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Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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drei oder vier Tagen auseinander gerissen wird, würde es Jahrzehnte dauern, bis der Schlamm abgetragen wäre. Bis dahin wird es uns alle nicht mehr geben.«
    »Dann entstünde eine neue Welt aus dem Abbild der Erde über dem Kristall.«
    »Was wäre das wohl für eine Welt!«, versetzte Numin. »Ich für meinen Teil würde gern den Zwischenschritt der Nichtexistenz überspringen.«
    Darina sah den Keldinianer nachdenklich an. Dann hob sie das Kinn, blickte in die Runde der versammelten Männer und Frauen (Kraark inbegriffen) und verkündete: »Es gibt noch eine letzte Hoffnung.«
    Alle schauten sie erwartungsvoll an.
    »Wir müssen einen Weg beschreiten, den seit Äonen niemand mehr gegangen ist. Es ist ein gefährlicher Weg, aber unsere Rückkehr aus dem Zwieland hat bewiesen, dass wir ihn gehen können.«
    »Du meinst doch nicht etwa…?« Der Wächter Goldan wagte nicht weiterzusprechen.
    Darina sagte ernst: »Wir müssen den Kimbaroth durchschreiten, und diesmal ganz. Nur die Reise ins Land der Malkits kann uns jetzt noch retten.«
    Syrda nickte der Wissenden ermutigend zu. Auf ihren Lippen lag ein zufriedenes Lächeln.
    »Was versprichst du dir davon?«, wollte der Älteste Gondik wissen.
    »Ich kann euch nicht mit Sicherheit den Grund für meine Überzeugung nennen. Doch ich vermute, dass Kanthelm hinter allem steckt. Er hat den Schläfer ins Land der Malkits geführt, denn nur ein Wesen von der Macht eines Gorrmacks konnte den Kristall zum Kippen bringen!«
    »Zum Kippen?«, hakte Sarah verwundert nach.
    »Ja. Als der flüssige Meteor zum blauen Kristall erstarrte, hatte er eine sehr unregelmäßige Form. Das ist natürlich bis heute so geblieben. Der große Kristall ruht auf mehreren Säulen, die tief in den Meeresgrund hineinreichen. Einige von ihnen, die unter seinem Schwerpunkt liegen, sind länger als die anderen. So kam es, dass der Kristall zuletzt wie der ausbalancierte Balken einer Waage zur Ruhe kam. Schon ein Gorrmack konnte ihn aus dem Gleichgewicht bringen.«
    »Und jetzt ist die Wippe zugunsten der Malkits gekippt«, bemerkte Robert grimmig.
    »Genau so ist es. Wenn es uns gelänge, Kanthelm die Schwere seines Fehlers klarzumachen, könnte er vielleicht den Gorrmack dazu überreden, die Waage wieder auszutarieren. Dann würde der Meeressand vielleicht zurückrutschen und eine Fläche des Kristalls frei machen, die groß genug ist, dass wir überleben können.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kanthelm je seine Meinung ändern wird«, sagte Jonas.
    Darina sah ihn offen an. Früher hätte sie in diesem Moment gelächelt, aber jetzt erwiderte sie nur ernst: »Die Malkits denken, alle Macht liege in dem Kristall. Die Erde stellt für sie nur ein Mittel zum Zweck dar, nicht mehr. Aber das ist ein Irrtum. Der Stein ist zwar ein machtvolles Gebilde, aber er besitzt kein Leben. Nur Leben bringt Leben hervor. Ich werde mit Kanthelm darüber sprechen. Vielleicht gelingt es mir, ihn von der Wahrheit zu überzeugen. Wenn er erst begreift, dass Azon seiner Vernichtung entgegengeht, kommt er womöglich doch noch zur Besinnung.«
    »Und wenn nicht?«
    Darina blickte auf die durchsichtige Tischplatte. »Du hast mir erzählt, mein Bruder, Kanthelm habe den Wunsch geäußert eine Dynastie zu begründen.«
    »Nein!«, schrie Numin. »Das lasse ich nicht zu. Niemals werde ich dich diesem Abschaum ausliefern…«
    »Numin!«, unterbrach Darina den jungen Keldinianer. In ihren Augen loderte ein tiefer Schmerz. »Wenn ich das Opfer bin, um zwei Welten zu retten, dann muss dieser Preis bezahlt werden.«
    Aus der Höhle der Flüsterer waren zwischenzeitlich ernste Nachrichten eingetroffen. So gut wie alle Facetten waren erloschen und die wenigen, durch die man noch in die Menschenwelt hinübersehen konnte, zeigten nur ein verzerrtes und unscharfes Bild. Darina erklärte mit hohler Stimme, was das bedeutete: Der blaue Kristall war fast vollständig verschüttet und lag außerdem nicht mehr waagerecht auf seinen tragenden Säulen. Daraus ergab sich ein ernstes Problem. Nicht nur der Schlamm musste entfernt, sondern der Kristall selbst auch binnen weniger Tage ins Gleichgewicht gebracht werden. Das verschobene und verzerrte Bild der Erde deckte sich nicht mehr mit der Gestalt Azons. Sollte Darinas Plan scheitern, musste die Welt unter dem blauen Kristall zwangsläufig auseinander brechen.
    Nach längerer Beratung hatte der erweiterte Kristallrat beschlossen die Abordnung der Bonkas erst nach einem weiteren Ruhetag

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