Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari
Meine Reglosigkeit belustigte sie. Und sie war sehr mutig, weil ich viele gefährlich echt wirkende Küsse bekam. Tatsächlich aber konnte von echten Küssen natürlich nicht die Rede sein. Dann verschwand sie, und ich erwachte.
Melamori verließ meine Träume stets bei Sonnenaufgang, also wenn die Menschen aufstehen, um zur Arbeit zu gehen. Diesem Umstand allerdings schenkte ich weiter keine Aufmerksamkeit. Das einzig Greifbare, was ich besitze, sind meine Träume.
Kurz vor Mittag nickte ich zum Schnurren meiner Katzen wieder ein. Deshalb hörte ich Sir Kofa, der sich bei mir per Stummer Rede meldete, nicht gleich.
»Max, genug gefaulenzt! Hier zeichnen sich interessante Entwicklungen ab. Also ...«
»Gehen wir etwa wieder zusammen essen?«
»Nein, diesmal werden wir zusammen arbeiten. Erinnern Sie sich an die beiden Gürtelbesitzer?«
»Natürlich. Aber ich brauche mindestens eine Stunde, um mich stadtfein zu machen.«
»Sie sind aber eitel! Na gut, bis in einer Stunde.«
Ich sprang aus dem Bett. Der schlafende Armstrong zuckte nicht mal mit den Ohren, Ella hingegen wachte auf und schritt auf Sammetpfötchen zu ihrem Napf hinüber. Ich musste also auch noch meinen Katzen zu fressen geben. Für langwieriges Wildern in den Tabakrevieren meiner alten Heimat reichte die Zeit ohnehin nicht mehr. Zum Glück hatte ich mir bereits einen Notvorrat zusammengehamstert.
Im Saal der allgemeinen Arbeit drängten sich schon wieder viele Köche. Mitleidig nickte ich Melifaro zu und betrat mein Büro, wo der bis zur Unkenntlichkeit verwandelte Sir Kofa, der diesmal krauses Haar, ein leicht gerötetes Gesicht und große Augen hatte, mit Sir Juffin tuschelte. Als die beiden mich sahen, verstummten sie sofort.
»Haben Sie Geheimnisse vor mir? Staatsgeheimnisse etwa?«
»Wie man's nimmt«, meinte Sir Juffin. »Schau bitte kurz in der Leichenhalle vorbei. Das wird ein lehrreicher Ausflug für dich sein, und wir können uns weiter ungestört unterhalten.«
Gehorsam ging ich in die Leichenhalle, die sich in dem Teil des Hauses an der Brücke befindet, in dem die Stadtpolizei untergebracht ist. Sündige Magister! Wer hätte gedacht, dass plötzlich alles so schnell ging: Dort lag doch tatsächlich der Mann im teuren gelben Lochimantel, den ich gestern mit Sir Kofa Joch gesehen hatte! Nur seinen Gürtel trug er nicht mehr. Ob es sich um einen Raubmord handeln mochte? Eigentlich kam dieses Delikt in Echo selten vor. Ich zog meinen Dolch, um zu prüfen, ob Magie im Spiel gewesen war, doch der Zeiger bewegte sich nicht. Aber wenn ich mir unbedingt die Leiche ansehen sollte, musste damit etwas faul sein -bloß was?
Als Erstes fiel mir auf, dass es weder Blut- noch Kampfspuren gab. Ob der Mann vergiftet worden war? Doch passte das zu einem Raubmord? War dieser Fall nicht eher etwas für Sir Juffin als für Kofa Joch und mich?
Ich sah mir die Leiche näher an. Etwas stimmte nicht damit, doch obwohl ich buchstäblich mit Händen greifen zu können glaubte, was es sein mochte, kam ich einfach nicht darauf.
Schließlich kehrte ich ratlos in mein Büro zurück. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich unterwegs mit Schichola, dem ehemaligen Leutnant der Stadtpolizei, zusammenstieß. Nach der schnellen Rettung von Bubuta Boch war er zum Hauptmann befördert worden, was er - anders als manche seiner Kollegen - schon lange verdient gehabt hätte.
Der Aufprall brachte Schichola ins Wanken, warf ihn aber nicht um.
»Haben Sie sich gerade unsere Beute angesehen, Sir?«, fragte mich der Gerempelte und massierte sich das Kinn.
»Ja, aber etwas stimmt damit nicht«, gab ich zurück und sah ihn nachdenklich an.
»Das glaube ich auch. Sir Kofa Joch hat ihn sich als Erster angeschaut, dann der Ehrwürdige Leiter und jetzt Sie. Dieser Vagabund scheint eine starke Anziehungskraft zu besitzen.«
»Vagabund!?«, fragte ich erstaunt.
Der teure Lochimantel und die eleganten Schuhe des Toten jedenfalls widersprachen der Behauptung, es handele sich um einen Stadtstreicher. Dann begriff ich! Unter der teuren Kleidung trug der Verstorbene eine alte, mehrfach geflickte Leinenskaba, die mich schon am Vortag stutzig gemacht hatte. Anscheinend hatte er sie jahrelang nicht abgelegt. Und genau das war das Widersprüchliche an der Leiche.
»Natürlich, er ist ein Vagabund!«, rief ich und ließ Hauptmann Schichola grußlos stehen.
»Und - was sagst du dazu?«, fragte Juffin und lächelte dabei so wohlwollend, als habe er mir mit dem Mustern der Leiche
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