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Das Echo

Titel: Das Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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gesprochen?«
    »Nein.« Sie gab die Fotografie zurück. »Ich konnte ihm nichts sagen.«
    »Aber Sie haben doch mit mir gesprochen«, sagte Deacon.
    »Weil ich dachte, Sie würden auf mich hören.«
    »Und bei ihm dachten Sie das nicht?«
    »Ich wußte es. Ihr Freund wollte leiden.«
     
    Auf die wenn auch entfernte Möglichkeit hin, daß Billy Blake Lehrer gewesen war, und da es ein landesweites Verzeichnis aller Lehrer, wie er festgestellt hatte, nicht gab, lud Deacon einen Bekannten, der ein hoher Funktionär in der Lehrergewerkschaft war, zum Essen ein, berichtete ihm, was er wußte, und bat ihn, auf der Säumnisliste der Gewerkschaft nach Englischlehrern zu suchen, deren Beitragszahlungen in den letzten zehn Jahren ohne triftigen Grund ausgeblieben waren.
    »Das soll doch hoffentlich ein Witz sein«, sagte sein Bekannter mit einiger Erheiterung. »Haben Sie eine Ahnung, wie viele Lehrer es in diesem Land gibt und wie hoch der Wechsel ist? Bei der letzten Zählung waren es mehr als vierhunderttausend Vollzeitkräfte ohne die Universitäten.« Er schob seinen Teller zur Seite. »Und was soll das heißen, ›ohne triftigen Grund‹? Depressionen? Das ist beinahe gang und gäbe. Invalidität infolge von Gewaltanwendung fünfzehnjähriger Schläger? Das kommt weit häufiger vor, als zugegeben wird. Im Augenblick gibt es meiner Schätzung nach mehr inaktive Lehrer als aktive. Wer will schon die Hölle im Klassenzimmer, wenn sich etwas Zivilisierteres bietet? Sie verlangen von mir, daß ich die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen suche. Sie haben außerdem bequemerweise das Datenschutzgesetz vergessen, das mir verbietet, Ihnen die Information zu geben, selbst wenn ich sie hätte.«
    »Der Mann ist seit sechs Monaten tot«, entgegnete Deacon. »Sie würden also keinen Vertrauensbruch begehen, und seine Beitragszahlungen wurden wahrscheinlich schon vor mindestens vier Jahren eingestellt. Sie müßten sich die Säumnislisten zwischen 1984 und 1990 ansehen.« Er lächelte plötzlich. »Na schön, es war ein Versuch.«
    »Einen Versuch nennen Sie das? Es war von Anfang an eine Niete, mein Lieber. Sie wissen seinen Namen nicht und haben keine Ahnung, woher er kommt oder ob er überhaupt Gewerkschaftsmitglied war.«
    »Ja, sicher...«
    »Sie wissen nicht einmal, ob er überhaupt Lehrer war. Sie vermuten es nur, weil er Gedichte von William Blake auswendig konnte.« Der Mann lächelte liebenswürdig. »Tun Sie mir einen Gefallen, Deacon, lassen Sie sich mal gründlich den Kopf waschen. Ich bin ein überarbeiteter, unterbezahlter Gewerkschaftsmensch, kein gottverdammter Hellseher.«
    Deacon lachte. »Okay. Ich hab’ schon kapiert. Es war kein guter Einfall.«
    »Was ist an dem Burschen überhaupt so wichtig? Das haben Sie mir gar nicht erklärt.«
    »Vielleicht nichts.«
    »Warum dann dieser Drang herauszubekommen, wer er war?«
    »Ich möchte gern wissen, was einen gebildeten Mann zur Selbstzerstörung treibt.«
    »Ach so«, sagte der andere verständnisvoll. »Es ist was Persönliches.«
    The Street, Fleet Street, London EC 4
     
    Dr. Henry Irvine
St. Peter’s Hospital
London SW 10
     
    10. Dezember 1995
     
    Sehr geehrter Dr. Irvine,
Ihr Name wurde mir in Verbindung mit einem Häftling
genannt, über den Sie 1991 im Gefängnis
Brixton ein Gutachten angefertigt haben. Sein
Name war Billy Blake. Sie haben vielleicht von
seinem Hungertod in einer Garage im Londoner Hafenviertel
im Juni dieses Jahres gelesen. Seine
Geschichte, eine tragische, wie mir scheint, hat
mein Interesse geweckt, und ich erlaube mir die
Frage, ob Sie vielleicht Informationen besitzen,
die mir helfen würden festzustellen, wer er war
und woher er kam.
    Meiner Meinung nach wählte er das Alias William Blake, weil er in seinem eigenen Leben Parallelen zum Leben des Dichters sah. Wie William war auch Billy von Gott (und/oder Göttern) besessen und predigte jedem, der es hören wollte, seine (oder ihre) Bedeutung. Doch seine Botschaft war zu esoterisch, um verstanden zu werden. Beide Männer waren Maler und Visionäre, beide starben in Not und Armut. Es wird Sie vielleicht interessieren, daß ich meine Magisterarbeit über William Blake geschrieben habe und daher diese Parallelen besonders faszinierend finde.
    Nach dem wenigen, was ich bisher über Billy weiß, scheint er ein gequälter Mensch gewesen zu sein, der möglicherweise an Schizophrenie gelitten hat. Ferner behauptet einer meiner Informanten (nicht sehr zuverlässig), Billy habe gestanden,

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