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Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Titel: Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Miller
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beim nächsten Schlitz wieder ausgespuckt wurde. Wir stiegen zweimal um und erreichten das Rive gauche in so kurzer Zeit, dass ich nicht glauben konnte, halb Paris durchquert zu haben.
    Endlich ließ sich Irina in einem Bistro nieder. »Darf ich dir etwas empfehlen?«
    Gleich darauf servierte man uns die beste Quiche, die ich je gekostet hatte. Während ich mit Heißhunger aß, begriff ich, dass Irina nicht eingekehrt war, um sich zu stärken; sie hatte ihre geschäftliche Verabredung hierherbestellt. Ein grauhaariger Herr kam an unseren Tisch und wurde mir als Monsieur Montregys vorgestellt. Er war Besitzer einer Möbelkollektion aus der Zeit Napoleons III. Irina sprach fließend Französisch und versuchte ihn zu überreden, seine Sammlung zur Auktion freizugeben.
    Ich ließ meinen Blick schweifen. Die Sonne fand zwischen den alten Dächern überraschende Durchschlupfe, sie beleuchtete pickende Tauben, die Markise einer Fleischerei, ein rotes Motorrad. Ich streckte die Beine aus und genoss die ruhigen Minuten. Auch wenn Irina und Montregys nicht handelseinig wurden, stießen sie mit einem Glas Champagner an, zu dem ich eingeladen wurde. Darauf setzten wir unseren Trip fort, wechselten ins Village Suisse, wo Irina ein weiteres Gespräch führte. Als wir das nächste Mal aus der Metro ins Freie traten, taten sich die Champs Élysées vor mir auf. Irina machte einen Abstecher zu Gaultier und ergatterte eine Tasche, die sie als günstig bezeichnete.
    Ich war erschöpft; die Stadt überforderte mich. Ich nahm den eigentlichen Grund meines Aufenthalts zum Anlass, Irina die Rückkehr ins Hotel vorzuschlagen.
    »Geh schon voraus«, sagte sie. »Ich habe noch einen Termin.«
    Wir verabschiedeten uns auf der Sonnenseite der Prunkstraße, ich lief zu einem Taxistand. Als ich eingestiegen war, sah ich im Rückspiegel ein rotes Motorrad.
    Wenig später manövrierte das Taxi durch Montmartre. Ich hatte vor, Jessica eine Nachricht zu hinterlassen, mich umzuziehen und einfach so lange zu warten, bis sie Zeit für mich haben würde. Ich sprang aus dem Wagen, ging mit schnellen Schritten ins Hotel, nahm die Magnetkarte für mein Zimmer aus der Tasche und entdeckte Jessica in der Lobby.
    Sie saß in einem Sessel und hatte ein Wirtschaftsmagazin aufgeschlagen. Sie trug ein flaschengrünes Kostüm, das ihr wunderbar stand, während ich ihr, erschöpft von meinem Paris-Marathon, aufgelöst gegenübertrat. Als sie mich bemerkte, wirkte sie keineswegs überrascht; ihr Büro musste sie vorgewarnt haben. Von meiner Seite hatte es keinen Sinn, so zu tun, als sei dies ein zufälliges Zusammentreffen, also setzte ich mich ohne Umstände in den Sessel daneben.
    »Das ist die beste Jahreszeit für Paris.« Sie behielt das Magazin auf dem Schoß. »Im Herbst schwärmen die Touristen nicht mehr so zahlreich durch die Stadt.«
    »Mir genügen die, die noch da sind.«
    »Wir sind schließlich auch nur Touristen.«
    »Ich möchte mit Ihnen sprechen. Wann hätten Sie Zeit für mich?«
    »Ich erwarte hier jemanden. Aber wenn es nicht zu lange dauert, ein paar Minuten bleiben mir noch.«
    Ich erwog, dass ein Gespräch zwischen Tür und Angel nicht das war, weswegen ich den Trip unternommen hatte. Andererseits könnte Jessica einfach abreisen und mir einen Korb geben. Ich entschied mich für den Spatz in der Hand.
    »Sie wissen, dass Pascal vor ein paar Tagen in Frankfurt war?«, begann ich ohne Umschweife.
    »Pascal ist tot«, erwiderte sie so dezidiert, als seien Zeugen in der Nähe, die unsere Unterhaltung mithören könnten.
    »Ihnen ist klar, dass das nicht stimmt.«
    »Was bringt Sie auf diese Idee?«
    »Ich habe Pascal gesehen. Im Apartment des jungen Mannes, den die Familie auf mich angesetzt hat.«
    »Sie haben nicht Pascal gesehen, sondern Roman.« Eine winzige Falte bildete sich auf Jessicas Naselwurzel, Zeichen ihres Ärgers; sie hatte eine Antwort gegeben, die ihre Mitwisserschaft bewies.
    »Man hat Ihnen also davon erzählt?«, hakte ich nach. »Oder sind Sie an dem Abend vielleicht selbst in Davids Wohnung gewesen?«
    Sie presste die Lippen zusammen, zugleich zog sie ihr Handy aus der Tasche, warf einen Blick auf das Display und steckte es wieder weg.
    »Erklären Sie mir, weshalb David mich bespitzeln sollte? Wozu diente diese komplizierte Charade?«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen.«
    »David hat es mir gegenüber zugegeben.« Ich wähnte mich auf der Überholspur, hoffte, Jessica in die Enge zu treiben. »Wollen Sie sich weiter den

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