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Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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im Frachtraum. Anschließend bot er Jonas den Passagiersitz an, dessen Rückenlehne in Flugrichtung zeigte. Er selbst nahm auf dem Sessel gegenüber Platz. Frank Holloway hatte sich daneben auf der Bank niedergelassen.
    In den folgenden Minuten musste sich Jonas eine Strafpredigt über die Verwerflichkeit des »Schwarzfliegens« im Allgemeinen und die außerordentliche Schändlichkeit eines solchen Vergehens während geheimer Regierungsmissionen im Besonderen anhören. Als das erledigt war, wurde Dr. Gould wieder freundlicher. Zunächst machte er Jonas mit Frank Holloway bekannt. Anschließend stellte er sich selbst mit seinem vollständigen Namen, Malcolm Jeremiah Gould, vor und wies darauf hin, dass er gelernter Jurist und nicht etwa Mediziner sei, wie viele aufgrund seines Doktortitels annähmen. Dann kam er auf Jonas’ ungelegenes Erscheinen an Bord der Regierungsmaschine zurück.
    »Ich wollte ja gar nicht mit dem Flugzeug fliegen«, setzte Jonas seine Verteidigung da fort, wo er zuvor unterbrochen worden war. »Ich war nur müde und suchte nach einem schattigen Platz, um mich für ein paar Minuten auszuruhen. Außerdem konnte ich ja nicht ahnen, dass Sie in einer Geheimsache unterwegs sind – bei dieser Klapperkiste von Flugzeug. Wenn Sie schon die Kubaner beeindrucken wollen, warum dann nicht mit einer Phantom?«
    »Wir scheinen uns ja bestens bei der Air Force auszukennen«, erwiderte Dr. Gould ein wenig spöttisch. »Es gibt viele Gründe, warum wir nicht gerade mit unserem modernsten Mehrzweckjäger in Castros Vorgarten aufkreuzen. Hast du dir einmal überlegt, wie gerne die Kubaner und ihre russischen Militärberater so ein Flugzeug auseinander nehmen würden? Außerdem würde der ehrwürdige Lord, den abzuholen wir gerade unterwegs sind, sich wohl kaum mit Sam, Frank und mir in eine zweisitzige Kampfmaschine zwängen. Zudem soll unser Erscheinen auf Kuba einen friedlichen Eindruck machen. Eine F-4 Phantom II würde diesem Anspruch nicht gerecht werden, selbst wenn man sie rosarot anstriche. Und zu guter Letzt«, Dr. Gould lächelte geheimnisvoll, »kommt es vielleicht nicht von ungefähr, dass wir uns gerade ein Amphibienflugzeug für unsere Mission ausgesucht haben.«
    »Sir!«, zischte Mr. Holloway, als hätte sein Vorgesetzter gerade ein großes Staatsgeheimnis ausgeplaudert.
    Dr. Gould schenkte ihm ein nachsichtiges Lächeln. »Der Junge hat doch Augen im Kopf, Frank. Er hat längst bemerkt, dass unsere Grumman Goose ein Wasserflugzeug ist!«
    »Und was wollen Sie jetzt mit mir anfangen?«, brachte Jonas das Gespräch auf den Punkt.
    Der Geheimdiplomat blickte ihn offen an. Sein Gesicht war jetzt ganz ernst. »Du wirst mitbekommen haben, dass ich ein persönlicher Beauftragter des Präsidenten der Vereinigten Staaten bin, der sich auf dem Weg nach Kuba befindet. Frank Holloway ist mein Assistent. Zusammen mit dem britischen Kollegen, von dem du zweifellos auch gehört hast, wollen wir Fidel Castro eine einfache Botschaft Kennedys überbringen: Entweder schickt er die Russen mit ihren Raketen wieder nach Hause oder er bekommt ernsthafte Schwierigkeiten.« Die versteinerte Miene des hohen Regierungsbeamten entspannte sich etwas. »Natürlich sind wir Diplomaten und wir werden erst so deutlich werden, wenn alle höflichen Floskeln nichts mehr nützen.« Gould atmete tief durch. »Jedenfalls wirst du verstehen, Jonas, dass wir dich schlecht mitnehmen können. Die Kubaner erwarten genau vier Unterhändler und keinen mehr – nicht einmal einen halben.« Jetzt lächelte Gould wieder. »Aber keine Angst. Du wirst ein paar Tage lang auf St. George in einer muffigen Stube sitzen, vier oder fünf von unseren Marines werden dich bewachen, während du eine Cola nach der anderen trinkst, und anschließend rufen wir deinen Großvater an und sagen ihm, dass es dir gut geht.«
    »Werden Sie mich abholen und nach Hause fliegen, wenn alles vorbei ist?« Die Frage war noch nicht richtig heraus, da merkte Jonas auch schon, wie albern sie klang.
    Doch Dr. Gould schien eine Menge Geduld zu besitzen. »Es gehen täglich Maschinen von Kindley Field ab. In einer wird schon noch ein Plätzchen für dich sein.«
    Kindley Field! Mit einem Mal fiel Jonas alles wieder ein. »Vom Stützpunkt bei Kindley Field sind meine Eltern vor vierzehn Jahren auch gestartet. Ihr Flugzeug ist nie mehr aufgetaucht.«
    Dr. Gould runzelte die Stirn. »Ich habe davon gehört. Du musst wissen, ich kannte deinen Vater recht gut. Wir gehörten ‘45

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