Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari
»Man soll sich nicht über Sachen aufregen, die vor einer Ewigkeit passiert sind - und zwar nicht uns.«
»Da hast du vollkommen Recht, Glama«, pflichtete ich ihm brav bei und begann mit meiner Gymnastik. Nach zehn Minuten war ich wirklich total ruhig. Diese neue, fantastische Welt offenbarte mir allmählich ihre Geheimnisse, und das war die Hauptsache. Allerdings konnte ich froh sein, dass mir nicht alle meine Kollegen gleichzeitig ihr Schicksal gebeichtet hatten.
»Herr Abora Wala hat sich gerade per Stummer Rede bei mir gemeldet«, sagte Lonely-Lokley. »Die Karawane macht jetzt Mittagspause. Heute Morgen hast du dich großartig geschlagen, Marilyn - weiter so! Allerdings wollte ich schon lange sagen, dass Sir Max nach seinen Übungen beim Sprechen sehr laut atmet und nach Luft schnappt. Marilyn, du solltest intensiv an der Bekämpfung dieser Marotte arbeiten.«
»Das mach ich schon«, murmelte ich. »Aber klinge ich wirklich so furchtbar?«
»Es wird im Laufe der Zeit schon besser werden. Aber jetzt halten wir. Und damit wechseln wir auch das Gesprächsthema, einverstanden?«
»Sicher. Unser Karawanenführer hat übrigens ein gutes Zeitgefühl. Ich hab richtig Hunger.«
»Sir Wala hat kein Zeitgefühl. Er hält einfach nur vor den Restaurants, deren Wirte ihm für neue Gäste Provision zahlen.«
Ich lachte laut.
»Woher willst du das wissen, Glama?«
»Ich hab ihm beim Kennenlernen tief in die Augen geschaut.«
»Verstehe. Aber wie auch immer - diese Pause kommt genau zur richtigen Zeit. Ich hab einen Bärenhunger.«
»Na dann los«, meinte Lonely-Lokley und half mir ritterlich beim Aussteigen.
Das Mittagessen war so lala. Als künftiger Gourmet und Lieblingszögling von Sir Kofa Joch musste ich mich erst wieder an einfache Kost gewöhnen, und die Mitreisenden erwiesen sich als ausgesprochen banale, ja stinklangweilige Leute. Verwundert stellte ich fest, dass meine neue Heimat nicht vollkommen war. Aber ich glaube, in allen Welten können die Einheimischen ziemlich anstrengend sein. Von den Gesprächen mit so vielen schlichten Gemütern bekam ich Kopfschmerzen, aber zum Reisen gehören nun mal lausige Mahlzeiten und langweilige Unterhaltungen.
Nach dem Essen konnte ich Lonely-Lokley davon überzeugen, dass auch ich unser A-Mobil steuern durfte. Er hatte das eigentlich nicht riskieren wollen, weil sein gesunder Menschenverstand ihm nicht erlaubte, mir zu vertrauen, doch Lady Marilyn hatte ihn gar zu inständig darum gebeten!
Nach einer Stunde im Schneckentempo erntete ich ein Lob.
»Ich hätte nicht erwartet, dass du dich so gut beherrschen würdest», stellte mein strenger Begleiter beifällig fest.
Das war das unverhoffteste Kompliment, das ich je bekommen hatte.
»Warum staunst du eigentlich so sehr, Glama?«, fragte ich und zuckte die Luxusachseln von Lady Marilyn. »Wenn ich weiß, dass etwas verboten ist, kann ich mich daran halten.«
»Darum geht es nicht. Dieses A-Mobil fährt so schnell, wie sein Fahrer es wünscht, und unsere Wünsche entsprechen nicht immer dem, was erforderlich ist.«
»Im Ernst? Das ist ja ganz was Neues!«
»Wusstest du das etwa nicht?«, fragte Lonely-Lokley ehrlich erstaunt. »Ich dachte, du würdest deine kindische Geschwindigkeitssucht befriedigen wollen.«
»Na ja, ich dachte immer, ich wäre nicht so vorsichtig wie die anderen und könnte darum Höchstgeschwindigkeit fahren.«
»Genau das meinte ich, Marilyn, als ich dich nicht ans Steuer lassen wollte. Es gibt hier keine Höchstgeschwindigkeit. Alles passt sich den Wünschen des Fahrers an. Aber ich habe Ihre Selbstbeherrschung unterschätzt, Sir Max, und muss mich dafür wohl entschuldigen.«
»Unsinn, Glama. Ich wusste einfach nicht, wie es in dieser Gegend funktioniert.«
Ich seufzte und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Ziemlich viele seltsame Neuigkeiten für einen Tag!
»Hauptsache, du kannst dich beim Fahren beherrschen, Marilyn.«
Bis Sonnenuntergang fuhren wir schweigend weiter. Lonely-Lokley hatte offenbar sein Limit von dreihundert Worten pro Tag erschöpft, und ich fürchtete mich, weitere Fragen zu stellen. Eine Beichte täglich reichte mir völlig!
Die Nacht verbrachten wir in einem Motel. Der Karawanenführer ging in eine kleine Bar, in der Mau-Mau gespielt wurde, und brachte einige unserer Mitreisenden dazu, sich mit ihm zu messen.
»Auch das ist ein lohnendes Geschäft«, meinte Lonely-Lokley mit Blick auf unsere Karten spielenden Reisegefährten. »Dieser Wala übernachtet
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