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Das Echo der Schuld

Das Echo der Schuld

Titel: Das Echo der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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bis dahin noch nicht gesprochen hatten.
    »Sandringham … ist aber ziemlich weit entfernt von uns«, sagte Robert.
    »Es muss sich nicht um Ihre Tochter handeln«, betonte der erste Beamte erneut. »Es wäre hilfreich, wenn Sie beide, oder einer von Ihnen, mit uns kommen und das Kind ansehen würden. «
    Claire hatte das Gefühl, immer weiter zurückzutreten, aus immer größerer Distanz die kleine Gruppe zu beobachten.
    »Wie wurde das Kind getötet?«, hörte sie sich fragen.
    »Das Abschlussgutachten der Gerichtsmedizin liegt noch nicht vor. Für uns erkennbare Spuren weisen jedoch darauf hin, dass es erdrosselt wurde.«
    » Und hat man es … wurde es …?«
    »Sexuell missbraucht? Wie gesagt, das kann uns erst die Gerichtsmedizin beantworten. Meinen Sie, dass Sie … fühlen Sie sich in der Lage, uns jetzt zu begleiten?«
    Robert hätte gern nach Joanne gefragt. Irgendwie hatte sie ihm gut getan, und er dachte plötzlich, dass er dies alles besser mit ihr an seiner Seite durchstehen könnte, aber er wagte nicht, dies zu sagen. Er nickte nur. »Ich komme mit. Claire, du bleibst hier.« Er blickte die Beamten an. »Könnte einer von Ihnen bei meiner Frau bleiben, bis ich wieder da bin?«
    »Selbstverständlich.«
    Er sah zu Claire hin.
    »Komm bald wieder«, bat sie. Er würde ein anderer Mann sein, wenn er zurückkam, das war ihr klar. Und sie eine andere Frau.
    Sie wusste, es war Rachel, die man ihm zeigen würde.

2
     
    Michael
     
    Die Wochen, die der Reise nach Rom folgten, waren für Virginia quälend und trostlos. Tag für Tag ging sie zur Uni, aber die Vorlesungen glitten an ihren Ohren vorüber, ohne dass sie wahrgenommen hätte, worum es eigentlich ging. Sie verbrachte lange, trübe Stunden auf dem Campus, sonderte sich von ihren Freunden ab, zog sich ans Flussufer zurück, starrte in die Fluten und versuchte, Andrew Stewart und die Zeit mit ihm aus ihren Gedanken zu verdrängen. Er war ihre große Liebe gewesen, zumindest hatte sie das geglaubt, und in der Intensität der Gefühle kam das möglicherweise auf dasselbe hinaus. Sie wusste nicht, was schwerer wog: die Tatsache, dass sie ihn verloren hatte, dass sie jede Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft aufgeben musste, oder der Umstand, von ihm betrogen worden zu sein. Sie dachte an das herrliche, romantische lange Wochenende in Northumberland. Zehn Tage später hatte er mit Susan ein Kind gezeugt.
    Wann immer ihr diese Erkenntnis kam, erfüllten sie Fassungslosigkeit und Schmerz.
    Michael gegenüber verhielt sie sich gereizt und launisch. Er reagierte auf seine Art: geduldig und traurig. Er würde sich nie gegen irgendetwas wehren, das von ihr kam. Wenn es sein musste, ließ er sich auch schlecht behandeln von ihr. Er lebte in der Angst, sie zu verlieren, und er wollte nichts tun, was sie hätte dazu bringen können, ihn zu verlassen.
    Im Spätsommer begann er, erstmals wieder seit ihrer beider Kindheit, von Heirat zu sprechen. Eines Abends hatte er Virginia bei einem Spaziergang durch die Gärten des King's College begleitet, obwohl sie abgewehrt hatte.
    »Michael, ich möchte eigentlich allein sein.«
    »Aber ich muss etwas mit dir besprechen.«
    Er war hartnäckiger gewesen als sonst, und schließlich hatte sie eingewilligt, dass er mitkam. Es war ein herrlicher Abend, das frisch gemähte Gras duftete, und das rote Licht der Abendsonne färbte den Himmel, die Wellen des Flusses und die Mauern des Colleges in einem kupferfarbenen Schein. Überall waren Menschen unterwegs, Studenten und Dozenten. Lachen, Rufen und Plaudern erfüllten die klare Luft.
    Virginia war in sich gekehrt und grüblerisch wie in all den letzten Monaten. Sie vergaß fast, dass Michael neben ihr stand, so sehr war sie mit sich selbst beschäftigt, und sie zuckte zusammen, als er sie plötzlich ansprach. Sie standen gerade auf einer Brücke, lehnten sich an das Geländer und sahen dem unter ihnen dahintanzenden Wasser zu.
    »Möchtest du meine Frau werden?«, fragte Michael ebenso unvermittelt wie feierlich.
    Sie starrte ihn fast entsetzt an. »Was?«
    Er lächelte verlegen. »Ich war vielleicht ein bisschen zu direkt, aber … na ja, wir wollten das doch schon immer, und …«
    »Aber da waren wir Kinder!«
    »Meine Gefühle für dich haben sich nie geändert.«
    »Michael …«
    »Ich weiß«, sagte er. »Ich bin vielleicht nicht der Mann, den du dir immer erträumt hast, aber … ich meine, dieser Kanadier, mit dem du verlobt warst, war vielleicht viel aufregender …«
    An

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