Das Echo der Vergangenheit
meisten Dinge, die die Menschen Gott zuschreiben.«
Sie lächelte nur.
Die ganze Sache war zwar bizarr, aber es sprach auch nichts dagegen, dass der Säugling bei ihnen blieb. Michelli hatte vielleicht einen Messiaskomplex, aber er schien ihn in humanitäre Bahnen zu lenken. Und Sofie behandelte den Kleinen mit einer zärtlichen Fürsorge, die er in Pflegesituationen nicht immer vorfand.
»Wenigstens eine der Personen, die den Jungen versorgen, muss einen Kurs für Pflegeeltern machen. Dabei wird über die Herausforderungen gesprochen, die mit der Sorge für ein fremdes Kind verbunden sind.« Bildete er sich das ein oder war gerade ein Schatten über ihr Gesicht gehuscht? »Hier ist der Plan.« Er reichte ihr ein zusammengefaltetes Blatt Papier, das auf dem Armaturenbrett gelegen hatte, bemerkte wieder die Narben und wünschte, sie hätte ihm nicht die Geschichte von Lance, sondern ihre erzählt.
»Ist das alles?« Ihre Stimme klang belegt.
Nein. Erzähl mir, was mit dir passiert ist . »Ja, im Moment schon.«
Sie stieg aus und nahm fachmännisch das Baby aus dem Autositz. Als sie zum Haus ging, blickte er ihr nach. Ihr Haltung war souverän und anmutig und jeder Hinweis auf eine Verletzung war verschwunden.
Kapitel 8
Carly bog von der Bushaltestelle um die Ecke und sah Drew zusammengesunken auf der Bordsteinkante vor seiner Einfahrt sitzen. Als sie näher kam, bemerkte sie die roten Ränder um seine Augen. Er war nicht in der Schule gewesen, aber das war nicht ungewöhnlich, weil er oft krank war. Nur würde er doch nicht draußen sitzen, wenn er krank war, oder? In dieser Kälte?
Sie setzte sich neben ihn auf die Bordsteinkante. »Was ist los?«
Er schniefte, antwortete aber nicht.
»Drew?«
Langsam drehte er den Kopf. »Jemand hat meinen Hund vergiftet.«
Sie sog scharf die Luft ein. »Was?« Drews drahtiger kleiner Hund war auf lustige Weise unansehnlich und ein reines Energiebündel und er konnte nerven, aber wer würde ihm etwas antun wollen? »Wie geht es ihm?«
»Er ist tot.«
Langsam entwich ihr Atem. Tränen traten ihr in die Augen. »Oh, das tut mir leid.«
Drew nickte und akzeptierte die Beileidsbekundung, auch wenn sie ihn nicht tröstete.
Sie wusste genau, wie er sich fühlte. »Mein Kätzchen hatte Staupe.« Jedenfalls hatte Daddy ihr das gesagt, als sie nach Hause gekommen war und das Tier nicht mehr angetroffen hatte. »Der Tierarzt konnte es nicht mehr retten.« Sie hatte keinen Grund, daran zu zweifeln, und keinen Grund zu glauben, dass Drews Hund irgendetwas mit dem Verschwinden ihres Kätzchens zu tun gehabt hatte. Oder vielleicht doch? Hatte ihr Daddy etwa ...? Nein. So etwas würde Daddy nie tun. Er konnte anderen kein Haar krümmen.
Aber als sie nach Hause ging und es ihm erzählte, hatte er diesen spitzen Blick und sagte, daraus könne man etwas lernen. »Wahrscheinlich hat er seine Nase in Sachen gesteckt, die ihn nichts angehen. Hat sich nicht um seine eigenen Angelegenheiten gekümmert. Das ist gefährlich, Carly. Aber Tiere sind nicht klug genug, um das zu erkennen.«
Sie schluckte den riesigen Kloß in ihrem Hals herunter, denn sie wusste, er wollte nur, dass sie seine Ansicht verstand. Alles andere war total verrückt.
»Komm her«, sagte er. »Ich habe etwas für dich.« Langsam zog er seine Schreibtischschublade auf und holte ein glänzendes rosafarbenes Handy heraus. »Das gehört dir.« Er hielt es ihr hin.
»Wirklich?«
Er nickte. »Ich habe mir gedacht, es ist sicherer, wenn du mich jederzeit erreichen kannst.«
Wenn er sie jederzeit erreichen konnte. Aber vielleicht sollte sie sich Sofies Nummer aus seinem Handy notieren. Dann musste sie sich keine Sorgen mehr darüber machen, dass sie erwischt wurde. Sie konnte Sofies Stimme immer hören, wenn sie das brauchte. Vielleicht konnte sie sogar mit ihr sprechen. Warum nicht?
Sie schlang ihm die Arme um den Hals. »Danke, Daddy.« Sie hatte sich schrecklich geirrt. Wenn er wegen des Handys nicht böse war, warum sollte er dann Drews Hund etwas antun?
* * *
Während Star noch Wasser über die Eiswürfel in den Gläsern goss, stellte Lance die dampfende Lasagne auf den Tisch. Rese’ Trostnahrung. Das Gericht, das ihre Gleichgültigkeit durchbrochen und eine Reaktion erzwungen hatte, als sie alles wollte, nur nicht ihn oder das, was er tat.
Seitdem hatten sie große Fortschritte gemacht, aber es war ein steiniger Weg – mit Spurrillen, Hindernissen, Schlaglöchern und Baustellen. Er reparierte Brücken, die
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