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Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Captain. Wir können alle an Bord bleiben. Uns wird nichts passieren.«
    »Der Junge fantasiert!«, stieß Frank hervor.
    »Kein Wunder, der Arme denkt wahrscheinlich daran, was mit seinen Eltern passiert ist.« Zu spät merkte Dr. Gould, was ihm da herausgerutscht war. »Ich glaube, Sam, wir sind wirklich in großer Gefahr.«
    Wie zur Bestätigung kehrte plötzlich eine schmerzliche Stille ein.
    »Was ist das?«, keuchte Frank.
    »Beide Motoren sind ausgefallen«, antwortete der Pilot grimmig.
    »Feuer?«
    »Nein. Das sind Wasp Juniors, zuverlässige Maschinen. Die fangen nicht gleich an zu brennen, und schon gar nicht gleichzeitig.«
    »Und warum bleiben sie dann trotzdem stehen? Nicht einmal die Propeller drehen sich im Flugwind!«
    Dr. Gould schien sich inzwischen der Pflichten eines wahren Gentleman zu entsinnen. Ohne weiter auf die ausgefallenen Triebwerke einzugehen, verkündete er: »Natürlich werde ich auf meinen Fallschirm verzichten. Sie, Sam, und der Junge gehen von Bord.«
    »Reden Sie…« Ein beängstigendes Heulen und Knistern ließ Sams Erwiderung abreißen. Die Wild Goose neigte sich nun doch leicht zur Seite. Sie war nur für eine Geschwindigkeit von gut zweihundert Meilen konstruiert. »Unsere Gans kann jeden Moment entzweibrechen!«, rief Sam Chalk. »Sie müssen endlich raus! Keine Widerrede, Sir. Ich bleibe an Bord und Sie steigen aus.«
    Dr. Gould begriff, dass er gegen diesen entschlossenen Mann nichts ausrichten konnte. Es blieb auch keine Zeit mehr, um über den Ehrenkodex von Staatsdienern zu diskutieren.
    Obwohl Jonas sich sträubte und immer wieder beteuerte, dass es besser wäre, wenn alle im Flugzeug blieben, wurde ihm ein Fallschirm umgeschnallt.
    Dr. Gould und Frank Holloway waren kurz darauf ebenfalls für den Absprung bereit.
    Ein starkes Zittern ging durch das Flugzeug. Das Heulen hatte schon fast die frühere Lautstärke der Motoren erreicht. Irgendwo klapperte etwas. Aber die Wild Goose hielt sich noch immer tapfer in der Luft.
    Sam öffnete die Verriegelung der Kabinentür und stieß sie mit dem Fuß nach außen. »Bei diesem Wahnsinnstempo rauszugehen ist nicht ganz ungefährlich«, brüllte er gegen den Flugwind an. »Lassen Sie sich einfach wie ein Stein fallen. Wenn Sie die Arme fest an den Körper pressen und die Reißleine erst nach drei Sekunden ziehen, kann eigentlich nichts schief gehen.«
    »Eigentlich?«, schrie Dr. Gould.
    Sams einzige Antwort war ein Deuten mit dem Daumen nach unten: Raus jetzt!
    Dr. Gould nickte. Sein letzter Fallschirmabsprung lag schon zwanzig Jahre zurück.
    Frank Holloway sollte als Erster aussteigen. Doch er war außer Stande sich zu rühren. Schreckensbleich starrte er in die Tiefe.
    Die Wild Goose focht ihren Todeskampf unter ohrenbetäubendem Heulen und Klappern. Sam stieß den Assistenten des Sonderbeauftragten einfach unsanft in die Tiefe.
    »Jetzt Sie«, rief er in Dr. Goulds Richtung.
    Der nickte entschlossen und näherte sich dem Ausstieg. Sein grauer Anzug flatterte im Flugwind. »Am besten, ich nehme mir den Jungen zur Brust, bis wir draußen sind.«
    Ehe Jonas wusste, wie ihm geschah, hatte Dr. Gould ihn an sich gezogen, rief noch ein letztes »Viel Glück, Sam« und ließ sich nach vorne kippen.
    Es ist ein unangenehmes Gefühl, wenn einem der Boden unter den Füßen weggezogen und man mit buchstäblich atemberaubender Geschwindigkeit nach unten gerissen wird. Die drei langen Sekunden, während deren Jonas mit Dr. Gould dem Meer entgegenstürzte, erschienen ihm absolut grauenhaft. Sie kamen ihm wie drei Stunden vor. Als der Flugwind sie gepackt hatte, waren sie wie Stoffpuppen in einem Orkan herumgewirbelt worden. Einen Herzschlag lang hatte Jonas geglaubt, sein Körper würde auseinander brechen. Die beiden tauchten nur knapp unter dem Heckruder hindurch. Dann gelang es dem ehemaligen Soldaten, den »Sturzflug« einigermaßen zu stabilisieren. Die Wild Goose hatte zuletzt erheblich an Höhe verloren und so blieb nicht viel Zeit den Fallschirm zu öffnen.
    Ein gewaltiger Ruck zerrte Jonas jäh nach oben – seine Reißleine war von Dr. Gould geöffnet worden. Als das runde Seidentuch den Wind einfing und seinen Sturz abbremste, sackte ihm das Kinn auf die Brust. Etwas weiter unten öffnete sich nun auch der Fallschirm des Diplomaten. Dann wurde sich Jonas des Abgrundes bewusst, der unter Dr. Gould gähnte.
    Es war noch immer nicht Furcht, was ihm den Atem raubte, obwohl das nur allzu verständlich gewesen wäre. Jonas staunte

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