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Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Titel: Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Miller
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Geist noch in diesem Haus schwebt, dann hilf mir.«
    Ich sehnte mich nach ihm und wusste zugleich, Sehnsucht verschleiert den Blick. Ein anderes Gefühl meldete sich, handfester, dringender. Ich war hungrig und beschloss, mir vor Erledigung meiner Aufgabe etwas zu essen zu holen. Im Erdgeschoss fand ich die gut gefüllte Vorratskammer. Mit einem Paté-Döschen, getrockneten Tomaten in Öl, eingelegtem Gemüse und Räucherfisch kehrte ich in die Küche zurück, öffnete eine Flasche Wein und zündete Kerzen an. Gestärkt und ein wenig beschwipst, verlor ich die Scheu vor dem großen Haus und beschloss, die Durchsuchung auf den nächsten Tag zu verschieben. Mit einer Packung Pistazien legte ich mich im Wohnzimmer auf die Couch und guckte deutsches Fernsehen. Ich entschied mich für einen amerikanischen Spielfilm und sah ihn bis zum Ende, bevor ich in Pascals Schlafzimmer zurückkehrte, eine Zahnbürste fand, mich in sein Bett legte und sofort einschlief.

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    Die Fülle der Unterlagen, die ich am nächsten Morgen entdeckte, war unmöglich zu bewältigen. Zugleich wusste ich, wirkliche Geheimnisse fand man heutzutage nicht auf Papier, sondern verschlüsselt auf Dateien, und damit besser versteckt als in einem Safe. In Pascals Arbeitszimmer stand einer. So merkwürdig es war, kannte ich möglicherweise die Chiffre. Noch nie im Leben hatte ich einen Tresor geöffnet, nervös, zugleich bedächtig, gab ich die sechsstellige Kombination ein. Sie bestand aus meinen Initialen und Pascals Geburtsjahr. »Warum ausgerechnet dieser Code?«, hatte ich gefragt. »Weil ich ihn mir leicht merken kann.« »Wieso vertraust du ihn mir an?« »Warum sollst du ihn als meine Frau nicht kennen?« »Weil ich ohne dich wahrscheinlich nie in Frankfurt sein werde.« Pascal hatte mich in den Arm genommen: »Wer weiß, Tony, wer weiß das schon?«
    Mir war das Ganze damals nicht wichtig erschienen. Jetzt, als ich vorsichtig den Riegel umlegte und an der Tür zog, spukten mir seine Worte durch den Kopf. Hatte Pascal mich auf diesen Moment vorbereitet?
    Der Safe öffnete sich geräuschlos, darin lagen Dokumente. Im nächsten Moment wurde mein Herz schwer, im unteren Fach entdeckte ich etwas, womit ich an diesem Ort zuletzt gerechnet hatte – den Stein aus Papua. Auf einer unserer Wanderungen durch das Hochland der Insel hatte Pascal diesen Stein gefunden und gesagt, er ähnle der Form meines Kopfes. Er hatte ihn den ganzen Tag über mitgeschleppt, bis wir wieder im Hotel waren. Ich nahm ihn aus dem Tresor und küsste den Papuastein, die Erinnerung durchströmte mich. Als ich ihn zurücklegen wollte, berührte ich die Höhlung an der Unterseite, dort fühlte sich etwas weich an. Ich steckte einen Finger in die Vertiefung und brachte ein Stück Papier zum Vorschein. Es war nicht achtlos hin eingestopft worden, um die Höhlung auszufüllen, jemand hatte es sorgfältig gerollt. Ich stellte den Stein auf den Schreibtisch, machte die Lampe an, richtete sie auf das Papier und entfaltete es vorsichtig. Es war ein Zettel, aus einem Notizblock gerissen. Nur drei Worte standen darauf: Licht über Maria.
    Nicht die geringste Erkenntnis durchzuckte mich, keine Ahnung oder Hoffnung, nur der Gedanke, dass Pascal nicht romantisch genug war, um geheime Botschaften auf diese Art zu übermitteln. Und doch war die Zeile in seiner Schrift geschrieben, er selbst musste den Zettel im Stein versteckt haben, einem Gegenstand, der nur für uns beide Bedeutung besaß. Ich ließ mich in den Sessel sinken. Wenn Pascal ertrunken war, was er nicht hatte voraussehen können, waren die drei Worte nicht für die Nachwelt bestimmt, die nach seinem Tod den Safe öffnen würde. Wenn er jedoch seinen Tod nur vorgetäuscht hatte, könnte es eine Botschaft sein, die niemand, der Pascal aufspüren woll te, entschlüsseln durfte. Er hatte schließlich nicht wissen können, wer den Safe zuerst öffnen würde, es hätte auch der Ermittler vom Betrugsdezernat sein können. Kaum glaubhaft schien mir jedoch, dass Licht über Maria eine Nachricht an mich sein sollte. Viel eher nahm ich an, dass sie an jemanden gerichtet war, der mit Pascals Geschäftstransaktionen zu tun hatte. Wie hätte er voraussehen sollen, dass ich jemals in diesem Haus, in seinem Arbeitszimmer sein würde, dass ich den Safe öffnen und die Nachricht finden könnte?
    »Licht über Maria.« Ich kannte niemanden, der Maria hieß, erinnerte mich auch nicht, dass Pascal je eine Maria erwähnt hätte. Ich strich das Papier auf

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