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Das Echo der Vergangenheit

Das Echo der Vergangenheit

Titel: Das Echo der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Heitzmann
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kopieren, eine Familienzusammenführung planen, einen Behandlungsplan schreiben und stapelweise Zeugenaussagen durchgehen, von denen manche reine Gerüchte waren. Es war eine Kunst, die Wahrheit zwischen den Eifersüchteleien, den Ausflüchten und den unverblümten Lügen zu finden.
    Er hämmerte wieder auf seine Tastatur ein und war nicht vorbereitet auf die Erinnerung, die ihn plötzlich überfiel. Ein kleiner, zerschundener Körper, so blond wie die Price-Kinder, zerbrechlich. Er stützte die Ellbogen auf den Schreibtisch auf, vergrub das Gesicht in den Händen und zwang sich, an etwas anderes zu denken.
    Cassinia klopfte an eine Seite der Trennwände. Ihr graues Haar war kürzer geschnitten als sein eigenes. Fünf silberne Ringe schmückten den Rand ihres einen Ohres, ein einzelner Reif zierte das andere und ein Piercing war in ihrer linken Augenbraue zu sehen. »Du bist aber früh hier.«
    »Viel los diese Woche. Leider.«
    »Ich dachte, es würde dich interessieren, dass die Kinder gut geschlafen haben, nachdem sie gewaschen wurden und gegessen hatten. Wahrscheinlich waren sie völlig erschöpft.«
    Er nickte. »Gut.«
    »Die Untersuchung hat eine mögliche Grünholzfraktur an Annies Handgelenk gezeigt, vielleicht von einem heftigen Ruck. Die anderen waren hungrig und schmutzig, hatten aber keine Verletzungen.«
    »Das heißt, nur das Baby bekommt es ab?« Sein Magen zog sich zusammen. Das schwächste Glied.
    »Wir wissen noch nichts Genaues. Es könnte auch eine andere Erklärung dafür geben.«
    Aber er hatte gesehen, wen Vivian gepackt und geschüttelt hatte. »Klar.«
    »Hattest du schon Kaffee?«
    »Ich bin auf Koffeinentzug.«
    »Du siehst aus, als könntest du welches gebrauchen.«
    »Danke.« Sie lächelten einander zu. »Hör mal, Cass. Verschon mich bei diesem Fall bitte mit Einzelheiten.«
    »Okay.« Ihr Blick wurde weicher. »Halt die Ohren steif, Großer.«
    Klar. Bei seinen ein Meter neunzig und den hundert Kilo, die er auf die Waage brachte, gingen die Leute immer davon aus, dass seine Belastbarkeit seiner Gestalt entsprach. »Mensch, Großer«, hatte sein Vater immer gesagt, wenn sie aus Spaß miteinander gerungen hatten. »Zeig mir, dass du was einstecken kannst.« Und das konnte er. Er hatte einen abartigen Stolz empfunden, weil er die Schläge ausgehalten und ebenso gut ausgeteilt hatte. Es hatte nicht lange gedauert und Webb Hammond hatte sich nicht mehr zurückgehalten. »Seht mal«, hatte er zu seinen Freunden gesagt und ihnen kaum die Chance gegeben, sich zu wappnen. Sie hatten alle gelacht, wenn er sich gewehrt hatte. Für sie war es ein Spiel gewesen. Aber wenigstens hatte es auf Gegenseitigkeit beruht.
    Er schloss die Augen. Trauer sollte nicht zwanzig Jahre dauern. Es müsste eine Verjährungsfrist für Schuldgefühle geben. Übersteh einfach nur den Tag. Halt durch und sieh nach vorne .

    * * *

    Am späten Vormittag schleppte Rese sich in die große Steinküche, die Lance mit irgendeinem streng riechenden Mittel schrubbte. Auch wenn er sonst nicht sehr penibel war, achtete er darauf, dass sein Arbeitsplatz blitzblank und aufgeräumt war – das Gegenteil von der chaotischen, mit Mäusen verseuchten Küche seiner Mutter. Sie schauderte. Das Nest in der abgesackten Decke zu finden, war schrecklich gewesen, aber es hatte zum Glück nur einen Zeugen gegeben – Lance’ jamaikanischen Freund Chaz. Er würde ihren hysterischen Anfall mit ins Grab nehmen.
    Lance zog eine Augenbraue hoch, als sie auf einen hölzernen Stuhl am Küchentisch sank. »Schlecht geschlafen?«
    Sie zuckte mit den Schultern. Einen großen Teil der Nacht hatte sie damit verbracht, die Modelltreppe zu bauen, aber jetzt war es zu spät, um sie Brad zu bringen. Er hatte Besprechungen mit Inspektoren, die sie ihm gerne überließ.
    Maria gesellte sich zu ihnen, das Baby im Arm. Sie wirkte angespannt und ausgelaugt – wahrscheinlich hatte sie auch nicht gut geschlafen.
    Lance stand auf und zog einen Stuhl für sie heraus. » Hola .«
    Ihre Antwort war kaum zu hören.
    Er fragte sie, wie es dem Baby ging und wie sie den Kleinen nennen wollte. Warum gab sie dem Jungen nicht einfach einen Namen?
    Diesmal murmelte sie: » Digame usted .«
    Lance runzelte die Stirn. » Es tu hijo .«
    Maria schüttelte den Kopf. » Es su hijo .« Dann explodierte sie. Mit einem aufgeregten Wortschwall in Spanisch drückte sie ihm das Baby in die Arme und rannte aus dem Haus.
    Rese zuckte zusammen, als die Tür zuschlug. »Was war das

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