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Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Titel: Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Miller
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Gesellschaft, die uns umgab, bewusst abgrenzen. »Mit den dicken Schlitten bleibt man nur im Verkehr stecken«, schmunzelte er. »Ich fahre lieber meinen Chopper.«
    »Ihren was?«
    »Ein Motorrad. Damit komme ich auch dann durch, wenn in Frankfurt mal wieder alles zusammenbricht.«
    Er beugte sich so weit zurück, dass ich fürchtete, er würde vom Barhocker kippen.
    »Die Welt ist verrückt geworden. Die Börse, die Weltwirtschaft, alles verrückt und krank. Stellen Sie sich vor, da telefoniert jemand mit einem Mann in Mumbai oder Dubai, einem Mann, der in nächster Zeit irgendetwas verkaufen wird. Ein Termingeschäft wird gemacht, ein Hedgefonds eingerichtet. Minuten später bekommt das ein Broker in Fernost mit, die Börsen in Singapur und Peking reagieren darauf. Auch die Amerikaner wollen bei dem Mumbai-Dubai-Geschäft nicht außen vor bleiben, die Wall Street mischt mit. Die Börse in Frankfurt kriegt Wind davon, und schneller, als Sie das Wort Joint Venture aussprechen können, ist der Mann in Mumbai oder Dubai ein Master of the Universe. Alle wollen dieses Ding haben, das er verkauft oder von dem sie glauben, dass er es verkauft, und selbst wenn er etwas ganz anderes verkaufen würde – sie wollen es haben. Rund um den Globus setzen sie auf die Mumbai-Dubai-Sache, ohne zu wissen, wem sie eigentlich nützt. Der Mann in Mumbai kapiert selbst nicht recht, was passiert, er wollte doch bloß sein Ding auf den Markt werfen.
    Weil sich niemand das Ding genauer angeschaut hat und es in Wirklichkeit gar kein Ding von weltweiter Bedeutung gibt, bricht das Mumbai-Dubai-Geschäft binnen Kurzem zusammen. Es war nur heiße Luft, die Blase platzt. Der Wert des Papiers fällt ins Bodenlose, der Mann in Mumbai ist ruiniert. So funktioniert Wirtschaft heute, so funktioniert Börse. Und weil das nicht nur mit den kleinen, sondern auch mit den dicken Fischen passiert, muss es Leute wie mich geben. Deshalb stehe ich gegenüber, auf der anderen Straßenseite der Börse, und passe auf.«
    Mich überraschte, wie leidenschaftlich der sonst so reservierte Stein plötzlich wurde.
    »In Deutschland gibt es gute Gesetze, mit denen faule Geschäf te – Scheingeschäfte – verhindert werden. Ich wollte, der Rest der Welt, vor allem die USA, würde ähnlich rigoros vorgehen.«
    »Warum ist das nicht so?«
    » Freiheit ist im Zusammenhang mit Economy das Zauberwort. Sobald sich die Obrigkeit, der Staat, zu sehr in die Wirtschaft einmischt und zu regulieren versucht, schreien alle: Kommunismus!« Aus müden Augen sah er mich an. »Als die Bankenkrise die Economy an den Rand des Ruins trieb, haben sie das Gegenteil geschrien: Helft uns, wir gehen unter, wir brauchen einen Rettungsfonds! Die Regierungen und die EZB und der Internationale Währungsfonds haben sich zusammengesetzt und geholfen: Der Rettungsfonds bestand aus Hunderten Milliarden Euro. Das ist die Scheinheiligkeit dieses sogenannten Freiheitsdenkens: Solange es uns gut geht, lasst uns bitte in Ruhe. Aber wenn wir selbst verschuldet in die Scheiße schlittern, nehmen wir eure Hilfe gern an.«
    »Sind Sie etwa ein Kreuzritter für Moral in der Wirtschaft, Herr Stein?«
    »Ich bin nur ein schlecht bezahlter Polizist. Aber ich habe ein besseres Gefühl dabei, als wenn ich einen Dreitausend-Euro-Anzug trage und mir jedes Jahr ein neues Auto kaufen würde.«
    »Immerhin haben Sie einen Chopper.«
    Er lachte still, ein warmer Moment verstrich zwischen uns. Ich trank mein Glas leer.
    Er nickte zum Börsengebäude hinüber. »Ich kenne eine Menge Leute dort drüben. Die meisten leiden unter einem besonderen Trauma, das Trauma heißt mehr. So viel sie auch erwirtschaften, selbst wenn sie ein millionenschweres Vermögen haben, muss es immer noch mehr werden.«
    »Mehr zu kriegen heißt nicht, mehr zu sein«, sagte ich.
    »Eine simple Wahrheit, aber sie stimmt.«
    Wir sahen uns an. Ich mochte den Mann mit seinem undankbaren Job, ich fand ihn ungewöhnlich. »Wollen wir noch etwas trinken?«
    »Warum nicht.«
    Ich machte dem Barmann ein Zeichen. »Sie wissen bereits so viel über mich und haben mir noch kein Wort von sich erzählt.«
    »Da gibt es nicht viel Interessantes.«
    »Sind Sie verheiratet?«
    Er schwieg, bis der Barmann die volle Flasche vor ihm abgestellt hatte. »Nein.«
    »Ein einsamer Wolf, der auf seinem Chopper durch Frankfurt braust?«
    »Nein.« Er ploppte mit dem Finger in den Flaschenhals. »Ich habe eine Freundin.«
    »Sie sagen das so, als ob es traurig wäre.«
    Er

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