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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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Ihnen in Verbindung setzen.«
    Dann streckte er mir die Hand entgegen.
    » Tausend Dank, Señor da Silva«, erwiderte ich und griff danach. Nicht mit einer, sondern mit beiden Händen.
    » Sagen Sie Manuel zu mir, bitte«, gab er zurück. Mir fiel auf, dass er meine Hände ein wenig länger festhielt als üblich.
    » Dann bin ich für Sie Arish.«
    » Gute Nacht, Arish. Es war mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen. Ruhen Sie sich aus und genießen Sie unser schönes Land, bis wir uns wiedersehen.«
    Ich stieg in den Fahrstuhl, und wir blickten uns an, bis die goldfarbenen Türen von links und rechts zugingen und sich mein Sichtfeld zunehmend verkleinerte. Manuel da Silva blieb vor dem Aufzug stehen, bis – zuerst die Schultern, dann der Hals und die Ohren und schließlich die Nase – die ganze Gestalt verschwand.
    Als ich mich außerhalb seines Blickfeldes wusste und der Fahrstuhl aufzusteigen begann, atmete ich so hörbar erleichtert auf, dass der Liftboy mich fast gefragt hätte, ob mir etwas fehle. Der erste Teil meines Auftrags war erledigt: Prüfung bestanden.

52
    Ich ging zeitig hinunter zum Frühstücken. Orangensaft, Vogelgezwitscher, Weißbrot mit Butter, der kühle Schatten eines Sonnensegels, Biskuit-Teilchen und ein wunderbarer Kaffee. Ich dehnte meinen Aufenthalt im Garten so lange wie möglich aus: Wenn ich an die Hetze dachte, in der ich in Madrid meine Tage begann, fühlte ich mich fast wie im Himmel. Als ich ins Zimmer zurückkam, stand auf dem Schreibtisch ein Gesteck mit exotischen Blumen. Aus purer Gewohnheit löste ich als Erstes das Band, das den Strauß zusammenhielt – vielleicht fand ich ja eine verschlüsselte Nachricht? Doch ich entdeckte weder Punkte noch Striche, die mir Anweisungen hätten übermitteln können, stattdessen aber eine handgeschriebene Karte.
    Liebe Arish,
    verfügen Sie nach Belieben über meinen Chauffeur João, um sich den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten.
    Bis Donnerstag.
    MANUEL DA SILVA
    Seine Handschrift war elegant und kraftvoll. Trotz des guten Eindrucks, den ich offenbar am Vorabend auf ihn gemacht hatte, war die Nachricht kein bisschen schmeichlerisch, ja nicht einmal sonderlich zuvorkommend. Höflich, aber schlicht. Umso besser. Jedenfalls fürs Erste.
    João war, wie sich zeigte, ein Mann mit grauem Haar, einer ebensolchen Uniform und einem prächtigen Schnurrbart. Die sechzig hatte er schon um mindestens ein Jahrzehnt überschritten. Er erwartete mich am Hoteleingang, wo er sich mit erheblich jüngeren Kollegen unterhielt und pausenlos rauchend darauf wartete, dass es etwas zu tun gab. Señor da Silva habe ihn geschickt, damit er die Señorita hinfahre, wo immer sie hinzufahren beliebte, verkündete er und musterte mich dabei unverhohlen von Kopf bis Fuß. Ich nahm an, dass ihm nicht zum ersten Mal eine solche Aufgabe übertragen wurde.
    » Nach Lissabon zum Einkaufen bitte.« In Wahrheit interessierten mich die Straßen und die Läden herzlich wenig, eher wollte ich die Zeit totschlagen, bis Manuel da Silva sich wieder blicken ließ.
    Ich erkannte sofort, dass João alles andere als der klassische Chauffeur war, der sich diskret auf seine Aufgabe konzentrierte. Kaum hatte er den schwarzen Bentley angelassen, machte er eine Bemerkung über das Wetter. Ein paar Minuten später beschwerte er sich über den Zustand der Straße. Später schien es mir, als wetterte er über die Preise. Angesichts dieser offenkundigen Redelust hatte ich nun die Wahl zwischen zwei ganz unterschiedlichen Rollen: Ich konnte die unnahbare Dame spielen, die Bedienstete als Menschen zweiter Klasse betrachtete und sie nicht einmal eines Blickes würdigte. Oder die Rolle der großzügigen, sympathischen Ausländerin, die zwar die Distanz wahrte, aber selbst Angestellten gegenüber ganz zauberhaft war. Mir wäre die erste Variante angenehmer gewesen. Dann hätte ich den ganzen Tag meinen Gedanken nachhängen können, ohne dass der alte Schwätzer meine Ruhe gestört hätte. Doch als er ein paar Kilometer weiter erwähnte, er arbeite bereits seit dreiundfünfzig Jahren für die Familie da Silva, erkannte ich, dass das unklug gewesen wäre. Die Rolle der überheblichen Señora wäre mir zwar sehr gelegen gekommen, die andere Option könnte hingegen von größerem Nutzen sein. Ich legte Wert darauf, dass João weiterredete, egal, wie anstrengend das für mich werden mochte: Wenn er über da Silvas Vergangenheit informiert war, wusste er vielleicht auch ein paar Dinge aus

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