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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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Wirklichkeit, die ich nicht kannte. Von ihm erfuhr ich, was in keiner Zeitung zu lesen war, nämlich dass unser Land eine ständige Regierungskrise erlebte, in der die Gerüchte über Amtsenthebungen und Rücktritte, über Ministerwechsel, Rivalitäten und Verschwörungen sich vervielfachten wie bei der wundersamen Vermehrung von Brot und Fischen in der Bibel. Der Sturz Beigbeders, nur vierzehn Monate nachdem er in Burgos seinen Eid als Außenminister abgelegt hatte, hatte zweifellos am meisten Aufsehen erregt, war aber keinesfalls der einzige.
    Während Spanien sich langsam an den Wiederaufbau machte, bewarfen sich verschiedene Familien, die ihren Teil zum Sieg über die Roten beigetragen hatten, wie in einem volkstümlichen Schwank gegenseitig mit Schmutz. Die Armee überwarf sich mit der Falange, die Falange war sich spinnefeind mit den Monarchisten, die Monarchisten wüteten, weil Franco sich nicht auf eine Restauration einlassen wollte. Jener wiederum saß weit entfernt von allem im Pardo-Palast, ohne eine Entscheidung zu treffen, und unterzeichnete mit ruhiger Hand Urteile. Über allen Serrano Suñer, alle ihrerseits gegen Serrano Suñer. Die einen intrigierten zugunsten der Achsenmächte, andere zugunsten der Alliierten, und alle kauften gewissermaßen die Katze im Sack, denn noch wusste niemand, welche Seite am Ende die Ziegen in den Stall würde treiben können, wie Candelaria so schön gesagt hatte.
    Zwischen den Deutschen und den Briten gab es in jener Zeit ein ständiges Hin und Her, auf der Weltkarte ebenso wie in den Straßen der spanischen Hauptstadt. Leider schienen die Deutschen über einen wesentlich einflussreicheren und effizienteren Propagandaapparat zu verfügen als die Seite, auf die das Schicksal mich gestellt hatte. Wie Hillgarth mir schon in Tanger gesagt hatte, wurde diese mühsame Arbeit von der deutschen Botschaft aus abgewickelt, mehr als großzügig mit finanziellen Mitteln und hervorragenden Mitarbeitern ausgestattet, unter Leitung des berühmten Lazar, der noch dazu auf das Wohlwollen des spanischen Regimes zählen konnte. Ich wusste aus erster Hand, dass er ungeheure gesellschaftliche Ambitionen hatte: Bei meinen deutschen Kundinnen, auch einigen spanischen, war ständig die Rede von den Abendessen und Festen, die er gab, und durch die Salons seiner Villa spazierte Abend für Abend eines meiner Modellkleider.
    Immer häufiger erschienen in den Zeitungen auch Kampagnen, die zum Ziel hatten, die ruhmreiche deutsche Ideologie zu verkaufen. Man verwendete dafür auffällige und effektvolle Anzeigen, die mit derselben Begeisterung gestaltet wurden wie Reklame für Benzinmotoren und Mittel zum Färben von Kleidung. Es war eine nie stillstehende Propagandamaschinerie, bei der sich Ideologie und Produkte vermischten und die Menschen davon überzeugen sollten, dass mit der deutschen Gesinnung Fortschritte gelängen, die für alle anderen Länder der Welt unerreichbar seien. Die technische Perfektion transportierte eine bestimmte Botschaft: dass Deutschland darauf vorbereitet war, die gesamte Welt zu beherrschen, und das ließ man seine guten Freunde in Spanien auch wissen. Und um jeden Zweifel auszuräumen, setzte man grafisch und optisch eindrucksvolle Bilder ein, große Buchstaben und pittoreske Landkarten von Europa, auf denen Deutschland und die Iberische Halbinsel mit dicken Pfeilen verbunden waren, Großbritannien hingegen im Höllenschlund verschwunden schien.
    In den Apotheken, in den Cafés und Herrensalons wurden kostenlos satirische Zeitschriften und Hefte mit Kreuzworträtseln verteilt – Geschenke der Deutschen. Die Witze und die Bildergeschichten waren gemischt mit knappen Berichten über siegreiche militärische Operationen, und die richtige Lösung bei all den unterhaltsamen Rätseln war stets ein politischer, nazifreundlicher Begriff. Ebenso war es bei Informationsbroschüren für verschiedene Berufe, bei Abenteuergeschichten für Kinder und Jugendliche und sogar bei Pfarrblättern in Hunderten von Kirchengemeinden. Man munkelte auch, dass die Straßen von spanischen Zuträgern wimmelten, die die Deutschen für sich gewonnen hatten, damit sie die Propaganda direkt an den Haltestellen der Straßenbahn, in den Schlangen vor Geschäften und Kinos verbreiteten. Manchmal waren die Behauptungen durchaus glaubhaft, meistens aber vollkommen absurd. Gerüchte machten die Runde, die immer die Briten und ihre Verbündeten schlecht dastehen ließen. Dass sie den Spaniern das Olivenöl

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