Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
kann. Solange er unter Chepis Aufsicht steht, ist er in Sicherheit. Die Prophezeiung kann sich nicht erfüllen, wenn sie ihn hinter Schloss und Riegel hält.
Und deshalb muss ich jetzt etwas tun.
Es noch länger aufzuschieben hieße, alles aufs Spiel zu setzen.
Ich hebe den Blick zu Paloma. »Es ist Zeit«, sage ich mit entschlossener Stimme. »Meine Ausbildung ist abgeschlossen, und meine magischen Kräfte … Na ja, sie könnten wahrscheinlich besser sein, aber sie sind schon ziemlich okay. Jedenfalls muss ich jetzt tätig werden, bevor es zu spät ist.«
Sie mustert mich weise. Vermittelt so viel Gefühl mit einem einzigen Blick: ihr Bedauern darüber, dass mein Leben dermaßen viele Opfer fordert; ihr Stolz, dass ich mich der Herausforderung trotz all der Gefahren stelle; ihre Angst um meine Sicherheit und die sehr reale Gefahr, dass ich meinen nächsten Geburtstag nicht erleben werde.
»Es genügt nicht, ein Ziel zu haben, nieta . Du brauchst auch einen Plan, um es zu erreichen.«
Ich denke einen Moment lang über ihre Worte nach und weiß, dass es keine Strategie und keinen Plan gibt und auch keine Zeit mehr ist, um mir einen auszudenken. »Ich habe keine Strategie«, erwidere ich. »Also glaube ich, ich tue einfach das, was du mir beigebracht hast, und denke vom Ende her.«
Sie fummelt an der Knopfleiste ihrer Strickjacke herum und überlegt eine Weile, schließlich nickt sie. »Also, zuerst musst du dich um das Zimmer hier kümmern. Deine Freundinnen warten im Wohnzimmer. Du willst doch sicher nicht, dass sie es in diesem Zustand sehen.« Sie zeigt auf das Chaos und grinst immer breiter, als ich das Zimmer in hektische Betriebsamkeit versetze. Die Tagesdecke wird geglättet, die Sofakissen aufgeschüttelt und all die herumliegenden Gegenstände in die Truhe zurückgelegt, aus der sie gekommen sind. Alles wird ordentlich aufgeräumt, obwohl ich nicht einmal einen Finger gerührt habe.
»Unterschätze nie deine Fähigkeiten oder deine Gewandtheit, nieta . Erst recht nicht nach einer so beeindruckenden Vorstellung. Dein telekinetisches Können ist enorm fortgeschritten.« Ihre Stimme wird ganz heiser vor Rührung. »Wirklich sehr bemerkenswert.« Sie zieht ihre Strickjacke enger um sich und betrachtet mich ausgiebig, ehe sie meine Freundinnen holen geht.
Noch bevor meine Freundinnen das Zimmer betreten, liege ich lässig auf dem Bett, den Rücken ans Kopfteil gelehnt und die Beine ausgestreckt. Ich fahre mir rasch mit der Hand durchs Haar, während Lita als Erste hereingeschlendert kommt.
»Das ist also dein Zimmer ?«, sagt sie und mustert alles mit prüfend zugekniffenen Augen hinter dick geschminkten Wimpern. »Ehrlich gesagt, Daire, das hab ich mir ganz anders vorgestellt.«
»Wie hast du’s dir denn vorgestellt ?« Xotichl navigiert gekonnt zu meinem Bett und setzt sich auf dessen Ende.
Lita schüttelt ihre Jacke ab, hängt sie über eine Stuhllehne und trommelt mit gespreizten Fingern gegen ihre Hüfte. Sie inspiziert meinen Schreibtisch, den am Fenster hängenden Traumfänger und die hohe Kommode mit Djangos Bild. »Ich meine, ich bin ja schon öfter hier gewesen, aber immer nur im Wohnzimmer. Irgendwie hab ich wohl nicht erwartet, dass es dem Rest des Hauses so ähnlich wäre. Ich hätte es mir stylischer vorgestellt. Cooler. Vielleicht sogar – wenn ich so sagen darf – glamourös. Ich dachte, da wäre wenigstens ein kleiner Hauch von etwas, irgendetwas, das auf deine Hollywood-Vergangenheit hinweist. Aber nein. Das einzige Wort, das auf diese viereckige Schachtel zutrifft, ist praktisch . Dein Zimmer ist sauber, ordentlich und praktisch . Es leistet das, was ein Zimmer zu leisten hat, aber mehr nicht.«
»Tut mir leid, wenn ich dich enttäuscht habe. Irgendwie ist mein Vane-Wick-Poster wohl beim Umzug verloren gegangen.« Ich lasse mich tiefer in die Kissen sinken und sage mir, dass das eben einfach typisch Lita ist und es keinen Sinn hat, beleidigt zu sein. Als sie sich mit blitzenden Augen und aufgeworfenen Lippen zu mir umdreht, wappne ich mich vor dem, was als Nächstes kommt.
»Apropos …« Sie macht eine Kunstpause. »Du willst nie darüber reden. Aber nachdem Weihnachten ist und so, hatte ich gehofft, du gibst vielleicht nach und gönnst mir ein paar glitzernde Häppchen aus der Traumfabrik.«
Sie ringt um einen hoffnungsvollen, engelgleichen Gesichtsausdruck, der mich lediglich zum Lachen reizt. »Ich wusste es !« Ich schüttele den Kopf und tue so, als wäre ich richtig
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