Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge
zu ziehen und die Villa nach meinen Vorstellungen zu verändern? Hätte Pascal etwas dagegen gehabt? Warum hatte er mich bis auf das eine Mal nie mitgenommen? War es die Vergangenheit, mit der Frankfurt für ihn belastet war, oder hatte er vorausgesehen, dass ich mit seinen Geschäftspartnern und deren Frauen nicht klarkommen würde? In seinen Augen war ich wohl nicht die Art Ehefrau, die Mitglied im Tennisclub werden und sich mit den Gattinnen seiner Freunde im Fitness-Center treffen würde. Jessica muss so ein Mensch sein, dachte ich, obwohl ich sie nur aus Erzählungen kannte. Und jetzt war ich im Begriff, in diese Welt einzudringen.
David bog in eine Allee ein, ich erkannte die Gegend wieder. Er steuerte den Wagen in die Einfahrt der Villa, wir näherten uns dem Haus durch den Garten.
»Ich bin gespannt.«
»Worauf?«
»Ob du den Schlüssel wirklich findest.«
»Ich komme mir wie eine Einbrecherin vor.« Ich ließ den Haupteingang rechts liegen und erreichte die Seitentreppe, die zur Küche führte.
Es war nicht lange vor unserer Reise nach Rio gewesen, dass Pascal mir erzählt hatte, er habe panische Angst davor, Schlüssel zu verlieren. »Was tust du dagegen?«, hatte ich gefragt. Er habe überall Verstecke angelegt. »Aber was machst du, wenn du vergisst, wo das Versteck ist?« Das sei das Problem, hatte er gelacht und den Platz erwähnt, wo der Schlüssel für die Frankfurter Villa liege.
Ich rückte eine Steinskulptur beiseite, die auf dem Mauergesims stand. Niemand würde darunter eine Öffnung vermuten; wahrscheinlich war hier früher der Dachrinnenabfluss verlaufen. In der Dunkelheit ertastete ich ein Plastikpäckchen, darin klapperte etwas.
»Wer sagt’s denn!« Ich hielt David den Beutel hin.
»Gratuliere.« Er schüttelte lächelnd den Kopf. Wir stiegen die Treppe hoch, ich probierte zweimal, bis ich den richtigen Schlüssel fand und herumdrehte.
»Alarmanlage?« Davids Stimme war ganz nahe. Wieder stieg mir sein männlicher Geruch in die Nase.
»Das glaube ich nicht.« Vorsichtig drückte ich die Klinke. »Als wir damals herkamen, hat er keine ausgeschaltet.«
Mit einem Ruck ging die Tür auf. Ich wartete mehrere Sekunden, keine Sirene, keine Warnleuchte, nichts passierte. Im nächsten Augenblick fand David den Schalter, das Licht ging an. Rasch orientierte ich mich. In dieser Küche hatte Pascal Tee gekocht, dort ging es weiter in den Salon. Ich erreichte das Wohnzimmer mit dem nussbraunen Flügel, dem Sessel aus Südamerika, dahinter die Bibliothek. Gegenüber befand sich der offene Kamin; die Asche war ordentlich zusammengefegt worden, kein Brennholz lag bereit. Ich erzählte David nichts von der wunderbaren Nacht, die ich vor diesem Kamin verbracht hatte.
»Wo willst du beginnen?«, fragte er. Zusammen schauten wir die Zimmerflucht entlang. Hinter einer Flügeltür schloss sich das Speisezimmer an, danach ein Korridor.
»Ich weiß nicht einmal, wonach ich suchen soll.«
»Pascals Arbeitszimmer«, schlug er vor.
»Das ist im ersten Stock.«
Wir verließen den Salon durch eine andere Tür und kamen in die Halle mit dem Haupteingang. Ich schaute die Treppe hinauf und musste daran denken, dass ich nun gleich in Pascals Angelegenheiten stöbern würde. Es war mir zuwider. Ich nahm die ersten Stufen und wandte mich um.
»Sei mir nicht böse, David, aber ich möchte es zuerst allein versuchen. Keine Ahnung, was ich dort oben finde. In jedem Fall ist es sehr persönlich. Ich bin dir dankbar, dass du mitgekommen bist, aber …« Ich hoffte, es nicht weiter erklären zu müssen.
Er wich vom Treppenabsatz nicht zurück. »Du sagst selbst, du weißt nicht, wonach du suchen sollst.«
»Geschäftspapiere sollte ich erkennen können.«
»Wie willst du zu mir zurückkommen?«
»Ich nehme ein Taxi. Falls es zu spät wird, belästige ich dich heute nicht mehr und schlafe hier.«
»Hier?« Es klang, als ob er die Idee völlig verrückt fand.
Ich hob die Schultern. »Ich bin Pascals Frau. Ich habe ein Recht, in diesem Haus zu sein. Wir reden morgen weiter, ja?«
Mit sichtlichem Widerwillen trat er zurück. »Na schön. Es ist schließlich dein Kriminalfall.« Einen Moment lang sah es aus, als wollte er mich zum Abschied umarmen, doch dann ging er. Ich blieb auf der Treppe, bis er die Eingangstür hinter sich zuzog.
Nachdem ich im ersten Stock zwei Türen geöffnet hatte, fand ich Pascals Schlafzimmer und ließ mich aufs Bett fallen. »Pascal«, sagte ich in das stille Zimmer. »Wenn dein
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