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Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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ein Vogel, der die Freiheit brauchte, der sich am wohlsten fühlte, wenn er mindestens eine Meile Luft unter sich hatte.
    Bald erreichte die Karawane das Facettentor und im Handumdrehen stand sie am Strand von Laomar. Als der weiße Hirsch und die Schelpins unter den aufgetürmten Felsen hervortraten, schlug den Reitern eine Welle der Begeisterung entgegen.
    Der flinke Limmi musste die gute Nachricht auf seinem Weg zum Muschelpalast lauthals und immerfort hinausgerufen haben, eine beachtliche Leistung für einen Flüsterer.
    Zahllose Bonkas säumten den Weg vom Strand zu den Hafenmolen hinauf. Sie stießen unaufhörlich Freudenschreie aus, einige winkten mit bunten Tüchern. Darina und ihre Gefährten mussten sich immer wieder von ihren Reittieren herabbeugen, um all die Hände schütteln zu können, die sich ihnen entgegenstreckten. Als die Tatzen der Schelpins die ersten Pflastersteine berührten, bildete sich vor den Rückkehrern mit einem Mal eine Gasse.
    Weil Darina, Mangaar und Bergalf vor Jonas ritten, konnte er nicht erkennen, wer da so viel Autorität besaß diese freudig erregte Menge zum Platzmachen zu bewegen. Neugierig beugte er sich auf Trojans Rücken weit zur Seite – und wäre beinahe aus dem Sattel gerutscht.
    »Goldan!«, brüllte er, als gelte es, einen neuen Schlachtruf auszuprobieren. Nun hielt Jonas nichts mehr auf seinem Schelpin. Er sprang von Trojans Rücken herunter und rannte auf den Wächter von Laomar zu. »Goldan! Goldan!« Immer wieder rief er seinen Namen.
    Als er den athletischen kleinen Mann erreicht hatte, hob er ihn glatt vom Boden auf und wirbelte ihn wie einen kleinen Bruder herum. Inzwischen waren auch Darina, Bergalf, Mangaar, Lischka, Ximon und Sam Chalk herangekommen. Zaghaft näherten sich Numin, Robert und Sarah, die von Goldan nur aus den Erzählungen wussten.
    Die Bewohner Laomars kannten natürlich längst die abenteuerliche Geschichte von der Heimkehr ihres Wächters und sie hatten seit Tagen gebangt, ob Darina und die anderen jemals aus dem Zwieland zurückkehren würden. Die Bonkas hatten ein sehr feinfühliges Herz und wussten, was dieses Wiedersehen für die Freunde bedeutete. Deshalb waren sie auch so bereitwillig zur Seite getreten, als Goldan der Karawane entgegeneilte.
    Der Wächter steckte für eine geraume Zeit tief in einem wahren Knäuel aus Armen und Leibern. Als der Knoten erste Auflösungserscheinungen zeigte, fragte Jonas: »Wie bist du nur von dieser Felsensäule heruntergekommen, Goldan?«
    »Mein Sinnstein hat mich gerettet«, antwortete Goldan. »Als ihr den Hang hinabgestiegen – oder vielmehr aus eurer Sicht hinaufgeklettert – wart, habe ich zu grübeln begonnen. Da ist mir mein Bilm eingefallen. Er zeigte mir eine Facette, die sich nur wenige Fuß unter der Säulenspitze befand. Ich kletterte hinunter und war einen Wimpernschlag später am Rande der Spiegelregion. Von dort war es ein Kinderspiel, nach Hause zurückzukehren.«
    »Du musst uns deine Geschichte unbedingt ausführlich erzählen!«, verlangte Lischka.
    »Das kann ich dir nicht versprechen.«
    »Was? Aber wieso denn nicht, Goldan?«
    »Wenn ihr mich noch lange wie eine Weintraube quetscht, dann ist bald kein Saft mehr in mir drin.«

 
    DAS TAUZIEHEN
     
     
     
    Ein gewaltiger Triumphzug bewegte sich auf den Muschelpalast zu. Als die Gefährten den großen Gebäudekomplex im Innern der Stadt erreichten, setzte bereits die Dämmerung ein.
    Am Eingang des Palastes standen händeringend Belkan, Klabbath, Arjoth, Gondik und all die anderen Mitglieder des Rates. Besonders freute sich Jonas, die alte Syrda wieder zu sehen.
    »Ich habe gewusst, dass du zurückkehren würdest«, begrüßte sie Darina. »Hast du Keldins Spiegel gefunden, Kindchen?«
    »Wir haben ihn mitgebracht, liebe Syrda.«
    »Ha! Wusste ich’s doch.« Die Alte freute sich wie ein kleines Kind. »Belkan, der alte Unheilsprophet, hat es nicht glauben wollen. Jetzt kann er dir den Platz im Kristallrat nicht mehr verweigern.«
    »Es war nicht allein mein Verdienst, dass wir den Spiegel mit nach Laomar bringen konnten. Auf seine Weise hat jeder von uns etwas dazu beige tragen.«
    Die buckelige Alte warf einen Blick zu Numin und Jonas’ Eltern hinüber. »Wie ich sehe, habt ihr unterwegs noch ein paar andere aufgelesen? Nein, sag nichts, Kindchen. Ich will der Altherrenrunde nicht den Spaß verderben. Kommt erst mal rein, stärkt euch und dann wollen wir eure Geschichte hören.«
     
     
    Laomar leuchtete bereits wie jede

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