Das Echo
Verleumdungsklage entgangen sind.«
»Was an sich schon etwas beweist, meinen Sie nicht? Wenn unsere Behauptungen verleumderisch sind, warum belangt uns dann niemand?«
»Weil Ihre Zielpersonen nicht so dumm sind. Warum Ihrer Kampagne noch Auftrieb durch kostenlose Publicity geben, wenn sie gerade im Begriff ist, ganz von selbst im Sand zu verlaufen? Es wäre etwas anderes, wenn es Ihnen gelänge, einen Redakteur zu bewegen, gegen sein besseres Urteil zu handeln. Wollen Sie sagen, daß niemals ein Wort zur Verteidigung Ihres Bruders veröffentlicht worden ist?«
»Nur ein abfälliger Artikel in einer Anthologie ungelöster Kriminalfälle, die letztes Jahr herausgekommen ist. Ich habe zwei Tage geopfert, um mit Roger Hyde, dem Autor, zu sprechen, und dafür hat er nichts weiter als eine langweilige Zusammenfassung geschrieben, die mit seiner eigenen unausgegorenen Schlußfolgerung, daß James schuldig sei, endete.« Er wirkte zornig und frustriert. »Ich bin es langsam müde, mit dem Kopf gegen Wände zu rennen.«
»Dann sind Sie vielleicht nicht mehr so fest von der Schuldlosigkeit Ihres Bruders überzeugt wie vor fünf Jahren?«
Streeter fluchte unterdrückt. »Das ist doch das einzige, was Sie und Ihresgleichen wollen - die Bestätigung, daß James schuldig ist.«
»Ich gebe Ihnen hier eine Gelegenheit, ihn zu verteidigen, aber Sie scheinen nicht sehr erpicht darauf, sie zu ergreifen.«
John Streeter ignorierte die Bemerkung. »Mein Bruder stammt aus einer ehrlichen, fleißigen Familie. Haben Sie eine Ahnung, was es für meine Eltern bedeutet, daß man ihren Sohn einen Dieb nennt? Sie sind anständige und achtbare Leute und können nicht verstehen, warum Journalisten wie Sie ihnen nicht einmal zuhören.« Er holte zornig Luft. »Die Fakten interessieren Sie gar nicht. Sie sind einzig daran interessiert, den Ruf eines Menschen noch weiter zu zerstören.«
»Spielen Sie denn nicht das gleiche Spiel?« murmelte Deacon ohne besonderen Nachdruck. »Wenn ich Ihre Erklärungen nicht mißverstanden habe, beruht Ihre Verteidigung Ihres Bruders doch ausschließlich darauf, Nigel de Vriess und Amanda Streeter anzuschwärzen.«
»Mit gutem Grund. Es gibt keinen Beweis für Amandas Behauptung, daß James eine Affäre hatte, aber wir haben Beweise für ihre Beziehung zu de Vriess gefunden. Er hat die Bank um zehn Millionen betrogen, und sie hat ihm dabei geholfen, indem sie die Schuld auf ihren Mann abwälzte.«
»Das ist eine schwere Beschuldigung. Können Sie die beweisen?«
»Nicht ohne Zugang zu den Bank- und Anlagekonten der beiden, aber man braucht sich ja nur die Adressen der beiden anzusehen, um zu begreifen, daß da plötzlich irgendwo Geld herkam. Amanda hat sich nur Monate nach James’ Verschwinden ein Haus im Wert von 600 000 Pfund an der Themse gekauft, und de Vriess hat sich kurz danach ein Herrenhaus in Hampshire zugelegt.«
»Sehen sich die beiden noch?«
»Wir glauben nicht. De Vriess hat in den letzten drei Jahren mindestens drei Geliebte gehabt, während Amanda ein wahres Nonnenleben führt.«
»Und warum, glauben Sie?«
Streeters Ton wurde hart. »Wahrscheinlich aus demselben Grund, aus dem sie nie die Scheidung eingereicht hat. Sie möchte den Eindruck erwecken, daß James irgendwo noch am Leben ist.«
Deacon blätterte in einigen seiner Kopien. »Okay, sprechen wir mal von James’ angeblicher Affäre mit« - er suchte die entsprechende Passage - »Marianne Filbert. Wenn es keine Beweise für diese Beziehung gibt, weshalb hat die Polizei sich dann allein mit Amanda Streeters Wort zufriedengegeben? Wer ist Marianne Filbert? Wo ist sie? Was sagt sie dazu?«
»Ich werde die Fragen der Reihe nach beantworten. Die Polizei hat sich mit Amandas Wort zufriedengegeben, weil es ihr in den Kram paßte. Sie brauchten einen Computerfachmann für ihre Theorie, und Marianne Filbert erfüllt alle Voraussetzungen. Sie gehörte einem Forschungs- und Entwicklungsteam an, das Mitte der achtziger Jahre für Softworks Limited tätig war. Softworks wurde 1986 beauftragt, einen Bericht für das Bankhaus Lowenstein zu erstellen; es weiß allerdings niemand, ob Marianne Filbert damit überhaupt zu tun hatte. Sie ist 1989 nach Amerika gegangen.« Er machte eine kurze Pause. »Sie arbeitete sechs Monate bei einer Software-Firma in Virginia, bevor sie nach Australien auswanderte.«
»Und?« hakte Deacon nach, als Streeter nicht weitersprach.
»Danach gibt es keine Spur mehr von ihr. Wenn sie wirklich nach Australien
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