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Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Titel: Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Miller
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Matratze war unbezogen.
    »Pascal«, flüsterte ich. »Wie kannst du hier nur leben?«
    »Wir werden fortgehen, schon bald.« Er setzte sich auf die Pritsche. »Ich finde einen Weg. Dann fangen wir noch einmal ganz neu an.« Er streckte die Hand nach mir aus. Zögernd ließ ich mich auf das harte Bett sinken. Pascal küsste mich. Ich schlang meine Arme um ihn und erwiderte seinen Kuss.

35
    Pascals Körper, seine Leidenschaft, die spürbare Verzweiflung, mit der er mich liebte – es kam mir vor, als ob ich mich einem anderen Mann hingab, einem fremden Mann, der mir gleichzeitig zutiefst vertraut war. Der Ort hatte nichts Verzauberndes, keine romantische Liebe im Wald; es war ein Sichaneinanderklammern in einer schmutzigen Bleibe. Ich starrte an die Decke, sah die blinde Fensterscheibe, das Bett knarrte. Pascal und ich hatten uns an wunderschönen, luxuriösen Orten geliebt, diesmal war es die leidenschaftliche Beschwörung dessen, was wir uns beide wünschten. Er liebte mich voll Hoffnung, wütend, als wollte er erzwingen, was praktisch unmöglich geworden war. Es war Liebe im Jetzt; irgendwann würden wir einsehen müssen, dass es keine Fortsetzung gab. Ich spürte es, und es zerriss mir das Herz. Während ich für Pascal Liebe, Zärtlichkeit und Leidenschaft emp fand, brach ich in Tränen aus, weinte an seiner Schulter. Er küsste mein nasses Gesicht, vielleicht, weil er nicht wahrhaben wollte, was es bedeutete. In der kurzen Zeit im Bauwagen setzten wir uns über die Wirklichkeit hinweg, die Liebe hob uns aus ihr heraus. Dahinter lauerte das Ende.
    Wir blieben noch eine Weile still liegen, zogen uns dann schweigend an. Draußen setzten wir uns ins Moos und warteten die Dämmerung ab.
    »Lass uns gehen.« Er stand auf.
    »So machst du das?«, fragte ich. »Du verbringst die Nacht im Haus?«
    »Nicht immer. Nur wenn ich Lebensmittel brauche.«
    »Bist du bei so einem Leben nicht verrückt geworden, du, der alles im Sekundentakt erledigt – die Börse, deine Geschäfte?«
    »Es kommt der Punkt, an dem man dieses Außerhalbstehen beinahe als Privileg empfindet. Als eine Art Auszeit.«
    Wir begannen den Rückweg. Während sich die Farben nach und nach verloren, der Wald zuerst blau, schließlich grau wurde, sprachen wir kaum. Als wir die Weide erreichten, war es dunkel. In Sandrines Haus brannte Licht.
    »Hast du Sandrine dafür bezahlt, dass sie dich nicht verrät?«
    Er hielt den Weidedraht für mich nieder. »Sie und ihr Mann steckten in finanziellen Schwierigkeiten. Da habe ich …«
    Ich lächelte. »Ohne Vertrauen geht es eben nicht.«
    »Wovon sprichst du?« Wir erreichten den Pool.
    »Du wolltest alles im Alleingang machen und musstest den Menschen schließlich doch vertrauen. Zuerst Jessica, dann Irina und Sandrine – warum hast du mir nicht vertraut? Weil du der Macher für mich bleiben wolltest, der alles im Griff hat?«
    Er fasste in mein Haar und sah mich nachdenklich an. »Vielleicht.«
    »Dabei bist du mir so viel lieber.«
    »Wie denn, Tony?«
    »Liebevoll und verletzlich. Ein Mann, der auch verlieren kann und es zugibt.«
    Sein Ausdruck änderte sich. »Ich habe nicht verloren.«
    »Alles ist fort – das Geld, dein guter Ruf. Auch ich bin schon fort gewesen.«
    Mit raschen Schritten ging er zum Haus. »Du hast zu mir ge funden, jetzt bist du hier.« Ohne Licht zu machen, schlüpfte er hin ein und hielt mir die Tür auf. »Alles andere hole ich mir wieder.«
    »Immer noch kämpfen? Immer weiterkämpfen? Hast du nicht endlich genug?«
    »Jessica enthält mir mein Eigentum vor«, antwortete er nüchtern. »Aber sie wird damit nicht durchkommen. Ich hatte Zeit zum Nachdenken. Es gibt Möglichkeiten, die ich nutzen werde.« Er durchquerte die Küche. »Dazu muss ich von hier fort, und das kann ich jetzt endlich! Wir sind wieder zusammen. Mein Plan ist einfach.«
    Ich hörte zu und beobachtete, wie er sich wieder in den alten Pascal zurückverwandelte. Während der gemeinsamen Stunden im Wald hatte er mir einen Blick auf seine hilflose, verunsicherte Seite gewährt. Sobald er sein Ziel wieder vor Augen hatte, zeigte sich Pascal als Kämpfer. Man hatte ihn entwaffnet, ihn fast bewegungsunfähig gemacht, und doch würde er hinausziehen, sobald die Lage es erlaubte.
    Er schloss die Vorhänge und machte Feuer. Es brannte stimmungsvoll in dem alten Kamin, Pascal breitete mehrere Decken übereinander und lud mich ein, es mir mit ihm darauf bequem zu machen. Da waren wir nun zusammen in seinem Haus in

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