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Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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schmalen Schlitz, der gerade groß genug war, um den Eingang des Hangars im Auge zu behalten. Er kauerte noch keine drei Herzschläge lang in seinem Versteck, als sich auch schon das schwere Stahltor öffnete. Quietschend wurde zuerst der eine, dann der andere Flügel auf Rollen zur Seite geschoben.
    Mit wachsendem Herzklopfen beobachtete Jonas, wie nun vier Männer die Halle betraten. Ihrer Kleidung nach waren es dieselben, die er schon draußen vor der Baracke gesehen hatte. Einer von ihnen trug den Overall eines Mechanikers, die Übrigen sahen aus wie wohlhabende Geschäftsleute. Obwohl – irgendetwas stimmte nicht.
    Es dauerte eine Weile, bis Jonas darauf kam, was ihn irritiert hatte: Die ganze Art, wie sich die drei Männer bewegten, wirkte auf ihn steif, fast militärisch. Während zwei von ihnen – sie trugen graue Anzüge – sich wenigstens noch den Anschein einer gewissen Lässigkeit gaben, wirkte der Dritte so hölzern wie eine Vogelscheuche in einem dunkelblauen Geschäftsanzug.
    Die Männer näherten sich dem Flugzeug, während sie sich weiter unterhielten. Gedämpft drangen ihre Stimmen zu Jonas in die Kabine.
    »… Und Sie haben noch einmal alles überprüft, Tony?« Die Frage klang auffallend energisch. Sie kam von dem Mann in dem dunkelblauen Zwirn. Er war vielleicht Anfang vierzig, mittelgroß, hatte dunkelbraune Haare und ein gutmütiges Gesicht, das überhaupt nicht zu seinem forschen Auftreten passen wollte.
    Der mit dem Overall antwortete grinsend: »Die Maschine mag zwar wie eine alte Jungfer aussehen, sie ist aber in einem Topzustand. Wir haben dafür gesorgt, dass sie die tausend Meilen locker schafft, Sir.«
    Der andere nickte knapp. Dann wandte er sich einem seiner beiden Begleiter zu und meldete: »Ich denke, es kann losgehen, Dr. Gould.«
    Der Mann im grauen Anzug – er war mindestens sechseinhalb Fuß groß, hatte kurz geschnittenes strohblondes Haar und trug eine schwarze Brille mit dickem Rand – antwortete: »Dann sollten wir keine Zeit mehr verlieren, Sam. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, werden wir mindestens vier Stunden in der Luft sein?«
    »Jawohl, Sir!«, erwiderte der Blaue zackig. Offenbar war er der Pilot dieser Reisegesellschaft.
    »Halten Sie sich zurück, Sam. Wir sind drei Finanziers, auf der Suche nach neuen Investitionsmöglichkeiten in der Karibik. Kein Grund, mich wie einen General anzuschreien.«
    »Aber Sie sind doch…«
    »Machen Sie bitte die Maschine startklar«, unterbrach Dr. Gould den steif dastehenden Mann mit dem Namen Sam. Dann wandte er sich dem Mechaniker zu, reichte ihm die Hand, bedankte und verabschiedete sich. Sein ganzes Betragen wirkte sehr förmlich, fast wie das eines Königs, der einem Untertanen seine Anerkennung zeigen will.
    Jonas, der die Abschiedsszene aus seinem Versteck verfolgte, geriet zusehends in Panik. Er saß in der Falle. Die Männer da draußen waren ihm nicht geheuer. Er hegte erhebliche Zweifel an der Geschichte von den drei Investoren, die sich nach einem gemütlichen Plätzchen für ihre Dollars umsehen wollten. Wer waren sie wirklich, ja, was waren sie? Vielleicht Mafiabosse? Die Möglichkeit erschien ihm gar nicht so abwegig. Solche Gangster konnten sich ohne weiteres Spielzeuge wie dieses Flugzeug hier leisten. Auch das seltsam untertänige Verhalten von diesem Sam würde dazu passen. Jonas’ Herz raste. Mit geweiteten Augen und offenem Mund sah er den Blaugekleideten auf das Flugzeug zukommen. Es gab keinen Zweifel: Die Männer wollten wirklich diesen altertümlichen Vogel besteigen und mit ihm tausend Meilen weit fliegen!
    Was sollte er tun? Wenn er sich zu erkennen gab, dann hatte er mit ernsthaften Schwierigkeiten zu rechnen…
     
     
    Der Pilot öffnete die Einstiegsluke und kletterte in die Maschine. Sein Blick schweifte prüfend durch den leeren Passagierraum. Alles schien an Ort und Stelle zu sein. Er durchquerte die Kabine, öffnete die Tür zur Pilotenkanzel und nahm hinter dem Steuer Platz. Hätte er sich in diesem Augenblick umgedreht, wäre ihm wohl die leichte Bewegung des Vorhanges im Heck des Flugzeuges aufgefallen. Dieser Sichtschutz trennte den vorderen Teil der Kabine von dem hinteren Stauraum ab. Das enge Gepäckabteil beherbergte zwei große Pappkartons, drei Koffer, einige fest zusammengeschnürte Stoffpakete (vermutlich Fallschirme) und… einen blinden Passagier.
    Jonas hatte sich blitzartig entscheiden müssen. Der eigentliche Passagierraum war klein und übersichtlich: An der

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