Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari
Tascher - schmorte. Die freundliche Alte strich vorsichtig über meine Finger, zögerte einen Moment, schaute kurz finster drein, lächelte dann aber wieder und bekam erneut ihre herrlichen Grübchen.
»Das ist aber einfach, Juffin. Das hättest du auch allein geschafft.«
»Für dich ist alles einfach«, murmelte der Ehrwürdige Leiter.
Lady Sotova schüttelte vorwurfsvoll den Kopf, griff plötzlich nach meinem Handgelenk, als wollte sie mir den Puls fühlen, drückte aber viel stärker zu. Ich schrie vor Schmerz und spreizte dabei die Finger. Der arme Reeder landete auf dem Boden, und Lady Sotova wedelte triumphierend mit seinem perlmuttfarbenen Gürtel.
»Das war's, Juffin. Na, wie gefällt dir dieses Spielzeug?«
»Übertreib es bitte nicht, Unvergessliche. Ich kenne noch ein paar Zaubertricks, über die du staunen würdest.«
»Tatsächlich?«, fragte Sotova mit gespielter Überraschung und wandte sich an mich. »Hat's dir gefallen, Herzchen?«
Ich nickte verwirrt und starrte meinen ehemaligen Gefangenen an. »Lebt er noch, Lady?«
Sie winkte lässig ab.
»Was sonst? Ich kann ihn jederzeit wieder zu Bewusstsein bringen, aber ich warte besser ab, bis ihr euch wieder auf den Heimweg macht. Wir müssen jetzt essen, und den da will ich nicht bewirten.«
Nach dem Essen, das auf mich wie ein starkes Beruhigungsmittel wirkte, beugte sich Lady Sotova über Agons reglosen Körper.
»Wie lange willst du denn noch schlafen, du Faulpelz?«, rief sie mit schriller, verärgerter Stimme, und prompt bewegte der Mann sich ein wenig.
»Eins kann ich dir verraten, Juffin«, sagte unsere Gastgeberin lächelnd. »Du kannst jeden zu Bewusstsein bringen, wenn du ihm einen Satz ins Ohr brüllst, den er als Kind oft gehört hat. Wie du siehst, hat die Mutter dieses Mannes ihren Ärger nicht im Zaum halten können - genauso wenig übrigens wie meine Mutter. Erinnerst du dich noch an sie? Friede ihrer Asche! Ich glaube, ihre rauen Erziehungsmethoden haben aus mir eine so gute Zauberin gemacht, denn ich habe früh lernen müssen, meine Haut zu retten. Aber jetzt nehmt diesen Mann und verschwindet. Ihr habt zu arbeiten - und ich auch. Das Leben ist schließlich kein Zuckerschlecken.«
Wir stiegen mit unserem Gefangenen ins A-Mobil. Was ich auf Burg Jafach erlebt hatte, verblüffte mich noch immer so, dass ich Juffin nichts zu fragen vermochte.
»Wie hat dir dieses Wunder der Natur gefallen?«
Ich hätte nicht vermutet, dass die Stimme meines Chefs so finster klingen konnte.
»Ein starker Auftritt - ich mag gar nicht daran denken, wozu die übrigen Frauen des Ordens fähig sein mögen.«
»Die sind nicht so gefährlich. Sotova ist die bei weitem beste Zauberin. Vor ihr fürchtet sich sogar der Große Magister Nuflin. Max - hab ich jetzt bei dir an Autorität eingebüßt?«
»Wie kommen Sie denn darauf? Diese Sotova ist allerdings wirklich unglaublich.«
»Sie ist meine Landsmännin - hast du das bemerkt? Hier in Echo sind wir sogar beste Freunde, obwohl wir uns eigentlich nur beruflich treffen. Vor über zweihundert Jahren, als wir noch in Kettari lebten, hatten wir eine leidenschaftliche Affäre. Allerdings hatten die Bewohner dort viel Vergnügen, als ich Sotova nach einem Streit im Namen des Gesetzes verhaftet und durch die ganze Stadt zum Haus am Wege - dem dortigen Haus an der Brücke - geführt habe. Das war vor über zweihundert Jahren - stell dir das mal vor! Nach diesem Skandal setzte Sotova sich in den Kopf, in einen Orden einzutreten. Dafür ist sie in die Hauptstadt gezogen. Ihr Entschluss kam für mich ganz überraschend, doch sie hat sich offensichtlich richtig entschieden. Im Orden ist sie gut aufgehoben.«
Ich sah Juffin fragend an. »Warum erzählen Sie mir das?«
»Damit du weißt, warum Lady Sotova so respektlos mit mir umgegangen ist. Sonst kommst du noch auf die Idee, jede unverheiratete Frau, die älter als dreihundert Jahre ist, könnte mit mir umspringen, wie es ihr gefällt.«
Im Haus an der Brücke trafen wir auf Melifaro.
»Juffin«, flüsterte er traurig, »ich verstehe gar nichts mehr. Lady Melamori hat sich in meinem Büro eingeschlossen und lässt niemanden rein. Ich glaube, sie weint.«
»Soll sie ruhig«, sagte mein Chef ungerührt. »Warum soll der Mensch nicht weinen, wenn's ihm schlecht geht? Mach, was du willst, aber versuch nicht, sie zu trösten. Sonst will sie dich womöglich umbringen, und ich kann dir nicht helfen, weil ich beschäftigt bin. Treib Lonely-Lokley auf und richte
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