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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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interessanten Informationen, die Ihnen zu Ohren oder vor Augen kommen. Sie sollten einen möglichst umfassenden Bericht abliefern: Namen, Geschäfte, Unternehmen und Produkte, die erwähnt werden, Vorhaben, Aktivitäten und was immer Sie sonst noch für interessant halten.«
    » Wollen Sie damit sagen, dass ich losgeschickt werde, um einen Verdächtigen zu verführen?«, fragte ich ungläubig und richtete mich dabei halb auf.
    » Nutzen Sie die Mittel, die Ihnen am geeignetsten erscheinen«, antwortete sie. Meine Vermutung traf also zu. » Da Silva scheint ein eingefleischter Junggeselle zu sein, der gerne schöne Frauen verwöhnt, aber eine engere Beziehung scheut. Es gefällt ihm, sich mit attraktiven und eleganten Damen sehen zu lassen. Wenn es Ausländerinnen sind, umso besser. Doch nach unseren Informationen zeigt er sich gegenüber dem weiblichen Geschlecht als echter Kavalier alter Schule. Machen Sie sich also keine Gedanken. Er wird nicht weiter gehen, als Sie ihm erlauben.«
    Ich wusste nicht, ob ich gekränkt sein oder laut auflachen sollte. Man schickte mich los, damit ich einen Verführer verführte? So sah meine spannende Mission in Portugal also aus. Zum ersten Mal bei unserer ganzen Unterhaltung schien meine unbekannte Nachbarin jetzt meine Gedanken zu lesen.
    » Bitte verstehen Sie Ihren Auftrag nicht als unseriösen Einsatz, den jede hübsche Frau für ein paar Geldscheine übernehmen könnte. Es handelt sich um eine heikle Mission, die Ihnen übertragen wird, weil wir auf Ihre Fähigkeiten vertrauen. Natürlich werden Ihr gutes Aussehen, Ihre vermeintlich exotische Herkunft und die Tatsache, dass Sie nicht gebunden sind, hilfreich sein, doch Ihre Aufgabe geht über einen simplen Flirt weit hinaus. Sie müssen das Vertrauen von da Silva gewinnen, jeden Schritt sorgfältig abwägen und genau überlegen. Sie selbst werden es sein, die jede Situation einschätzt, das Tempo vorgibt, das Risiko abwägt und entscheidet, wie in jedem einzelnen Moment am besten vorzugehen ist. Wir wissen Ihre Erfahrung in der systematischen Informationsgewinnung und Ihr Improvisationstalent bei unerwarteten Komplikationen sehr zu schätzen. Sie sind nicht aufs Geratewohl für diese Mission ausgewählt worden, sondern weil Sie bewiesen haben, dass Sie schwierige Situationen erfolgreich bewältigen können. Und was das Persönliche betrifft, so gibt es, wie ich schon sagte, keinen Grund, weiter zu gehen, als Sie selbst es möchten. Aber bitte erhalten Sie die Spannung möglichst so lange aufrecht, bis Sie an die benötigten Informationen herangekommen sind. Im Grunde unterscheidet sich diese Mission nicht wesentlich von Ihrer Arbeit in Madrid.«
    » Nur dass ich hier mit niemandem flirten und mich auch nicht in geschäftliche Besprechungen einschleichen muss«, stellte ich klar.
    » Gewiss, meine Liebe. Doch es sind nur ein paar Tage, und der bewusste Herr ist allem Anschein nach durchaus nicht unattraktiv.« Mich überraschte der Ton ihrer Stimme: Sie versuchte nicht, die Angelegenheit herunterzuspielen, sondern stellte lediglich ganz nüchtern eine für sie objektive Tatsache fest. » Noch etwas, etwas Wichtiges«, fügte sie dann hinzu. » Sie werden ohne jegliche Deckung arbeiten, denn London will nicht, dass in Lissabon bezüglich Ihres Auftrags auch nur der geringste Argwohn aufkommt. Denken Sie daran, dass es bezüglich da Silva und den Deutschen keine verbindlichen Informationen gibt und seine mutmaßliche Illoyalität gegenüber den Engländern noch einer Bestätigung bedarf: Im Moment bewegen wir uns noch, wie ich schon sagte, auf dem Terrain bloßer Spekulation, und wir wollen nicht, dass er gegen unsere in Portugal stationierten Landsleute Verdacht schöpft. Deshalb wird keiner der englischen Agenten dort wissen, wer Sie sind und welche Verbindung Sie zu uns haben. Es wird eine kurze, schnelle und klare Mission sein, nach der wir London direkt von Madrid aus informieren werden. Sie klinken sich ein, sammeln die benötigten Informationen und kehren nach Hause zurück. Wie es dann hier weitergeht, werden wir sehen. Das ist alles.«
    Ich hatte Mühe zu antworten, da die Gesichtsmaske inzwischen hart geworden war, sodass ich kaum die Lippen bewegen konnte. Schließlich sagte ich nur:
    » Nicht gerade wenig.«
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, die Angestellte kam wieder und beschäftigte sich nun etwa zwanzig Minuten lang mit dem Gesicht der Engländerin. In dieser Zeit wechselten wir kein Wort miteinander.

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