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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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enthusiastisch. Franco und seine Familie hatten sich im Bischofspalast eingerichtet. Die Familie Serrano dagegen soll auf einem Dachboden mit ein paar klapprigen Pritschen einquartiert worden sein, während Francos Tochter ein riesengroßes Schlafzimmer mit angrenzendem Bad für sich allein hatte. Die Wahrheit ist, dass ich leider, abgesehen von den Bosheiten, die die Runde machen, nicht viel über das Privatleben von Serrano Suñer habe in Erfahrung bringen können, meine Liebe. Ich weiß allerdings, dass in Madrid zwei seiner Brüder, die ihm sehr nahestanden, mit Politik jedoch überhaupt nichts zu tun hatten, umgebracht wurden. Das hat ihn offensichtlich zutiefst erschüttert und dazu bewogen, sich aktiv am Aufbau dessen zu beteiligen, was sie das › Neue Spanien‹ nennen. Auf diese Weise hat er sich zur rechten Hand des Generals gemausert. Deshalb nennen sie ihn auch cuñadísimo, Schwagerissimus, in Anlehnung an die Selbstbezeichnung Francos als generalísimo. Einen Großteil seiner derzeitigen Macht verdankt er aber wohl dem Einfluss der Ehefrau Francos, der mächtigen Doña Carmen, die von ihrem anderen Schwager, dem Schwachkopf Nicolás Franco, die Nase vollhatte. Denn kaum war Serrano Suñer da, hieß es: › Ab jetzt, mein lieber Paco, mehr Ramón und weniger Nicolás.‹«
    Als Félix dazu die Stimme von Francos Frau imitierte, prusteten wir beide los.
    » Serrano Suñer soll ein sehr intelligenter und scharfsinniger Mann sein«, fuhr Félix fort, » und ist somit in politischer, intellektueller und menschlicher Hinsicht eindeutig besser für ein politisches Amt geeignet als Franco. Zudem ist er überaus ehrgeizig und ein richtiges Arbeitstier. Man behauptet, er bastle den lieben langen Tag an einer rechtlichen Grundlage zur Legitimation der Nationalisten und der unumschränkten Vormachtstellung seines Schwagers. Oder anders gesagt, er arbeitet daran, einen zivilrechtlichen institutionellen Rahmen für eine rein militärische Regierungsform zu finden, verstehst du?«
    » Falls sie den Krieg gewinnen«, warf ich ein.
    » So ist es, falls sie ihn gewinnen, wer weiß das schon.«
    » Und die Leute, mögen sie Serrano Suñer? Lieben sie ihn?«
    » Eigentlich nicht. Den Schleifern, den hochrangigen Militärs passt er überhaupt nicht. Sie halten ihn für einen unbequemen Störenfried. Sie sprechen einfach nicht die gleiche Sprache, sie verstehen sich nicht. Sie wären mit einem Kasernenstaat zufrieden, doch Serrano Suñer, der viel schlauer ist als sie alle zusammen, versucht ihnen klarzumachen, dass das kompletter Unsinn ist und sie sich auf diese Weise weder legitimieren noch international anerkannt werden würden. Und Franco, obwohl er nun wirklich überhaupt keinen blassen Schimmer von Politik hat, vertraut ihm in dieser Hinsicht voll und ganz. Daher müssen alle anderen, wenn auch widerwillig, ihn jetzt einfach erdulden. Die ewigen Falangisten kann Serrano Suñer auch nicht von sich überzeugen. Wie es scheint, war er ein intimer Freund von José Antonio Primo de Rivera. Sie haben zusammen an der gleichen Universität studiert, doch vor dem Krieg war er nicht Mitglied der Falange. Jetzt natürlich schon, nun hat er nachgegeben und gebärdet sich päpstlicher als der Papst, für die Falangisten der ersten Stunde, die › Althemden‹, ist er dagegen ein Emporkömmling, ein Opportunist, der sich erst seit Kurzem zu seinem Glauben bekennt.«
    » Und wer unterstützt ihn dann? Nur Franco?«
    » Und seine heilige Ehefrau, die ja schließlich nicht irgendwer ist. Aber wir werden ja sehen, wie lange die Liebe hält.«
    Félix wurde mein Rettungsanker bei den Vorbereitungen für das große gesellschaftliche Ereignis. Seit ich ihm von der Einladung erzählt und er sich theatralisch in die Finger gebissen hatte, um seinen Neid zu demonstrieren, verging keine Nacht, ohne dass er nicht bei mir aufkreuzte, um irgendeine interessante Kleinigkeit über das Fest zu berichten. Bruchstücke und ein paar Brocken, die er hier und da in seiner nie versiegenden Gier nach Neuigkeiten aufgeschnappt hatte. Wir verbrachten aber diese Zeit wegen meiner vielen Arbeit nicht wie bisher im Salon, sondern verlegten unsere nächtlichen Zusammenkünfte vorübergehend ins Atelier. Ihm schien dieser kleine Umzug nichts auszumachen, begeisterte er sich doch für Garne, Stoffe und die anderen Geheimnisse, die sich dahinter verbargen. Zu jedem Modell, das ich anfertigte, hatte er eine Idee beizusteuern. Gelegentlich landete er einen Treffer,

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