Das Echo
verspäten würde. Es ist ebenso möglich, daß es zu einem Streit um Geld kam, der auf tragische Weise mit Geoffreys Tod endete.
Es müssen andere dabeigewesen sein, die Zeugen der Vorgänge wurden. Vielleicht trug Peter nicht allein die Schuld an Geoffreys Tod; das wäre eine Erklärung dafür, warum die Tat so geschickt als Verkehrsunfall getarnt wurde. Wahrscheinlicher ist vielleicht, daß Geoffrey zuerst angriff - seine Aggressivität ist wohlbelegt -, was die anderen Beteiligten, zumindest in ihren eigenen Augen, von jeglicher mörderischer Absicht freigesprochen hätte. Wie auch die Wahrheit aussehen mag, man beschloß, alle Beteiligten zu schützen, indem man den Toten so weit wie möglich vom Tatort wegbrachte und dafür sorgte, daß es aussah, als sei er das Opfer eines Verkehrsunfalles mit Fahrerflucht geworden.
Es gibt zwar keine Indizien, die diese Theorie plausibler erscheinen lassen als andere (außer vielleicht Peters plötzlicher Entschluß, »irgendwann 1971«, wie Freunde berichten, das Glücksspiel aufzugeben), sie erleichtert es jedoch zu verstehen, wie es geschehen konnte, daß Verity Peter heiratete, ohne von seinem Verbrechen zu wissen. Denn hat Verity vielleicht, wie Anne Cattrell an anderer Stelle in ihrem Artikel vorbringt, Hand an sich gelegt, weil sie durch Zufall erfuhr, daß sie den Mörder ihres ersten Mannes geheiratet hatte?
Die Antwort ist, daß es nicht zufällig geschah. Peter selbst hat es ihr bei einem erbitterten Streit zwischen Verity und Anthony nach Erscheinen der Anzeige in der Times gesagt. »Ich beschuldigte sie, meinen Vater getötet zu haben, und als sie zu weinen anfing, wurde Peter sehr böse und sagte, das habe er getan. Ich weiß, es klingt lächerlich«, sagt Anthony heute, »aber ich habe ihm nicht geglaubt. Ich dachte, er wollte nur die Wogen glätten. Das hat er ständig getan. Jedesmal, wenn sie und ich wegen irgendwas Krach hatten, hat Peter die Schuld auf sich genommen. Es hat mich immer wütend gemacht. Meine Mutter war in vieler Hinsicht sehr kindlich. Sie schien unfähig zu sein, für irgend etwas Verantwortung zu übernehmen.
Ich lebe seit acht Jahren mit der Schuld an diesem Streit. Ich wollte, ich hätte bis zu Peters Rückkehr aus den Staaten gewartet, anstatt sie ausgerechnet am Tag vor seiner Abreise zu attackieren. Es ist eine dieser schrecklichen Binsenwahrheiten, daß man erst dann weiß, wie sehr man einen Menschen liebt, wenn man ihn verloren hat. Ich war am Boden zerstört, nachdem meine Freundin mich verlassen hatte, aber das ist keine Entschuldigung für das, was ich getan habe. Ich habe nie ernstlich geglaubt, daß meine Mutter meinen Vater umgebracht hat, aber als sie sich erhängte, dachte ich, sie hätte es getan und Peter hätte sie deshalb zurückgewiesen. Ich habe immer gehofft, er würde eines Tages zurückkommen; das ist der Grund, warum ich über diese Sache nie zuvor gesprochen habe.«
Aber wenn Verity sich nicht aus Schuldgefühlen erhängt hat, warum dann? Aus plötzlichem Abscheu vor dem Mann, den sie liebte? Aus Panik, weil sie fürchtete, ihr Mann würde nun, da Anthony die Wahrheit wußte, der Strafe für sein Verbrechen nicht entgehen können? Beide Erklärungen könnten zutreffen, aber keine ist befriedigend. So schwach war Verity nicht, auch wenn sie zart und zerbrechlich wirkte. Sie hatte immerhin Jahre der Mißhandlung durch Geoffrey überstanden, und es scheint unwahrscheinlich, daß sie sich von Abscheu oder Panik in den Selbstmord hätte treiben lassen.
Ich glaube, daß etwas weit Schrecklicheres Verity in den Tod getrieben hat - ein Geheimnis, das sie vierzig Jahre lang gehütet hatte. Ich erfuhr es durch Zufall von einem Rechtsanwalt, den Veritys Mutter, Isobel Parnell, im Jahr 1949 um Rat bat, weil Geoffrey Standish ihre dreizehnjährige Tochter verführt hatte.
»Es war eine schlimme Geschichte«, sagte Lawrence Greenhill. »Isobel hatte sich selbst Hoffnungen auf eine Heirat mit Geoffrey gemacht und haßte Verity dafür, daß sie ihr soviel Schmerz bereitete. Das Kind, ein Junge, wurde zur Adoption freigegeben, und Verity kam in ein Internat. Das Tragische war, daß niemand auf Veritys Schmerz Rücksicht nahm. Isobel hatte ihr mit einem Handstreich das Kind, den Geliebten und die Mutter genommen, und man kann sich nur fragen, was für ein Maß an Einsamkeit das arme junge Ding aushalten mußte. Heute, in der Rückschau, ist klar, daß sie versuchen mußte, es ihrer Mutter heimzuzahlen, indem sie den Mann
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