Das Echo
Peter war keineswegs der erste Mann, der sich als ihr Beschützer anbot. Er war jedoch der jüngste, und nach Jahren der Mißhandlung durch Geoffrey, der vierzehn Jahre älter gewesen war als sie, erhoffte Verity sich von einer Beziehung zu einem Mann, der jünger war als sie, Sicherheit. Dennoch lag ihr nichts daran, diese Beziehung zu einem jüngeren Mann publik zu machen. Es gibt Hinweise darauf, daß sie vor einer Heirat zurückschreckte, weil sie das Gerede der Leute fürchtete. Sie mag Peter schließlich gegen ihre Überzeugung geheiratet haben, doch alle Befürchtungen über die Angemessenheit einer solchen Verbindung wurden sehr schnell zerstreut. Freunde beschrieben die Ehe als »Idylle«, »die größte Liebe seit Abelard und Eloise«, »eine Wohltat mit anzusehen«, »so intensiv, daß man beinahe von Vergötterung sprechen könnte«, »schwer zu sagen, wer von beiden den anderen mehr anbetete«.
Wie tragisch unter diesen Umständen, daß sie, ganz von ihrer Liebe zu Peter gefangen, die beiden Kinder zu vernachlässigen begann, die aus ihrer Ehe mit Geoffrey hervorgegangen waren. Der Grund ist leicht nachzuvollziehen. Zur Zeit ihrer Eheschließung war ihre Tochter Marilyn, 20, auf der Universität, und ihr Sohn Anthony, 14, im Internat. Sie war nicht mehr so wichtig für die Kinder, und ihre Rolle als Peters Ehefrau führte sie ins Ausland, in die Vereinigten Staaten.
»Wir konnten jede Ferien zu ihnen kommen, wenn wir wollten«, sagt Marilyn, »aber es hat wirklich keinen Spaß gemacht, wochenlang das fünfte Rad am Wagen zu sein. Für Anthony war es noch schlimmer, weil er jünger war. Aber er hat das nie Peter zum Vorwurf gemacht. Er hat es Mutter übelgenommen, weil sie nie ein Geheimnis daraus gemacht hat, wie sehr sie unseren Vater gehaßt hat. Am Ende hat Anthony, der sowieso schon deprimiert war, weil seine Freundin ihm den Laufpaß gegeben hatte, eine solche Wut bekommen, daß er diese Anzeige in die Times setzte. Er wußte, daß Mutter sie lesen würde. Er wollte sie aus ihrer Selbstgefälligkeit reißen. Wir hatten beide Gerüchte gehört, daß sie Vater hatte umbringen lassen, und Anthony wollte sie daran erinnern. Sehen Sie, er war 1971 erst fünf Jahre alt, und er hat nie geglaubt, daß Vater so schlimm war, wie alle behauptet haben.«
Anthony Standish war 1988 22 Jahre alt. Er war ein unglücklicher junger Mann, dessen Niedergeschlagenheit über eine verunglückte Liebesbeziehung sich mit einem langjährigen Groll über die Kälte seiner Mutter ihm gegenüber vermischte. Seine Verbitterung fand ihren Ausdruck in der folgenden Chiffreanzeige:
»Geoffrey Standish - Wer etwas über den Mord an Geoffrey Standish am 10.3.71 auf der A 11 in der Nähe von Newmarket weiß, wird gebeten, sich zu melden.«
Anne Cattrell hat in ihrem Artikel »Die Wahrheit über Verity Fenton« ( Sunday Times , 17. Juni 1990) zum erstenmal die Theorie vorgelegt, daß Peter Fenton Geoffrey Standish ermordet habe. Sie argumentierte, Peter und Verity könnten sich schon weit früher kennengelernt haben, als sie jemals zugaben, und Peter könnte Veritys Rächer gewesen sein. Es gibt hierfür keinerlei Beweise, es gibt jedoch eine Fülle von Beweisen dafür, daß Geoffrey und Peter 1971 etwas anderes gemeinsam hatten: das Glücksspiel.
In der Gestalt des Billy Blake bekannte Peter, einen Menschen getötet zu haben, und man darf annehmen, daß dieser Mensch Geoffrey Standish war. Angesichts der intensiven und qualvollen Buße, der Billy sich unterzogen hat, kann es eigentlich nur so sein, daß Veritys Selbstmord in direktem Zusammenhang mit seiner Tat stand. Doch als Billy Blake warnte er auch vor Gefahren plötzlichen und unkontrollierbaren Zorns, der Menschen dazu verleitet, Gewalttaten zu verüben, die sie später bereuen. Daraus könnte man entnehmen, daß Geoffreys Ermordung die Folge solchen Zorns war, somit also nicht geplant war und ohne Vorsatz geschah.
Wir können heute, fünfundzwanzig Jahre später, nur Mutmaßungen anstellen, aber Studienfreunde Peters erzählen von seinen »verbotenen Kartenspielen, die stets Freitag abends in einem Privathaus irgendwo in Cambridge« stattfanden und ihm erlaubten, sein Ziel, »Geld zu machen« und »das Leben zu genießen«, zu verfolgen. Es ist durchaus möglich, daß Geoffrey, der am Freitag, dem 9. März 1971, auf der Fahrt nach Huntingdon war, von diesem Kartenspiel hörte und dazustieß, nachdem er seine Gastgeber angerufen und ihnen mitgeteilt hatte, daß er sich
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