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Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Titel: Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Miller
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und war bestens gelaunt. Sie trug ein elegantes Kostüm. Wir aßen in einem gemütlichen Restaurant zu Abend. Sie ließ sich von meiner Begegnung mit Jessica berichten und fand, ich hätte mich ziemlich gut geschlagen.
    »Aber ich habe nichts aus ihr rausgekriegt! Sie gibt nicht zu, dass Pascal lebt, dass er etwas verbrochen hat, sie gibt nicht zu, dass sie mit der Familie unter einer Decke steckt.«
    Irina drehte ihr Glas am Stiel. »Die Zugeständnisse, die du von ihr erwartest, würde sie nicht ausplaudern, selbst wenn man sie tagelang unter der Verhörlampe schwitzen lassen würde. Allein die Tatsache, dass sie sich Zeit für dich genommen hat, zeigt, dass du richtig liegst.«
    »Wieso?«
    »Sie wollte wissen, wie viel du weißt und was du davon beweisen kannst.«
    »Ich kann nichts beweisen.«
    »Dessen scheint sie sich aber nicht sicher zu sein. Ich habe es dir schon mal gesagt: Du bist ein Stein in ihrem Schuh. Was glaubst du, weshalb sie den Auftritt sonst inszeniert hätte?«
    »Welchen Auftritt?«
    »Sie besitzt etwas, was du nicht hast, ein Kind von Pascal. Und genau aufs Stichwort ließ sie den Kleinen auftreten. Mithilfe des Jungen hat sie dir ihre Macht demonstriert.«
    Mir fiel Jessica und ihr Handy ein. War es möglich, dass sie dem Kindermädchen eine SMS geschickt hatte, damit die beiden zum gewünschten Zeitpunkt in die Lobby kommen sollten? »Glaubst du?«
    »Darauf würde ich wetten.« Irina biss von dem Amuse-Gueule aus Brokkoli-Mousse ab. »Gehen wir es noch einmal durch. Was hat sie genau gesagt?«
    Ich spürte wenig Lust, Irinas detektivischen Trieb zu befriedigen, fand es allerdings rührend, wie sehr sie sich um meine Angelegenheit kümmerte. Geduldig wiederholte ich das Gespräch, das kaum zehn Minuten gedauert hatte. »Meine Drohung war natürlich lächerlich.«
    »Welche Drohung?«
    »Die Familie noch einmal in der Schweiz aufzusuchen. Ich würde die Mauer des Schweigens bei Mutter Zuermatt genauso wenig durchbrechen wie bei Jessica.«
    »Du würdest sie daheim gar nicht antreffen.« Vor Irina wurde eine köstlich duftende Entenbrust abgestellt, während mir mein Ziegenkäse auf Blattsalat etwas mickerig vorkam. »Um diese Jahreszeit ist sie meistens in La Cébette.«
    »Wo?« Mir lief das Wasser im Mund zusammen, als Irina in das rosige Fleisch biss.
    »Ich bin nie dort gewesen. Es ist ein Landhaus. Hat Pascal es dir gegenüber nie erwähnt?«
    »Nein. La Cébette? Wo liegt das, in der französischen Schweiz?«
    »Weiter südlich. Lisbeth verbringt dort die sogenannte Übergangszeit.« Irina probierte das Kürbisgemüse und verdrehte genießerisch die Augen.
    Ich biss ab. »Bloß – was sollte ich bei Pascals Mutter?«
    »Stimmt.« Lächelnd erhob sie ihr Glas. »Wir beide können einfach Paris genießen!«
    Ich stieß an, dabei war mir düster zumute. Eine weitere Hoffnung war zerplatzt. Daran konnten Paris, das Kerzenlicht, der gute Wein, auch die fröhlichen Gespräche um uns nichts ändern. Gerade weil hier alles so stimmungsvoll anmutete, war ich außerstande, es zu genießen. Es erschien mir wie vergeudete Zeit.
    Nach dem Essen wäre Irina noch gern durch die Straßen flaniert; ich entschuldigte mich und ging früh auf mein Zimmer. In meiner Ratlosigkeit hätte ich fast losgeheult, stattdessen ging ich ins Bad. Kaltes Wasser half, die gewohnten Handgriffe halfen, ich machte mich bettfertig. Auch wenn ich mich in Irinas Gesellschaft wohlfühlte, war ich eigentlich allein. Es gab keinen Arm, in den ich mich schmiegen konnte, keine beruhigende Hand, die mir übers Haar strich. Ohne an die Kosten zu denken, nahm ich das Hoteltelefon und ließ mir eine internationale Freileitung geben. Ich rechnete die Zeitverschiebung um, bei Dora war es fünf Uhr nachmittags. Nach dem zweiten Klingeln nahm sie ab.
    »Schätzchen, wo bist du?«, fragte Dora nach der Begrüßung.
    Ich zögerte. Beim letzten Gespräch hatte sie davon geschwärmt, wie gern sie wieder einmal verreisen würde, jetzt sollte ich ihr gestehen, dass ich von Paris aus anrief?
    »Was macht deine Arthritis?«, wich ich der Antwort aus.
    »Mein rechter Arm fühlt sich an, als würde er gleich abfallen. Ich hinke wie Quasimodo, nachts gucke ich mir Sendungen mit fundamentalistischen Predigern an, bloß um meine Schmerzen zu vergessen. Noch Fragen?«
    Ich grinste. Dora war ein altes Schlachtross, das sein Schicksal tapfer trug. »Ich wäre jetzt gern bei euch«, antwortete ich leise.
    »Da hört sich jemand ziemlich mutlos

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