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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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möchte Sie nicht länger ermüden«, sagte er, während er sich erhob. » Ich glaube, das war genug für heute. Ich komme morgen wieder, weiß aber noch nicht, um welche Uhrzeit.«
    Ich sah ihm nach, wie er zum Ausgang ging: rasch und entschlossen wie jemand, der für gewöhnlich keine Zeit verliert. Früher oder später, wenn ich wieder bei Kräften wäre, müsste ich versuchen herauszubekommen, ob dieser Mann tatsächlich an meine Unschuld glaubte oder ob er sich einfach nur einer unangenehmen Last entledigen wollte, die im ungünstigsten Moment vom Himmel gefallen war. Damals konnte ich nicht darüber nachdenken. Ich war zu erschöpft und eingeschüchtert, und das Einzige, wonach ich mich sehnte, war ein tiefer und fester Schlaf, der mich alles vergessen ließ.
    Am nächsten Tag kam der comisario wieder, gegen neunzehn, vielleicht auch zwanzig Uhr, als die Hitze schon nicht mehr so intensiv und das Licht weniger grell war. Als ich ihn durch die Tür am anderen Ende des Saales kommen sah, stützte ich mich auf die Ellbogen und richtete mich unter Aufbietung all meiner Kräfte auf. Er setzte sich auf den gleichen Stuhl wie am Tag zuvor, grüßte mich aber nicht einmal. Ich räusperte mich nur, bereit, ihm alles zu erzählen, was er wissen wollte.

7
    Die zweite Begegnung mit Don Claudio fand an einem Freitag Ende August statt. Am Montag gegen zehn Uhr vormittags kam er wieder, um mich abzuholen. Er hatte eine Unterkunft für mich gefunden und wollte mich bei meinem Umzug begleiten. Unter anderen Umständen hätte man ein solch zuvorkommendes Verhalten anders interpretieren können. So wie die Dinge lagen, bezweifelten weder er noch ich, dass sein Interesse an mir rein beruflicher Natur war.
    Bei seinem Eintreffen war ich bereits angezogen. Die Sachen, die ich trug, waren mir inzwischen zu groß und passten nicht zueinander, mein Haarknoten löste sich halb auf. So saß ich abholbereit auf der äußersten Bettkante, zu meinen Füßen der Koffer mit den kläglichen Resten meines Schiffbruchs, und hatte die knochigen Finger über dem Schoß verschränkt. Als ich ihn kommen sah, versuchte ich aufzustehen, doch er bedeutete mir mit einer Geste, ich solle sitzen bleiben. Er ließ sich am Rand des Bettes gegenüber nieder und sagte nur:
    » Moment noch. Wir müssen uns unterhalten.«
    Er sah mich einige Sekunden mit seinen dunklen Augen an, die Wände zu durchdringen schienen. Inzwischen hatte ich herausgefunden, dass er weder ein vorzeitig ergrauter Jüngling noch ein jung gebliebener älterer Herr war, sondern ein Señor zwischen vierzig und fünfzig Jahren mit gepflegten Umgangsformen, jedoch hart geworden durch seine Arbeit, gut aussehend und erfahren im Umgang mit allen möglichen Strolchen. Ein Mann, dachte ich, mit dem ich unter keinen Umständen auch nur das geringste Problem haben wollte. » Hören Sie, normalerweise gehen wir in meinem Kommissariat nicht so vor. Bei Ihnen mache ich aufgrund der gegebenen Umstände eine Ausnahme, aber Sie sollten sich über Ihre Situation dennoch im Klaren sein. Ich persönlich glaube zwar, dass Sie nur das gutgläubige Opfer eines Schurken sind, doch darüber hat ein Richter zu entscheiden, nicht ich. Wie die Dinge heute stehen, bei dem momentanen Durcheinander, ist an ein ordentliches Gerichtsverfahren hingegen gar nicht zu denken, fürchte ich. Und wenn wir Sie bis Gott weiß wann in eine Zelle einsperren würden, wäre auch nichts gewonnen. Deshalb werde ich Sie, wie ich schon neulich sagte, weiter in Freiheit lassen, aber aufgepasst: mit Überwachung und eingeschränkter Bewegungsfreiheit. Und damit Sie erst gar nicht in Versuchung kommen, werde ich Ihnen Ihren Pass nicht zurückgeben. Außerdem bleiben Sie nur unter der Bedingung auf freiem Fuß, dass Sie, wenn Sie wieder auf den Beinen sind, sich eine anständige Verdienstmöglichkeit suchen und sparen, damit Sie Ihre Schulden im Hotel Continental begleichen können. Ich habe dort in Ihrem Namen um eine Frist zur Bezahlung der offenen Rechnung von einem Jahr gebeten, und man hat meinen Vorschlag akzeptiert. Sie dürfen also zusehen, dass Sie irgendwie das Geld zusammenbekommen, aber auf saubere Art und Weise, ohne Sperenzchen, ist das klar?«
    » Ja, Herr comisario«, sagte ich leise.
    » Und enttäuschen Sie mich nicht! Machen Sie keine Dummheiten, und zwingen Sie mich nicht, Sie wirklich in Gewahrsam zu nehmen, denn wenn Sie mich provozieren, bringe ich die Maschinerie in Gang, ich schicke Sie bei der ersten Gelegenheit

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