Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
sage ich und erschauere dabei. Ich muss daran denken, wie er Dace an jenem grauenhaften Tag an der nicht-so-verzauberten Quelle mit einer Hand auf Abstand gehalten hat. »Und wenn er nicht von seinem gruseligen Kojoten bewacht wird, dann ist er von seiner Armee aus untoten und doch äußerst loyalen Ahnen umringt. Aber obwohl ich mich so viel stärker, so viel mächtiger fühle als noch vor einer Woche, habe ich Angst, dass es nicht genug sein könnte. Womöglich muss ich sie erst überwinden, um zu Cade durchzudringen, und ich weiß nicht, ob ich das schaffe. Außerdem – ich weiß, ich habe es nicht erwähnt, zum Teil, weil ich nicht wusste, was ich davon halten soll, und zum anderen, weil ich der Sache nicht mehr Bedeutung zumessen wollte, als sie bereits hat, aber …« Ich halte inne und hole Luft. »Der Traum ist zurückgekehrt.« Ich sehe sie forschend an, doch Paloma bemüht sich, wie immer eine möglichst undurchschaubare Miene zu wahren. »Er geht mir nach, seit wir Dace in Leftfoots Haus zurückgelassen haben, und er ist immer gleich. Dace und ich vergnügen uns in der verzauberten Quelle, bis Cade auftaucht, sich in das Monster verwandelt, das er ist, Dace die Seele raubt und ihn tot in meinen Armen zurücklässt.« Ich zucke zusammen, da die Erinnerung so glasklar ist, dass es scheint, als geschähe alles direkt vor meinen Augen. »Cade hat mir zwar deutlich zu verstehen gegeben, dass er über den Traum Bescheid weiß, aber ich frage mich, ob er einen Weg gefunden hat, um meine Träume zu manipulieren, oder ob es eine Prophezeiung ist, die wir alle teilen ? Und apropos Prophezeiung: Ich hatte gehofft, sie irgendwie anders auslegen zu können, aber es ist ziemlich eindeutig, oder ?«
Palomas bedrückte Miene ist mir Bestätigung genug.
»Aber was ist eigentlich mit euch ?«, frage ich, begierig darauf, das Gespräch von mir weg auf sie zu lenken, in der Hoffnung, dass sie mehr Erfolg gehabt haben mögen als ich. Ich weiß von dem dauerhaften Ritual und der ununterbrochenen Wache, die die Stammesältesten seit dem Tag abhalten, an dem sie erfahren haben, welches Chaos und welche Zerstörung Cade angerichtet hat. »Habt du und Chay irgendwelche Fortschritte gemacht ? Und was ist mit Chepi und Leftfoot ?«
Sie sieht mich an, und wir sind uns beide nur allzu deutlich des Namens bewusst, den ich ausgelassen habe.
Dace.
Ich kann nicht riskieren, seinen Namen auszusprechen. Kann nicht riskieren, dass sie errät, was ich getan habe. Dass ich hinter ihrem Rücken die von ihr erlernte Fertigkeit benutzt und ihn mithilfe des Raben besucht habe.
Doch es ist unmöglich, Paloma anzulügen, und ein Blick in ihr Gesicht sagt mir, dass sie mehr weiß, als sie sich anmerken lässt.
Ich taste nach dem kleinen Schlüssel auf meiner Brust und denke daran, wie sich Daces Haut angefühlt hat, wie er die Lippen auf die Federn gepresst und ich das Gewicht seiner Berührung gefühlt habe …
Ich schüttele den Gedanken ab, schiebe das Schlüsselchen unter den Pulli und wende mich wieder meiner Großmutter zu.
»Chay ist gerade erst zurückgekommen«, beginnt sie. »Er und Leftfoot haben sich in die Unterwelt gewagt und sich dort ein bisschen umgesehen. Laut seiner Aussage ist der Zustand fürs Erste konstant. Das bedeutet, die Mine ist noch in Betrieb, die Geisttiere sind antriebslos und schlaff, und die Unterwelt ist nach wie vor massiv verschmutzt. Aber unsere vereinten Bemühungen scheinen zu einer Stabilisierung beigetragen und verhindert zu haben, dass es noch schlimmer wird. Zumindest fürs Erste. Man weiß nie, wie lange unsere Magie wirkt. Das hier erfordert schon drastischere Maßnahmen.« Sie schickt ihren Worten einen bezeichnenden Blick hinterher.
»Soll das heißen, ich muss den nächsten Schritt tun ?« Ich formuliere es wie eine Frage, doch wir kennen beide die Antwort. Es ist ganz allein meine Aufgabe, mich darum zu kümmern. Dafür wurde ich geboren.
»Du wirst bald dazu bereit sein, nieta .«
Ich starre auf das Sammelsurium von Werkzeugen. Bald genügt nicht. Ich müsste eigentlich jetzt schon bereit sein. Zeit ist ein Luxus, den ich mir nicht leisten kann.
Mit dem Knie klappe ich das Buch zu und schwöre mir, Cade noch heute Abend entgegenzutreten. Es gibt keinen Aufschub mehr. Je länger dieser Zustand anhält, desto mehr Menschen müssen leiden. Außerdem habe ich gehört, was Dace gesagt hat, und die Entschlossenheit in seinem Blick gesehen. Ich muss mir seinen Bruder schnappen, bevor er es tun
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