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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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deshalb ist es wesentlich flexibler. Es ist eine Spezialeinheit für die neuen Kriege, um es mal so zu sagen. Man ist zur Zusammenarbeit mit jeder Art von Personen bereit, die von Interesse sein können. Die Spezialeinheit ist gerade erst gegründet worden, und Hillgarth, der Chef in Spanien, muss Mitarbeiter rekrutieren. Dringend. Und aus diesem Grund sondieren sie gerade bei Leuten ihres Vertrauens, die Kontakt zu anderen Personen herstellen können, die ihnen wiederum direkt helfen könnten. Juan Luis und ich sind, sagen wir, diese Art von Vermittler. Hoare ist praktisch erst angekommen und kennt fast niemanden. Hillgarth war zwar den ganzen Bürgerkrieg über Vizekonsul auf Mallorca, doch in Madrid ist er auch neu und hat daher noch keinen festen Boden unter den Füßen. Von Juan Luis und mir – er ein bekanntermaßen anglophiler Minister und ich britische Staatsbürgerin – erwarten sie keine direkte Mitarbeit: Sie wissen, dass wir zu bekannt sind und immer verdächtig wären. Aber sie haben uns gebeten, Kontakte für sie herzustellen. Und uns sind ein paar Freunde eingefallen, darunter du. Deshalb bin ich hergekommen.«
    Ich fragte lieber nicht, was genau sie von mir wollten. Ob ich nun mitmachte oder nicht, egal, sie würde es mir ohnehin erzählen, und Angst hätte ich auch genauso viel. Also beschloss ich, erst einmal unsere Gläser wieder zu füllen, aber der Cocktailshaker war bereits leer. Ich stand auf, um die an der Wand aufgestapelten Kartons zu inspizieren. Sie enthielten nur besonders Hochprozentiges, und das war auf nüchternen Magen doch etwas zu viel. Ich zog eine Flasche heraus, stellte fest, dass es Whisky war, öffnete sie und nahm einen langen Schluck direkt aus der Flasche. Dann reichte ich sie Rosalinda, die es mir gleichtat. Sie sprach schon weiter, während sie mir die Flasche zurückgab und ich sie gleich noch einmal ansetzte.
    » Wir haben gedacht, du könntest ein Atelier in Madrid aufmachen und für die Frauen hoher Nazis nähen.«
    Mir schnürte sich die Kehle zu. Der Whisky, der schon auf dem Weg durch die Speiseröhre gewesen war, kam wieder hoch, und ich gab ihn hustend und tausend Tropfen versprühend von mir. Ich wischte mir mit dem Handrücken über das Gesicht. Als ich endlich wieder ein Wort herausbrachte, war es nur ein sehr kurzer Satz.
    » Ihr seid vollkommen verrückt.«
    Rosalinda tat, als wäre sie nicht gemeint, und redete einfach weiter, ohne darauf einzugehen.
    » Früher haben sie sich alle in Paris eingekleidet, aber die meisten Haute-Couture-Häuser sind geschlossen, seit die Deutschen im Mai einmarschiert sind. Kaum jemand will im besetzten Paris weiterarbeiten. Vionnet, Chanel in der Rue Cambon, Schiaparelli an der Place Vendôme – fast alle Großen sind fort.«
    Als Rosalinda die berühmten Pariser Modenamen aufzählte, musste ich plötzlich laut auflachen. Meine Nervosität, die Cocktails und der Whisky waren daran vermutlich nicht ganz unschuldig.
    » Und du meinst, dass ich diese großen Kleidermacher in Madrid ersetzen soll?«
    Rosalinda ließ sich von meinem Lachen nicht anstecken, sondern redete ganz ernst weiter.
    » Du könntest es in einem kleineren Maßstab versuchen, ganz nach deinen Vorstellungen. Der Zeitpunkt ist optimal, denn es gäbe kaum Konkurrenz. Paris ist out of the question und Berlin zu weit entfernt. Entweder sie kleiden sich in Madrid ein oder sie können in der bevorstehenden Saison keine schicken neuen Kleider vorführen, und das wäre eine Katastrophe für diese Damen. Schließlich besteht derzeit der ganze Sinn ihrer Existenz in einem möglichst ausschweifenden gesellschaftlichen Leben. Ich habe mich informiert: Mehrere Madrider Ateliers haben ihren Betrieb wieder aufgenommen und bereiten sich auf den Herbst vor. Es ging das Gerücht um, dass Balenciaga dieses Jahr noch wiedereröffnen würde, aber er hat es dann doch nicht getan. Hier habe ich die Namen von denen, die tatsächlich wieder anfangen wollen zu arbeiten«, sagte sie und zog dabei ein kleines Blatt Papier aus der Jackentasche. » Flora Villarreal, Brígida in der Carrera de San Jerónimo 37, Natalio in der Lagasca 18, Madame Raguette in der Bárbara de Braganza 2, Pedro Rodríguez in der Alcalá 62, Cottret in der Fernando VI 8.«
    Der eine oder andere Name kam mir bekannt vor. Eigentlich hätte auch Doña Manuela dabei sein müssen, aber wenn Rosalinda sie nicht erwähnte, dann hatte sie ihre Schneiderei wohl nicht wieder aufgemacht. Als sie den letzten Namen

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