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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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Geld zur Verfügung haben. Und zwar in Pfund Sterling. Habe ich’s dir gesagt oder habe ich’s dir nicht gesagt, dass das Geld der Engländer das beste ist?«
    » Ich habe so gut wie nichts von meinen Ersparnissen der letzten Monate angerührt«, erklärte ich, ohne auf ihre Frage näher einzugehen.
    » Und dann wären da ja noch deine Schulden beim Hotel Continental.«
    » Vielleicht reicht es für beides.«
    » Das bezweifle ich, Herzchen. Die Sache kostet dich nämlich zweihundertfünfzig Pfund.«
    Als ich die Zahl hörte, schnürte sich mir die Kehle zu, und das Stück Blätterteig, das ich gerade aß, blieb mir wie Kleister im Hals stecken. Ich musste husten, und die Schmugglerin klopfte mir kräftig auf den Rücken. Als ich es endlich hinunterbekam, putzte ich mir erst einmal die Nase, bevor ich fragte:
    » Könnten Sie mir das Geld nicht leihen, Candelaria?«
    » Ich habe nicht eine müde Pesete, meine Kleine.«
    » Und das Geld vom Atelier, das ich Ihnen immer bringe?«
    » Das habe ich ausgegeben.«
    » Wofür denn?«
    Sie seufzte tief.
    » Für die Beerdigung, für die Medikamente der letzten Zeit und für jede Menge ausstehender Rechnungen, die Don Anselmo bei verschiedenen Leuten hatte. Zum Glück war Doktor Maté ein Freund von ihm und berechnet mir nichts für seine Hausbesuche.«
    Ich sah sie ungläubig an.
    » Aber er hatte doch das Geld von seiner Rente«, wandte ich ein.
    » Davon ist ihm nichts geblieben.«
    » Das kann ich mir nicht vorstellen. Er ging doch fast nie vor die Tür, hatte keine Ausgaben …«
    Ihr Lächeln war vieldeutig, mitleidig, traurig und schmunzelnd zugleich.
    » Ich weiß nicht, wie das alte Schlitzohr es angestellt hat, aber er hat es geschafft, seine sämtlichen Ersparnisse dem Hilfsfond der Kommunisten, dem Socorro Rojo, zukommen zu lassen.«
    Wie entfernt die Möglichkeit auch war, das Geld zusammenzubekommen, um meine Mutter nach Marokko zu holen, wenn ich meine Schulden begleichen wollte, so ging mir die Idee einfach nicht mehr aus dem Kopf. In jener Nacht tat ich fast kein Auge zu, sondern wälzte das Problem hin und her. Ich dachte mir tausend unsinnige Wege aus und zählte wieder und wieder mein gespartes Geld, doch sosehr ich mich auch bemühte, es wurde einfach nicht mehr. Und auf einmal, es wurde schon hell, fiel mir eine andere Lösung ein.

21
    Mit einem Schlag verstummten die Gespräche, das Gelächter, das Klappern der Schreibmaschine, und vier Augenpaare richteten sich auf mich. Die Wache war grau und verqualmt, es roch nach Tabak und den säuerlichen Ausdünstungen der gesamten Menschheit. Kein Laut war zu hören, nur das Surren von tausend Mücken und das Rotieren eines Ventilators, der sich gemächlich über unseren Köpfen drehte. Gleich darauf ertönte im Flur hinter mir ein bewundernder Pfiff von jemandem, der mich dort, in meinem besten Kostüm, von vier Tischen umgeben stehen sah, an denen schwitzende Polizisten in Hemdsärmeln sich nach Kräften bemühten zu arbeiten. Oder es zumindest vorgaben.
    » Ich möchte zu comisario Vázquez«, verkündete ich.
    » Er ist nicht da«, erwiderte der Dickste.
    » Kommt aber gleich zurück«, ergänzte der Jüngste.
    » Sie können auf ihn warten«, meinte der Dünnste.
    » Setzen Sie sich doch«, forderte mich der Älteste auf.
    So machte ich es mir auf einem Stuhl bequem und blieb dort geschlagene eineinhalb Stunden lang regungslos sitzen. Im Laufe dieser neunzig Minuten, die mir wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, gab das Quartett vor, sich wieder seiner Arbeit zu widmen, was es aber nicht tat. Die vier heuchelten rege Betriebsamkeit, doch stattdessen stierten sie mich dreist an und erschlugen mit einer zusammengefalteten Tageszeitung tatkräftig Mücken. Sie wurden nicht müde, obszöne Gesten auszutauschen und sich gegenseitig Zettelchen zu schreiben, die wahrscheinlich gespickt waren mit Anspielungen auf meine Brüste, mein Hinterteil und meine Beine beziehungsweise darauf, was sie mit mir anstellen würden, wenn ich etwas netter zu ihnen wäre. Schließlich erschien dann Don Claudio und ließ die Puppen tanzen: Er kam zur Tür hereingerauscht, riss sich den Hut vom Kopf und zog zugleich die Jacke aus, erteilte Anweisungen, während er versuchte, noch ein paar Notizen zu entziffern, die ihm jemand gerade in die Hand drückte.
    » Juárez, geh in die Calle del Comercio, da gab’s ’ne Messerstecherei. Cortés, ich zähle jetzt bis zehn, und wenn bis dahin der Bericht über die Streichholzverkäuferin nicht

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