führte der Bauer sie in seinen Garten.
»Verdammt noch mal!« rief Russell, als er das Objekt sah.
»Sieht aus wie eine amerikanische Tausend-Kilo-Bombe, Mark 84 ...« sagte Ghosn lässig und erkannte dann seinen Irrtum ... Die Spitze sah anders aus ... war eingedrückt und verbogen ... aber auf seltsame Weise. Er bedankte sich bei dem Bauern und schickte ihn zurück zum Lastwagen. »Erst müssen wir das Ding ganz vorsichtig freilegen.«
»Das übernehme ich«, meinte Russell, ging zum Laster und wählte einen Klappspaten.
»Wir haben selbst ...« Der Amerikaner schnitt Ghosn das Wort ab.
»Laß mich das machen. Ich pass’ schon auf.«
»Berühre die Bombe nicht mit dem Spaten. Kratze die Erde mit den Händen von der Hülle. Ich warne dich, Marvin, das ist sehr gefährlich.«
»Dann geh ein paar Schritte zurück.« Russell wandte sich ab und grinste. Er mußte diesem Mann seinen Mut beweisen. Den Polizisten zu töten war eine Kleinigkeit gewesen, überhaupt keine Herausforderung. Hier sah das anders aus.
»Soll ich etwa meinen Kameraden im Stich lassen?« fragte Ghosn rhetorisch. Er wußte, das wäre am klügsten gewesen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er das Graben seinen Männern überlassen, denn er war eine wertvolle Fachkraft. Aber vor dem Amerikaner durfte er keine Schwäche zeigen. Zudem konnte er zusehen und feststellen, ob der Mann tatsächlich so mutig war, wie er wirkte.
Ghosn wurde nicht enttäuscht. Russell zog sein Hemd aus, kniete sich auf den Boden und begann, um die Bombe herum einen Graben auszuheben. Dabei ging er mit dem Gemüse schonender um, als Ghosns Männer es getan hätten. Nach einer Stunde hatte er einen runden, flachen Graben ausgehoben und die Erde säuberlich auf vier Haufen verteilt. Schon jetzt wußte Ghosn, daß hier etwas nicht stimmte. Die Bombe war keine Mark 84. Sie hatte zwar die entsprechende Größe, aber eine andere Form, und die Hülle... stimmte irgendwie nicht. Die Mark 84 hatte eine massive Ummantelung aus Gußstahl, die bei der Detonation der Ladung in Millionen messerscharfer Splitter zerrissen wurde. Hier war das anders. Die Hülle war an zwei sichtbaren Stellen geplatzt und für eine
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