Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
und ich vollständig geheilt bin.« Ich zerre an meinem Hemdsaum und ziehe mir das Teil über den Oberkörper, damit sie sieht, dass nicht nur die Verbände weg sind, sondern dank einer dicken Schicht von Leftfoots Kräuterpackung und ein bisschen Magie, die ich selbst gewirkt habe – und die ich lieber verschweige –, auch lediglich kaum sichtbare Spuren der Narben zurückgeblieben sind, die weiter verblassen, wenn nicht gar ganz verschwinden werden.
Ich lasse das Hemd wieder fallen und frage mich, welches Argument sie wohl als nächstes bemühen wird. Sicher kommt eines.
Ihre Sorge um meine Gesundheit weicht dem Appell: »Aber es ist doch Weihnachten !« Sie steht vor mir und lässt meinen Ärmel einfach nicht los. Jetzt spielt sie die Mom-Karte und setzt auf mein Mitgefühl. Aber heute Abend klappt das nicht. Kann nicht klappen. Ich muss hier raus. Muss mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern, und zwar auf meine Art.
» Morgen ist Weihnachten. Und dann bin ich wieder da und verbringe das Fest mit dir. Ich versprech’s.« Ich beuge mich zu ihr herab, drücke ihr einen sanften Kuss auf den Kopf und schlinge meine Finger um ihre. Dann drücke ich sie vielsagend und hoffe, ihr damit das zu vermitteln, was ich mit Worten nicht zu sagen vermochte. Schließlich befreie ich meinen Arm aus ihrem Griff und trete hinaus auf die Veranda. Sie ruft mir hinterher.
Ich drehe mich um. Versuche, meinen Ärger zu verbergen, indem ich mir einschärfe, dass ihre Absichten gut sind.
»Sei vorsichtig.« Sie kommt auf mich zu und mustert mich mit kritischer Miene, während sie die Hand zu meiner Wange hebt. »Gefährde deine eigene Sicherheit nicht durch deine Fürsorge für andere. Ich brauche dich hier.«
Ich schließe kurz die Augen und schicke ihr eine stille Entschuldigung für den Schmerz, den ich ihr vielleicht zufügen muss. Doch als mein Blick ihrem begegnet, sage ich nur: »Gute Nacht, Mutter.«
Es ist unnötig, sie noch mehr zu beunruhigen.
Unnötig, ihr mitzuteilen, dass ich mich in den letzten Tagen, die ich abgekapselt in meinem Zimmer verbracht habe, nicht ausschließlich auf meine Genesung konzentriert habe.
Sie steht auf der Schwelle, eine Hand aufs Herz gepresst. Das helle Licht aus der Lampe über ihr fällt sachte über sie und hüllt sie in einen schimmernden Schleier aus weißem Licht, der sie wie einen Engel oder eine Heilige erstrahlen lässt.
Ihre gequälte Miene ist das Letzte, was ich sehe, ehe ich in meinen Pick-up steige und langsam zur Straße hinausrolle. Bereit, meine frisch geschliffenen Fertigkeiten auf die Probe zu stellen.
Achtunddreißig
Daire
P a loma steckt den Kopf zur Tür herein und verzieht das Gesicht, als sie mich im Schneidersitz mitten im Zimmer sitzen sieht, umgeben von einem Sammelsurium aus Federn, Kristallen, Kerzen, dem Pendel, meiner Rassel, der Trommel, dem Athame und dem aufgeschlagenen Kodex. »Glück gehabt ?« Sie lehnt sich an den Türstock und betrachtet das Chaos.
Ich zucke die Achseln. »Sicher. Ich bin vom Glück begünstigt – zumindest, was meine Magie angeht. Dank dir und allem, was du mir beigebracht hast, kann ich nur staunen, wie weit ich gekommen bin und wie schnell das alles ging. Trotzdem weiß ich nicht, wie es mir helfen soll, Cade zu besiegen.«
»Jede Kleinigkeit hilft, nieta . Ein Teilchen fügt sich zum anderen.«
Ich seufze. Sie hat zweifellos recht, doch die Teile, die ich suche, liegen irgendwie alle außerhalb meiner Reichweite, und ich zögere nicht, ihr das mitzuteilen.
»Was sagt denn das Buch ?« Sie verschränkt die Arme.
»Im Buch steht vieles, von dem ich das meiste nicht verstehe. Du hast es gelesen, also sag mir, was ich überlesen habe.«
Sie blickt den Flur hinab, als hätte sie Angst, dass uns jemand belauscht, ehe sie mit gedämpfter Stimme antwortet. »Ich weiß nicht, ob du etwas überlesen hast. Vermutlich konnte Valentina gar nicht alles vorhersehen, womit du konfrontiert bist. Manches musst du einfach selbst herausfinden. So ist es immer.«
Ich seufze. Wünschte, es wäre nicht immer so schwer – wünschte, nur dieses eine Mal kämen die Antworten von selbst. Doch ebenso schnell verwerfe ich den Gedanken wieder. Davon, dass es einfach werden würde, war nie die Rede, und nach allem, was ich bisher erlebt habe, wäre es idiotisch, so etwas zu erwarten. Es ist an mir, die Sache zu ergründen und mich als würdig zu erweisen. Das kann mir keiner abnehmen.
»Der Punkt ist, Cade ist geradezu abartig stark«,
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