Das Echo der Traeume
unterstützen. Sie waren von Anfang an bereit, den Nationalisten Waffen und Flugzeuge zu stellen. Tatsächlich wusste Juan Luis, dass sie in jenen ersten Tagen des Aufstands von Tetuán nach Bayreuth reisten, um mit Hitler zu sprechen, der dort wie jedes Jahr die Wagner-Festspiele besuchte. Hitler beriet sich mit Admiral Canaris, und Canaris empfahl ihm, die erbetene Unterstützung zu gewähren, sodass der Führer noch von dort aus den Befehl gab, alles Erbetene nach Spanisch-Marokko zu schicken. Ohne diese Unterstützung hätten die Truppen der spanischen Afrika-Armee die Meerenge nicht überwinden können, die Hilfe der Deutschen war also entscheidend. Seit dieser Zeit bestehen offensichtlich sehr enge Beziehungen zwischen den beiden Armeen. Aber die Nazis in Tetuán denken, dass Juan Luis’ Zuneigung zu mir ihn zu einer eher probritischen Haltung veranlassen könnte.«
Ich erinnerte mich an Félix’ Bemerkungen über die Ehemänner von Frau Langenheim und ihrer Landsmännin Bernhardt, seine Anspielungen auf jene frühzeitige militärische Unterstützung, die sie in Deutschland erwirkt hatten und die offenbar nicht nur nicht eingestellt, sondern immer offenkundiger wurde. Und ich musste daran denken, wie ängstlich besorgt Rosalinda gewesen war, bei jenem ersten offiziellen Auftritt beim deutschen Konsul am Arm ihres Geliebten nur ja einen untadeligen Eindruck zu machen. Da glaubte ich zu verstehen, was sie meinte, doch ich spielte die Sache herunter, um sie zu beruhigen.
» Wahrscheinlich solltest du dir deswegen nicht groß den Kopf zerbrechen. Er kann sich doch den Deutschen gegenüber loyal verhalten und gleichzeitig mit dir zusammen sein, das sind ja schließlich zwei Paar Schuhe – auf der einen Seite sein Amt, auf der anderen sein Privatleben. Diejenigen, die so denken, haben sicher nicht recht.«
» Nein, nein, sie haben durchaus recht.«
» Ich verstehe nicht, was du meinst.«
Sie sah sich rasch auf der halb leeren Terrasse um. Wir saßen schon so lange dort ins Gespräch vertieft, dass nur noch zwei oder drei Tische besetzt waren. Der Wind hatte sich gelegt, die Markisen bewegten sich kaum noch. Einige Kellner mit kurzer weißer Jacke und Tarbusch – der typischen orientalischen Kopfbedeckung aus rotem Filz – verrichteten schweigend ihre Arbeit und schüttelten Servietten und Tischdecken aus. Da senkte Rosalinda ihre Stimme zu einem Flüstern, doch sie klang dennoch sehr entschlossen.
» Sie haben recht mit ihren Mutmaßungen, denn ich, my dear, habe die Absicht, alles zu tun, was in meiner Macht steht, damit Juan Luis freundschaftliche Beziehungen zu meinen Landsleuten eingeht. Mir ist der Gedanke unerträglich, dass bei eurem Krieg die nationalistischen Truppen siegen könnten und Deutschland zum großen Verbündeten des spanischen Volkes wird, Großbritannien hingegen eine feindliche Macht. Und ich werde es aus zwei Gründen tun. Zum einen aus rein sentimentalem Patriotismus, weil ich will, dass die Nation des Mannes, den ich liebe, mit meinem eigenen Land befreundet ist. Zum anderen, however, aus einem wesentlich pragmatischeren und objektiveren Grund. Wir Engländer trauen den Nazis nicht, die Sache fängt an zu stinken. Es ist vielleicht ein bisschen gewagt, von einem neuen großen Krieg in Europa zu reden, aber man weiß ja nie. Wenn es allerdings so kommen sollte, dann wäre es mir lieber, euer Land wäre auf unserer Seite.«
Fast hätte ich ihr ganz offen gesagt, dass unser armes Land sich gar nicht leisten könne, an einen zukünftigen Krieg zu denken, dass der gegenwärtige uns schon genug Leid bescherte. Dass bei uns Bürgerkrieg herrschte, schien sie gar nicht zu wissen, obwohl doch ihr Geliebter in einer der beteiligten Parteien eine wichtige Rolle spielte. Schließlich entschied ich mich, bei ihrem Thema zu bleiben, weiter über eine Zukunft zu reden, die vielleicht nie eintraf, und die gegenwärtige Tragödie lieber nicht zu vertiefen. Für mich brachte der Tag schon genug Bitteres mit sich.
» Und wie willst du das anstellen?«, fragte ich deshalb nur.
» Well, du musst nicht glauben, dass ich großartige persönliche Kontakte nach Whitehall habe, not at all«, sagte sie mit einem kleinen Lachen. Ich machte mir in Gedanken automatisch eine Notiz, dass ich Félix fragen musste, worum es sich bei Whitehall handelte, doch mein Gesichtsausdruck ließ nur konzentrierte Aufmerksamkeit erkennen. » Aber du weißt ja, wie das funktioniert«, fuhr Rosalinda fort. » Bekannte von
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