Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari
ihm aus, er soll alles stehen und liegen lassen, herkommen und warten. Und du kommst auch wieder her. Lady Melamori kannst du ausrichten, dass uns in einer halben Stunde viel Arbeit erwartet. Wenn sie dabei sein will, soll sie sich jetzt beruhigen und wieder herrichten. Gehen wir, Sir Max.«
Juffin hakte den Reeder Agon unter und ging rasch in sein Arbeitszimmer. Ich folgte den beiden.
»Max, ich hasse es, mich in die Angelegenheiten anderer einzumischen«, begann mein Chef, nachdem er den Gefangenen auf einen Stuhl bugsiert hatte. »Aber manchmal komme ich nicht umhin, das zu tun - jetzt zum Beispiel. Unternimm nichts mehr, sonst machst du alles nur noch schlimmer. Lady Melamori geht es genauso schlecht wie dir. Aber anders als du hat sie sich von Anfang an keine Illusionen über den heutigen Morgen gemacht. Sie weiß einiges, wovon du keine Ahnung hast. Zum Beispiel, was mit Leuten passiert, die mit den Traditionen brechen und ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen wollen. Über solche Dinge redet man nicht, weil alle - bis auf ein paar Zugereiste - davon wissen.«
»Über welche Dinge?«, fragte ich hastig.
»Wenn ein Paar, das sich im Stadtteil Rendezvous kennen gelernt hat, gegen das Verbot verstößt, sich nach der Liebesnacht wiederzusehen, wird einer der beiden sehr bald sterben. Wer von den beiden das sein wird, lässt sich im Vorhinein nicht sagen, aber ich vermute, es würde Lady Melamori erwischen. Frag nicht, warum - glaub mir einfach. Du hast ohnehin viel mehr Glück als sie. Das ist die Lage.«
»So was hör ich zum ersten Mal«, brummte ich. »Und verzeihen Sie, aber das ist doch billigster Aberglaube! Wenn nicht gar ein primitives Tabu!«
»Seit einiger Zeit ist dein Leben voller Aberglauben -ob du es willst oder nicht. Und warum sollte ich dich anlügen? Haben wir uns etwa im Stadtteil Rendezvous kennen gelernt?«
»Das nicht«, lächelte ich bitter. »Aber all das gefällt mir trotzdem nicht. Ich dachte, die Lady würde einfach an Schauergeschichten glauben, und ich brauchte nur Zeit, um sie dazu zu bringen, ihre unsinnigen Ängste abzulegen.«
»Wenn du dich darum bemühst, schaffst du das vermutlich. Aber ich rate dir davon ab. »Sie ist leider nicht meine Freundin« klingt besser als »Sie ist meine leider verstorbene Freundin«. Wahre Freundschaft verlangt beiden Seiten manches Opfer ab. Das müsst ihr noch begreifen. Damit ist dieses Thema für mich erledigt.«
Schockiert starrte ich Juffin an. Er zuckte nur die Achseln, als wollte er sagen, er habe die Naturgesetze schließlich nicht gemacht.
»Ich hoffe, du erwürgst mich nicht, wenn ich unserem armen Gefangenen ein paar Tröpfchen von deinem Lieblingsgetränk gebe?«, fragte mich Juffin leichthin.
»Vorausgesetzt, ich bekomme auch einen Schluck davon. Ich bin nämlich sehr müde.«
»Schon gut, du Schnorrer. Warum hast du dir eigentlich noch immer keine eigene Flasche zugelegt?«
»Weil ich geizig bin. Haben Sie das noch nicht bemerkt?«
Mein Chef lachte erleichtert. Anscheinend gewann ich meine alte Form zurück. Zu wissen, dass ich meinen Schmerz mit jemandem teilte, ließ mich wieder aufleben. Etwas Ähnliches war am Vortag Kapitän Gjata widerfahren. Außerdem wusste ich jetzt, dass ich kein verschmähter Galan aus einem schmalzigen Liebesroman war, sondern ein Mensch, der sich mit seinem Schicksal abfinden musste. Auch das war zwar schmerzhaft, aber leichter zu ertragen.
Nach ein paar Tropfen Kachar-Balsam fühlte sich unser Gefangener schon viel besser, und als er merkte, dass er keinen Gürtel mehr trug, fiel er vor uns auf die Knie. Seine Dankbarkeit allerdings war uns zu wenig.
»Erzähl uns lieber, wer dir dieses Schmuckstück angedreht hat«, sagte Juffin.
»Sein Name ist Chroper Moa. Er kommt aus Ihrer Gegend ...«
»Mehr brauchst du nicht zu sagen«, unterbrach ihn Juffin und wandte sich an mich. »Das ist der Große Magister des Ordens vom Bellenden Fisch. Dieser Orden ist nicht besonders mächtig, doch sein Chef hatte immer eine enorme Fantasie.«
Juffin sah wieder den Reeder an, der daraufhin zusammenfuhr und finster dreinschaute. Das konnte ich gut verstehen, denn mein Chef hatte ihm einen vernichtenden Blick zugeworfen.
»Was hat er von dir gewollt, Agon?«
»Nur eins: Er will an einen großen Talisman kommen - Genaueres weiß ich nicht. Ich sollte nur ein paar nützlichen Leuten diesen Gürtel umlegen. Dann meldete sich Chroper per Stummer Rede bei ihnen und sagte ihnen, was er brauchte.«
»Und wem
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