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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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stahlen und in Diplomatenwagen nach Gibraltar schafften. Dass das vom amerikanischen Roten Kreuz gespendete Mehl so schlecht sei, dass die Spanier davon krank würden. Dass es auf den Märkten keinen Fisch mehr zu kaufen gebe, weil Schiffe der britischen Marine die spanischen Fischer an der Arbeit hinderten. Dass das Brot von so schlechter Qualität sei, da die Untertanen Seiner Majestät die mit Weizen beladenen Schiffe aus Argentinien versenkten. Dass die Amerikaner gemeinsam mit den Russen die letzten Vorbereitungen zur Besetzung der spanischen Halbinsel träfen.
    Doch auch die Briten blieben nicht untätig. Ihre Reaktion bestand vorrangig darin, dass sie die Nöte des spanischen Volkes mit allen möglichen Mitteln dem Regime anlasteten, vor allem in dem Bereich, wo es am meisten litt: beim Lebensmittelmangel, bei der Hungersnot, die die Menschen krank werden ließ, weil sie sich von Abfällen ernähren mussten. Dass ganze Familien verzweifelt hinter den Lastwagen des Auxilio Social, des Hilfswerks der Falange, herliefen, dass es den Familienmüttern Gott weiß wie gelang, frituras ohne Öl zu machen, Omeletts ohne Eier, Süßigkeiten ohne Zucker und eine merkwürdige Wurst ohne eine Spur von Schweinefleisch, die verdächtig nach Stockfisch schmeckte. Die Engländer boten all ihre Erfindungskraft auf, um die Spanier für die Sache der Alliierten zu gewinnen. Die Pressestelle der britischen Botschaft in Madrid verfasste eine Broschüre für die Hausfrau, und die Mitarbeiter der Botschaft machten sich die Mühe, diese Broschüre höchstpersönlich in den Straßen um ihre Botschaft herum zu verteilen, allen voran der Presseattaché, der junge Tom Burns. Kurz zuvor hatte das Instituto Británico unter Leitung eines gewissen Walter Starkie seine Arbeit aufgenommen, eines katholischen Iren, den einige wegen seiner Leidenschaft für die Sprache und Kultur der Zigeuner Don Gitano nannten. Eröffnet wurde das Institut, wie es hieß, ohne andere Genehmigung der spanischen Behörden als Beigbeders Ehrenwort, das schon nicht mehr viel galt, denn wenig später war er nicht mehr Minister. Dem Anschein nach handelte es sich um ein Kulturzentrum, in dem Englischkurse, Vorträge, Gesprächskreise und verschiedene Veranstaltungen stattfanden, von denen einige mehr der Unterhaltung als der Vermittlung von Wissen dienten. Im Grunde war es wohl eher eine als Kulturinstitut getarnte Einrichtung der britischen Propaganda, allerdings bei Weitem nicht so plump wie die Propaganda der Deutschen.
    So verging der Winter, voller Arbeit und Anspannung, hart für fast alle – für die Menschen, für die Länder. Und kaum dass ich es bemerkte, stand der Frühling vor der Tür. Und mir flatterte erneut eine Einladung meines Vaters ins Haus. Das Hipódromo de la Zarzuela öffne wieder seine Pforten, ob ich nicht mitkommen wolle?
    Als ich noch ein kleiner Schneiderlehrling bei Doña Manuela war, erzählten unsere Kundinnen ständig von ihren Besuchen im Hippodrom. Die Pferderennen an sich interessierten wohl die wenigsten der Damen, aber nicht nur die Pferde, auch sie machten sich erbittert Konkurrenz. Nicht im Tempo, wie die Pferde, sondern in der Eleganz. Damals befand sich das alte Hippodrom am Ende des Paseo de la Castellana, und es war ein gesellschaftlicher Treffpunkt für das Großbürgertum, die Aristokratie und sogar Mitglieder der Königsfamilie – Alfonso XIII . ließ sich häufig in der königlichen Loge sehen. Kurz vor dem Krieg hatte man mit dem Bau eines neuen, moderneren Hippodroms begonnen, doch dann musste man die Arbeiten unterbrechen. Nun, zu Beginn des dritten Friedensjahres öffnete es, erst halb fertig, im Stadtbezirk El Pardo seine Pforten.
    Schon Wochen zuvor beherrschte die Eröffnung die Titelseiten der Zeitungen, und man sprach über nichts anderes mehr. Mein Vater holte mich mit seinem Automobil ab, er chauffierte leidenschaftlich gern. Während der Fahrt erläuterte er mir die Konstruktion des Hippodroms mit seinem originellen gewellten Dach, und er sprach auch davon, mit welcher Begeisterung nun Tausende von Madrilenen wieder zu den Galopprennen gehen würden. Ich meinerseits schilderte ihm meine Erinnerungen an die Pferderennbahn in Tetuán und beschrieb ihm das imposante Bild, wenn der Kalif sich hoch zu Ross von seinem Palast aus über die Plaza de España zur Moschee begab, um am Freitagsgebet teilzunehmen. Wir plauderten so angeregt, dass er nicht einmal die Zeit fand, mir zu sagen, dass er sich an jenem Abend

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