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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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alles zu analysieren, eine Ursache und einen Grund für jede Begebenheit zu finden, die sich in den letzten acht Monaten zugetragen hatte. Das war die schlimmste Phase: die erbarmungsloseste, die aufwühlendste. Diejenige, die am meisten wehtat. Und obwohl ich nicht mehr sagen kann, wie lange sie andauerte, weiß ich ganz bestimmt, dass es ein unverhoffter Besuch war, der ihr schließlich ein Ende machte.
    Bis dahin verbrachte ich meine Tage inmitten weiß lackierter Bettgestelle unter Gebärenden und barmherzigen Schwestern. Gelegentlich ließ sich ein Arzt im weißen Kittel blicken, und zu bestimmten Zeiten kamen die Familien der anderen Patientinnen zu Besuch, unterhielten sich flüsternd, herzten die gerade geborenen Säuglinge oder trösteten seufzend jene, die – wie ich – auf halbem Wege gescheitert waren. Ich befand mich in einer Stadt, in der ich keine Menschenseele kannte. Deshalb war auch nie jemand mich besuchen gekommen. Und ich erwartete es auch nicht. Ich wusste ja selbst nicht einmal, was ich an diesem fremden Ort verloren hatte. Ich konnte mich nur noch verschwommen an die Umstände meiner Ankunft erinnern. Eine Ungewissheit, die nicht weichen wollte, nahm in meinem Gedächtnis den Platz ein, an dem sich die Beweggründe für diese Entscheidung hätten befinden sollen. Durch jene Tage begleiteten mich lediglich meine Erinnerungen vermischt mit trüben Gedanken, die unaufdringliche Gegenwart der Nonnen und der – halb sehnsüchtige, halb beängstigende – Wunsch, so schnell wie möglich nach Madrid zurückzukehren.
    Doch eines Morgens wurde meine Einsamkeit jäh unterbrochen. Angekündigt von der weiß gekleideten, rundlichen Gestalt der Schwester Virtudes erschien wieder jenes männliche Gesicht, das einige Tage zuvor ein paar für mich unverständliche Worte über irgendeinen Krieg geäußert hatte.
    » Ich bringe dir Besuch, meine Tochter«, verkündete sie. Aus ihrem Singsang meinte ich eine leichte Beunruhigung herauszuhören. Als sich der Ankömmling vorstellte, verstand ich, warum.
    » Comisario Claudio Vázquez, Señora«, sagte der Unbekannte zur Begrüßung. » Oder sollte ich besser Señorita sagen?«
    Sein Haar war fast grau, er wirkte drahtig, trug einen hellen Sommeranzug, und in seinem von der Sonne gebräunten Gesicht blitzten zwei dunkle und wache Augen. Aufgrund meines noch geschwächten Zustands konnte ich nicht sagen, ob es sich um einen Mann reiferen Alters mit jugendlicher Ausstrahlung oder um einen jungen, vorzeitig gealterten Mann handelte. Wie dem auch sei, das war in jenem Moment nicht sonderlich wichtig. Was mich mehr beschäftigte, war die Frage, was er von mir wollte. Schwester Virtudes deutete auf einen Stuhl, der an der Wand stand. Er holte ihn sich rasch und stellte ihn rechts neben mein Bett, legte seinen Hut auf den Boden und setzte sich. Mit einem freundlichen, aber bestimmten Lächeln bedeutete er der Nonne, sie möge uns allein lassen.
    Das Sonnenlicht flutete durch die breiten Fenster des Saals. Man sah, wie die Palmen und die Eukalyptusbäume im Garten sich unter einem strahlend blauen Himmel sanft im Wind wiegten: ein wunderschöner Sommertag für all jene, die ihre Zeit nicht entkräftet im Bett eines Krankenhauses in Begleitung eines Polizeikommissars verbringen mussten. Die Betten neben meinem, mit blütenweißen und tadellos glatten Laken bezogen, waren – so wie die meisten – nicht besetzt. Die Ordensschwester ging davon, ohne sich ihren Verdruss (darüber, nicht Zeugin dieser Begegnung sein zu können) anmerken zu lassen. Außer dem comisario und mir waren nur zwei oder drei bettlägerige Personen in einiger Entfernung anwesend so wie eine junge Nonne, die schweigend am anderen Ende des Saals den Boden wischte. Ich richtete mich erst einmal auf, wobei ich darauf achtete, dass die Bettdecke meine Brust bedeckte. Lediglich meine nackten, immer dürrer werdenden Arme, die knochigen Schultern und der Kopf schauten hervor. Mein dunkles Haar war seitlich zu einem Zopf zusammengebunden, mein Gesicht schmal und aschgrau, vom Zusammenbruch gezeichnet.
    » Die Schwester hat mir gesagt, dass es Ihnen langsam besser geht. Wir müssen miteinander reden, einverstanden?«
    Ich nickte zögernd, ohne mir auch nur im Mindesten vorstellen zu können, weshalb dieser Mann mit mir sprechen wollte. Es war mir neu, dass seelische Verletzungen und Verwirrung gegen geltendes Gesetz verstießen. Der comisario zog ein kleines Notizbuch aus der Innentasche seines Sakkos und

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