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Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Titel: Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Miller
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aufmerksam von dir. Ich bringe noch ein Projekt zu Ende und melde mich dann.«
    »Mach dir keinen Kopf und lass dir Zeit.« Sie lehnte sich zurück und erwartete die Landung.
    Auf dem Flug hatte ich von ihr so viele Paris-Tipps gekriegt, dass ich Wochen dort hätte verbringen müssen. Während der Taxifahrt vom Flughafen genoss ich die Aufregung, mich der großartigen Stadt zu nähern, und war vielleicht deshalb von der Realität so ernüchtert. Jessicas Hotel lag nicht in der Innenstadt, sondern auf Montmartre. Bei meinem Parisbesuch mit Pascal hatten wir auf den Stufen von Sacre Cœur gesessen und über die Stadt geschaut.
    Als ich mich Montmartre diesmal näherte, wollte ich nicht glauben, dass mir der Irrsinn beim letzten Mal nicht aufgefallen war. Die Leute traten einander förmlich tot! Zehntausende mussten es sein, Touristen, die Barbaren der Neuzeit, die Paris überrannten wie die Heuschrecken. Von den Boulevards ergossen sie sich in die charmanten Gassen, in jedem Bistro und Café sah ich sie sitzen, ihre Kameras im Anschlag. Mit ihren halblangen Hosen und bequemen Latschen ruinierten sie das Flair, für das Paris angeblich berühmt war.
    »Wir hätten nicht im selben Hotel wie Jessica absteigen sollen«, sagte Irina, die meinen Schock spürte.
    »Pascal und ich haben damals auf der Île St. Louis gewohnt. Da war es nicht so extrem.« Obwohl es im Taxi stickig war, ließ ich das Fenster hochgleiten.
    »Es gibt eine Tageszeit, zu der es angenehmer wird.« Sie lächelte.
    »Wann?«
    »Nach Mitternacht.« Irina hatte die Fahrpreisanzeige im Auge. »Ich hätte den Taxipreis am Flughafen aushandeln sollen. Fünfzig Euro – der Typ muss mit uns im Kreis gefahren sein.«
    Das Hotel, von außen unscheinbar, offenbarte sich nach dem Eintritt als Nobelabsteige. Ich konnte mir eine Frau wie Jessica hier gut vorstellen. Mein Zimmer war erstaunlich geräumig, eine hübsche Mansarde mit Blick auf Sacre Cœur. Ich machte mich frisch, ruhte ein wenig aus, zog mich um und eilte zu meiner Verabredung mit Irina. Unser Tag versprach umso schöner zu werden, als wir bei goldenem Herbstwetter gelandet waren. Ich erkundigte mich an der Rezeption nach Jessica und bekam bestätigt, dass sie hier wohnte, aber nicht auf ihrem Zimmer sei.
    Wie zwei alte Freundinnen traten Irina und ich ins helle Mittagslicht. Zielstrebig schlug sie eine Route den Berg hoch ein.
    »Weißt du, was der Concièrge mir geantwortet hat, als ich nach Jessica fragte?« Ich folgte ihr um die nächste Ecke. » Die Herrschaften sind aus dem Haus . Jessica ist also nicht allein hier.«
    »Wundert dich das?«
    Ich hatte noch nie darüber nachgedacht, ob Pascals erste Frau nach der Trennung Single geblieben war. »Vielleicht ist es nur ein Kollege aus ihrem Büro.«
    »Und der wohnt im selben Zimmer?« Irina grinste. »Glaubst du, nur wir verbinden in Paris das Angenehme mit dem Nützlichen? – Voilà!«
    Sie zeigte auf ein altes Ladenschild mit der Aufschrift Chapellerie . Die Auslage war mit Hüten bestückt. Abenteuerlustig ging Irina darauf zu.
    »Ich dachte, du bist geschäftlich hier.«
    »Nicht nur.«
    Bevor sie einen Hut kaufte, probierte sie praktisch das ganze Sortiment durch. Mit dem Hutkarton als Trophäe traten wir wieder auf die Straße.
    »Wie wär’s mit einem Kaffee?«, schlug ich vor.
    »Später.«
    Sie bog in eine der verwinkelten Gassen des Viertels, wo ich mich rettungslos verlaufen hätte. Irina manövrierte darin wie eine gebürtige Pariserin. Ihr nächstes Ziel war eine elegante Boutique. Mit den Worten »Die haben immer noch die alte Kollektion«, durchquerte sie den Schauraum und trieb mich wieder hinaus. Wir passierten das Viertel um die Rue des Abesses, ohne in einem Café einzukehren, schließlich zeigte Irina auf den Abgang zur Metrostation.
    »Wir kaufen am besten eine Tageskarte.«
    Einige Stockwerke tiefer hielt sie der Frau am Schalter ihre Kreditkarte hin. Während wir uns durch eine Reisegruppe drängten, die mit dem Drehkreuz Schwierigkeiten hatte, befiel mich eine plötzliche Unsicherheit vor der Begegnung mit Jessica. Wie konnte ich diese souveräne Frau aus der Reserve locken? Sollte ich ihr auf den Kopf zusagen, dass ich wusste, Pascal lebte, oder sollte ich sie in Sicherheit wiegen und die Konfrontation hinauszögern?
    »Träumst du?« Irina war bereits auf dem Bahnsteig, während ich wie ein Schaf hinter dem Drehkreuz stand. Ich hielt den Mag netstreifen an die bezeichnete Stelle, erschrak, als mein Ticket eingezogen und

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