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Das Echo

Titel: Das Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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gegangen ist, was jetzt zweifelhaft erscheint, dann unter einem anderen Namen.«
    »Wann hat sie das Unternehmen in Virginia verlassen?«
    »Im April 1990«, antwortete Streeter widerstrebend.
    Er tat Deacon leid. John Streeter war kein Dummkopf, und blindes Vertrauen war unverkennbar nicht seine Sache. »Die Polizei sieht also einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden Ihres Bruders und dem Marianne Filberts? Mit anderen Worten, er hat ihr das Signal zur Flucht gegeben.«
    »Nur haben sie nie nachgewiesen, daß James und Marianne Filbert einander überhaupt kannten. Wir sind überzeugt, daß de Vriess und Amanda ihr grünes Licht gaben, zu verschwinden.«
    »Also eine Dreier-Verschwörung?«
    »Warum nicht? Das ist genauso plausibel wie die Theorie der Polizei. Überlegen Sie doch mal, Amanda war diejenige, die der Polizei Marianne Filberts Namen genannt und ihnen erzählt hat, die Frau sei nach Amerika gegangen. Ohne diese Aussage gäbe es keine Verbindung zu einer Computerspezialistin und keine Möglichkeit zu behaupten, James habe den Betrug eingefädelt. Die gesamte Beweisführung der Polizei beruht auf der Voraussetzung, daß James fachliche Hilfe hatte, aber Amandas Aussage über seine angebliche Affäre mit Marianne Filbert ist niemals von dritter Seite bestätigt worden.«
    »Es fällt mir schwer, das zu glauben, Mr. Streeter. Den Zeitungen zufolge wurde Amanda Streeter zwei Tage lang von der Polizei vernommen, das heißt, daß sie auf der Liste der Verdächtigen ganz oben rangierte. Es heißt außerdem, daß sie Überzeugenderes als bloß einen Namen zu bieten gehabt haben muß. Was war es?«
    »Es war kein Beweis«, erklärte Streeter störrisch.
    Deacon zündete sich eine Zigarette an, während er wartete.
    »Sind Sie noch da?« fragte Streeter.
    »Ja.«
    »Sie konnte eine Beziehung zwischen den beiden nicht beweisen. Sie konnte nicht einmal beweisen, daß sie sich kannten.«
    »Ich höre.«
    »Sie hat der Polizei eine Serie Fotos vorgelegt. Die meisten zeigten James’ Wagen vor der Wohnanlage in Kensington, in der Marianne Filbert wohnte, bevor sie in die Staaten ging. Außerdem waren drei unscharfe Aufnahmen von einem Pärchen dabei, das sich küßte. Sie behauptete, es wären Marianne Filbert und James, aber wenn Sie mich fragen, hätten es x-beliebige Personen sein können. Und dann gab es noch eine Rückenansicht von einem Mann in einem Mantel, der so ähnlich aussah wie der von James, beim Betreten des Wohnhauses. Wie ich schon sagte, das alles beweist überhaupt nichts.«
    »Wer hat die Aufnahmen gemacht?«
    »Ein Privatdetektiv, den Amanda beauftragt hat.«
    Derselbe, bei dem sie Billy Blakes wegen gewesen war? »Waren sie datiert?«
    »Ja.«
    »Von wann waren sie?«
    »Von Januar bis August’89.«
    »Sie sagen, die meisten Bilder zeigten James’ Wagen. Saß er drin, als sie aufgenommen wurden?«
    »Ja, es saß jemand drin, aber die Qualität der Bilder ist nicht so gut, daß man sagen könnte, ob es James war oder nicht.«
    »Vielleicht war es Nigel de Vriess«, murmelte Deacon mit einer Ironie, die bei dem anderen nicht ankam. Er bekam langsam den Eindruck, daß John Streeter noch besessener davon war, die Unschuld seines Bruders zu beweisen, als Amanda von ihrem Bemühen, Billy Blakes wahre Identität herauszubekommen. Fixe Ideen schienen ja in den Nachwehen des Verrats üppige Blüten zu treiben.
    »Wir sind überzeugt, daß der Mann de Vriess war«, sagte Streeter.
    »Die beiden wollten also Ihren Bruder absichtlich zum Sündenbock machen?«
    »Ja.«
    »Na, das ist ja wirklich eine tolle Verschwörungstheorie.« Diesmal troff Deacons Stimme von Sarkasmus. »Sie behaupten, daß diese Leute bereits ein Jahr vor dem Ereignis planten, wie sie einen völlig Unschuldigen ermorden wollten, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, was sich alles in der Zwischenzeit ereignen könnte. Und mit dieser Theorie sind Sie zufrieden?« Asche rieselte von seiner Zigarette auf das Revers seines Jacketts. »Ist Ihre Schwägerin ein Ungeheuer, Mr. Streeter? Das müßte sie ja wohl sein, wenn sie imstande wäre, das Haus mit einem Mann zu teilen, dessen Ermordung sie längst geplant hatte. Also? Mit wem haben wir’s hier zu tun? Mit Medusa?«
    Schweigen.
    »Und wer wäre so dumm, sich darauf zu verlassen, daß der Status quo ewig bestehen bleibt? James war ein freier Mensch. Er hätte jederzeit seine Frau verlassen oder seine Stellung aufgeben können, und was wäre dann aus der schönen Verschwörung geworden?«

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