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Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Titel: Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Miller
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auch nur Betrug war«, ging ich dazwischen. Mir wurde es in der Küche zu eng. »Ich muss hier raus.«
    Pascal hielt mich fest. »Nicht!«
    »Warum?«
    »Ich gehe nur in der Dämmerung ins Freie oder nachts.«
    »Glaubst du, die Polizei beobachtet das Haus noch? Dann hätten sie mein Auto längst entdeckt.«
    »Ich darf nichts riskieren.«
    »Was ist das für ein Leben, Pascal? Willst du immer so weitermachen?«
    »Nicht für immer. Ich habe vorgesorgt.«
    »Ach ja – die Millionen«, sagte ich spöttisch. »Wo hast du sie? In Monaco? Auf den Kaimaninseln? Vergraben im moosigen Waldboden? Mach, was du willst, Pascal, ich muss an die Luft!«
    »Warte.« Er trat als Erster aus der Küchentür, sah sich um und nahm den Weg zu den Dornen.
    »Schließt du nicht ab? Ich habe den Schlüssel.«
    »Komm, komm!«
    Ich folgte ihm durch verwildertes Gras, die Sonne brannte auf meine Stirn. Das Gestrüpp, das den Swimmingpool zuwucherte, zog sich bis zu einer Erlengruppe hin. Dort war ein schmales Weidestück, dahinter begann der Wald. Bei den Erlen holte ich ihn ein.
    »Du und Jessica wart also von Anfang an Komplizen. Eure geschäftliche Trennung, die saubere Abwicklung der Scheidung: alles ein abgekartetes Spiel.« Ich lehnte mich an einen Stamm. »Stein lag also die ganze Zeit richtig mit seiner Vermutung.«
    »Dieser Stein!« Pascal zog den Pullover aus; er trug ein schwarzes T-Shirt darunter. »Er ist wie eine Zecke, die sich festgesogen hat.«
    »Du machst deinen Job – er seinen.« Ich konnte meine Schadenfreude nicht verhehlen. »Könnte sein, dass er seinen besser gemacht hat.«
    »Es ist noch nicht vorbei.«
    »Dein Versteckspiel war umsonst. Stein weiß, dass du lebst.«
    Abrupt drehte er sich um. »Weiß er, dass du hier bist? Hat er dich begleitet?«
    Nie hatte ich Angst bei Pascal gesehen, mein Mann schien jeder Situation gewachsen zu sein. Nun machte seine Panik mich traurig. Seine Welt hatte sich für ihn immer weiter verengt.
    »Wenn ich Stein mitgebracht hätte, stünden wir jetzt nicht hier. Unser Gespräch wäre längst beendet.«
    »Vielleicht hast du ja den Auftrag, mich auszuhorchen.« Es sollte wie ein Scherz klingen, doch seine geballten Fäuste bezeugten das Gegenteil.
    »Wenn du nicht in der Villa wohnst, wo lebst du dann, Pascal?«
    »Sandrines Familie gehört der Wald hier im Umkreis. Für die Holzfäller steht ein Bauwagen auf einer Lichtung.«
    Wir sahen uns an. » Das ist aus deiner waghalsigen Flucht geworden – ein Bauwagen im Wald?«
    »Ich kann dort nicht mehr lange bleiben.«
    »Wieso bist du überhaupt hier, ist das nicht viel zu riskant?«
    Er schien die Frage nicht gehört zu haben.
    »Der Herbst ist da, Zeit für die Waldarbeit. Die Holzfäller rücken an.«
    Wir überquerten die Weide und tauchten in den Wald ein. Es roch nach Harz und sonnenbeschienenen Fichtennadeln. Die dämmerige Stille legte sich auf unser Gemüt, Pascal schritt ruhiger aus. Miteinander zu gehen weckte in mir die Illusion, es sei fast wie früher. Wir liefen schon eine Zeit lang, als ich plötzlich seine Hand in meiner spürte. Ich fasste sie, drückte sie fest. So kamen wir tiefer und tiefer ins Gehölz hinein.
    Bis zu diesem Augenblick hatte ich nur daran gedacht, was Pascals Flucht in Bezug auf unsere persönliche Geschichte bedeutete. Während ich mit ihm über sandigen Boden und Wurzelgestrüpp lief, während sich Schatten und Sonnenflecken abwechselten, wurde mir bewusst, dass ich mit einem gesuchten Verbrecher unterwegs war. Er hatte Gesetze gebrochen, internationale Regeln verletzt, und auch wenn er seine Taten in dem Brief als Taschenspielerei verharmloste, musste irgendjemand unter seinem Betrug gelitten haben, zu Schaden gekommen sein. Ich lebte schon so selbstverständlich mit der Realität, dass mein Mann in betrügerischer Absicht seinen Tod vorgetäuscht hatte und vor dem Gesetz geflohen war, dass mir erst jetzt in den Sinn kam, die Frage der Moral zu stellen: Tut dir nicht leid, was du getan hast? Warum kannst du deine Schuld nicht eingestehen, den Schaden wiedergutmachen, die Strafe verbüßen und danach frei atmen? Willst du dein Leben nicht neu beginnen, statt den Betrug immer weiter fortzusetzen – mit welchem Erfolg? Du bewohnst einen Bauwagen in den Wäldern und traust dich bei Tageslicht nicht aus dem Haus. Das hätte ich Pascal sagen sollen, fürchtete aber, bei solchen Gewissenstönen würde er sich sofort verschließen.
    »Etwas ist schiefgegangen, nicht wahr?«, begann ich. »Dass du

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