Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
möglich!«
»Umso mehr, als es dort keine Magister gibt«, ergänzte ich.
»Du solltest nicht immer so vorschnell urteilen«, sagte Sir Maba Kaloch vorwurfsvoll. »Oder kennst du alle Bewohner deiner Welt persönlich?«
»Natürlich nicht, aber ...«
»Na eben! Dass du bisher noch keinen Magister getroffen hast, bedeutet nicht, dass es sie dort nicht gibt. Glaub mir: Uns Magister gibt es überall.«
»Dann wird es also keine Invasion geben?«, fragte Juffin sichtlich erleichtert.
»Natürlich nicht. Ein interessantes Detail aber gibt es: In dieser Straßenbahn hat ein Fahrer gesessen. Schade, dass ich nicht genug Zeit hatte, den Charakter dieses Wesens zu erforschen. Das werde ich bestimmt demnächst in der Freizeit nachholen!«
»Handelte es sich etwa um einen euphorischen Dicken mit dünnem Schnauzbart?«, fragte ich mit angststarren Lippen. »Er hatte ein ganz einzigartiges Gesicht - unvergesslich.«
»Natürlich. Wer hätte es sonst sein können? Es handelt sich bei ihm um das erste von dir erschaffene Wesen, Max. Eigentlich solltest du einen persönlicheren Bezug zu ihm haben. So ein Wesen hab ich auch noch nie gesehen!«
»Was für ein Fahrer denn?«, fragte Juffin erstaunt. »Davon hast du mir gar nichts erzählt, Max.«
»Ich dachte, Sie wüssten auch ohne mich über alles Bescheid. Außerdem wollte ich ihn so schnell wie möglich vergessen. Beinahe wäre ich gestorben, so sehr hatte mich sein Anblick erschreckt. Den Magistern sei Dank, dass er gleich darauf verschwunden war.«
»Du hast also gedacht, dieser Mann wäre ein guter Freund von mir? Tolle Idee! Ich hätte dich wirklich genauer über deine Reise befragen sollen. Mein praktischer Sinn hat mich in die Irre geführt: Ich dachte, wenn du erst mal hier bist, ist alles andere egal. Maba - um was für ein Wesen handelt es sich bei diesem Mann eigentlich?«
»Ich hab doch gesagt, dass ich das selber noch nicht weiß. Ich kann nur wiederholen, dass ich so was noch nie erlebt habe. Wenn ich mehr Zeit habe, forsche ich genauer nach und teile euch das Ergebnis meiner Recherchen mit. Aber du bist sehr streng gegenüber dem Wesen, das du selbst geschaffen hast, Max. Der Besessene nämlich war von dem Fahrer der Straßenbahn schlicht entzückt. Er hat mit ihm gesprochen und dabei unter anderem erfahren, wie es möglich war, dass die Tram durch eine Straße fuhr, durch die sie eigentlich unmöglich hätte fahren können. Er hat sich auch gedacht, dass er sich mit dem Fahrer befreunden könnte. Streng genommen waren beide besessen, jeder auf seine Weise. Na ja, die Tram hielt, und der Junge ist eingestiegen und hat den Fahrer gegrüßt. Dann fuhr die Bahn weiter. Ich kann euch leider keine schockierenden Details von der gemeinsamen Reise liefern, weil ich zu faul war, sie genauer zu erforschen. Doch nach einiger Zeit ist der Besessene in Echo aufgetaucht, und zwar im Hinterhof vom Fressfass. Er war hungrig und verängstigt und hatte nicht mehr alle Tassen im Schrank.«
»Tassen? Was für Tassen? Und welcher Schrank?«, fragte Juffin.
»Einfache weißblaue Tassen in einem Holzschrank«, antwortete Sir Maba, setzte aber gleich hinzu: »Das war nur ein Scherz. Ich habe mich seiner eigenen Formulierung bedient, um möglichst genau zu sein. In so einem Fall hat jede Kleinigkeit eine Bedeutung. Max, kannst du uns den Ausdruck mit den Tassen und dem Schrank erklären?«
»Na ja«, antwortete ich gedankenverloren. »Nicht mehr alle Tassen im Schrank zu haben bedeutet, ziemlich wunderlich zu sein und Dinge zu tun, über die andere nur den Kopf schütteln können. Offen gesagt benutze ich diesen Ausdruck selbst.«
»Das hast du wirklich gut erklärt«, meinte Sir Maba Kaloch sichtlich zufrieden. »Aber was später geschehen ist, wisst ihr beide besser als ich, weil sich die Tür zwischen den Welten geschlossen hat und ich das Interesse an eurem Freund verloren habe.«
»Hör mal, Maba, sollte man nicht vielleicht ...«, begann Juffin.
»Nein, das sollte man nicht.«
»Na gut, vergiss es. Aber erzähl uns bitte alles, was du über das merkwürdige Wesen mit Schnauzbart in Erfahrung bringst.«
»Dann komm in einem Dutzend Tagen vorbei - oder schon früher. Aber nicht mit so einem besorgten Gesicht. Und du, Max, kannst mich auch besuchen kommen, ob nun mit Juffin oder allein - vorausgesetzt, du findest mich. Dabei kann ich leider keinem helfen. Also gut, Herrschaften, es war mir ein Vergnügen, mich mit euren Problemen zu beschäftigen - und wann kann man
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