Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge
Südfrankreich, es wäre leicht gewesen, sich so manches zu erträumen. Ich konnte es nicht, konnte nicht einmal Pascals Zärtlichkeit genießen. Als er versuchte, mich ein weiteres Mal zu verführen, wehrte ich ab.
»Was ist?«
»Nicht jetzt.«
»Warum nicht?«
Die ehrliche Antwort wäre gewesen, dass ich aufgewacht war. Ich hatte meine Suche zu Ende gebracht und ihn gefunden, um zu erkennen, dass ich von diesem Mann kein Glück erwarten durfte. Seine verrückten Pläne hatten mit mir nicht das Geringste zu tun. Ich hätte es längst begreifen und mich nicht an eine Sache hängen sollen, die bereits verloren war. Aber ich hatte ein Versprechen gegeben, das mir mehr bedeutete, als Pascal ahnte. Auch in den schlechten Zeiten wollte ich als seine Ehefrau zu ihm stehen – wenn er zur Umkehr bereit war. Ich hielt mich nicht für besonders moralisch, aber hier ging es um Anstand. Es ging darum, die Dinge in Ordnung zu bringen, die Zukunft nicht auf Lügen aufzubauen.
»Ich kann nur bei dir bleiben, wenn du zur Polizei gehst, Pascal.«
Er versuchte, salopp darüber hinwegzugehen. »Das hatten wir doch schon. Nach einem Leben voller Arbeit lasse ich nicht einfach alles hinter mir.«
»Nenn das Kind beim Namen«, fuhr ich ihn an. »Du hast betrogen! Selbst wenn das in eurem Business Routine ist, will ich nichts damit zu tun haben. Du hast Geld genommen, das dir nicht zusteht. Gib es zurück. Wenn du dich freiwillig auf die Seite des Gesetzes stellst, nimmst du Jessica alle Macht.«
Mein Vorschlag machte ihn wütend, aber er beherrschte sich. »Du hörst dich an wie mein alter Religionslehrer.« Pascal legte die Hand auf meinen Schenkel.
»Das ist mir egal.« Ich streichelte seine Hand. »Du willst meine Loyalität? Ich biete sie dir an, wenn du dein Leben in Ordnung bringst. Ich will von Uruguay und deiner Rache an Jessica nichts hören.«
»Du weißt, dass du mit einem Ultimatum das Gegenteil bei mir bewirkst.« Er sah mich durchdringend an.
Nicht zum ersten Mal bemerkte ich, dass Pascal unterschiedliche Augen hatte. Fast bei jedem Menschen konnte man das beobachten, eine hellere, weltzugewandte Seite und eine, auf der manches verborgen blieb. Noch nie war mir der Unterschied so deutlich aufgefallen. Pascals rechtes Auge blickte herzlich und liebesbereit, das linke war kleiner, das Lid hing ein wenig herab. In diesem Auge fand ich die Bereitschaft zum Bösen. Im Schein des Feuers bekam die Zweiteilung meines Mannes etwas Diabolisches, aber ich erschrak nicht mehr davor. Da saß der Mensch, mit dem ich beinahe überall hingegangen wäre; beide Seiten gehörten zu ihm. Ich aber durfte mit diesem Mann nicht mehr zusammen sein, wollte ich mein eigenes Leben nicht verlieren.
»Überleg es dir trotzdem«, antwortete ich. »Sieh es nicht als Ultimatum an, eher als Kur, als Therapie.«
»Du bist kein Seelenklempner.« Sein Griff auf meinem Schenkel wurde schmerzhaft. »Du bist meine Frau. In guten und in schlechten Tagen – erinnerst du dich?«
Ich schob seine Hand fort. »Würde ich mich nicht daran erinnern, hätte es viele Möglichkeiten gegeben, dich zu verraten.« Er schwieg betroffen. »Du verlangst, dass ich dich nehme, wie du bist. Ich beanspruche das gleiche Recht. Wenn du mich willst, musst du akzeptieren, dass ich in Unehrlichkeit nicht leben kann.«
»Tony, bitte …« Er wechselte die Strategie. »Alle haben mich verlassen. Alle sind mir in den Rücken gefallen. Ich brauche einen Menschen, der zu mir hält. Vielleicht kann ich später alles ins Reine bringen, aber noch nicht jetzt. Meine Verhandlungsposition ist im Augenblick zu schlecht. Ich muss erst mein Geld zurückbekommen, dann kann ich mit der Behörde einen Deal aushandeln. Was hältst du davon?« Da ich nicht reagierte, setzte er hinzu: »Willst du, dass Jessica gewinnt? Weil ich dich liebe, hat sie mich betrogen. Gib mir Gelegenheit, zurückzuholen, was mir zusteht, danach werde ich deine Forderungen erfüllen.«
»Du bist ein Meister im Verhandeln, das hätte ich wissen müssen.« Mein Lächeln fiel traurig aus. »Ich kann mich leider nicht darauf einlassen.«
»Ich verstehe. Ich will dich auch gar nicht in Dinge hineinziehen, die du ablehnst. Aber wenn du schon nicht mit mir an einem Strang ziehst, unternimm wenigstens nichts gegen mich. Gib mir noch etwas Zeit – um diesen Gefallen bitte ich dich. Ich schwöre dir, dass unsere Wege sich wieder treffen werden. Lass es mich bitte auf meine Art versuchen.«
»Ich habe noch nie etwas gegen
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