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Das Echo

Titel: Das Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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worden?«
    »Warum sollte er so was tun?«
    »Ich denke, weil er’s schon früher getan hat und weiß, daß es funktioniert. Sie dürfen wirklich nicht mit geschlossenen Augen in dieses Abenteuer hineinstolpern, Michael.«
    »Prächtig«, sagte Deacon und senkte müde seinen Kopf in seine Hände. »Und was, zum Teufel, soll ich jetzt tun? Soll ich dem Früchtchen sagen, es soll sich verziehen?«
    Lawrence lachte leise. »Aber, aber! So schnell lassen Sie sich den Schneid abkaufen? Das Unfreundlichste, aber wahrscheinlich Gescheiteste wäre es, ihn der Polizei zu übergeben und alles andere den Sozialarbeitern zu überlassen, aber das wäre natürlich sehr hart, da Sie ihm gerade Weihnachten bei sich zu Hause angeboten haben. Immerhin sind Sie ja nun vorgewarnt und können sich wappnen. Ich finde, Sie müssen bei Ihrer Einladung bleiben, aber zusehen, daß Sie dem armen Jungen immer einen Schritt voraus sind.«
    »Für was halten Sie ihn denn nun eigentlich?« schimpfte Deacon. »Vor einer halben Minute hatte der arme Junge noch vor, mich um Tausende zu erpressen.«
    »Weshalb sollte das eine das andere ausschließen? Er ist ein ungeliebter, unausgegorener Jugendlicher ohne Schulbildung, der auf der Straße zweifellos einige raffinierte Tricks gelernt hat, um sich mit Kleidung, Essen, Trinken und Drogen einzudecken. Vielleicht ist es ja so, daß gerade Sie der Mensch sind, den er jetzt braucht, um wieder ein geordnetes Leben zu finden.«
    »Der steckt mich doch allemal in die Tasche«, brummte Deacon pessimistisch.
    »Ganz sicher nicht«, versetzte Lawrence, der immer noch den Tresen im Auge hatte, wo Terry endlich den Barkeeper bat, ihm ein Taxiunternehmen aus dem Telefonbuch herauszusuchen. »Sie haben immerhin den Vorteil, kein Analphabet zu sein.«
     
    Bei Fatima, die sehr schlecht Englisch sprach, erlebte Barry nichts als Scham und Demütigung. Die Beleuchtung in ihrem Ein-Zimmer-Appartement war schummrig, und er starrte angewidert und erschrocken auf das zerwühlte Bett, auf dem sich noch der Körperabdruck eines früheren Freiers abzuzeichnen schien. In dem auf türkisch getrimmten Zimmer hing ein Geruch, der mehr Fatima selbst zuzuschreiben war als dem Sortiment von Räucherstäbchen, die auf einem Toilettentisch brannten.
    Sie war eine wohlausgestattete Frau in den mittleren Jahren und pflegte ihre Geschäfte mit einer Routine abzuwickeln, die keine Zeitverschwendung zuließ. Sie erkannte schnell, daß sie es mit einem Novizen zu tun hatte, und sah wiederholt auf ihre Uhr, während Barry sich stammelnd vorstellte und gleichzeitig krampfhaft überlegte, wie er sich aus dieser gräßlichen Situation herausmanövrieren konnte, ohne sie zu beleidigen.
    »Hundert«, unterbrach sie ihn ungeduldig und rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. »Und zieh Hose aus. Wen interessiert, daß du Barry heißen? Ich dich Schatzi nennen. Wie du mögen? Wie Hunde? Öl?« Sie schürzte verführerisch die roten Lippen. »Du netter sauberer Mann. Für hundertfuffzig Fatima dir einen blasen. Magst du? Schön, hm, Schatzi?«
    In Todesangst, daß sie ihn nicht gehen lassen würde, wenn er keine Zahlung leistete, wühlte Barry seine Brieftasche heraus und ließ zu, daß sie sich fünf Zwanziger nahm. Das war ein Fehler. Sobald das Geld die Hände gewechselt hatte, ging sie, da Barry keinerlei Anstalten machte, sich zu entkleiden, daran, ihn auszuziehen. Sie war eine kräftige Frau und offensichtlich entschlossen, ihren Teil der Vereinbarung zu erfüllen.
    »Komm schon, Schatzi. Nicht schüchtern sein. Fatima viel Erfahrung. Da, du sehen, kein Problem! Du großer, starker Mann.« Routiniert fischte sie aus einer Schublade ein Kondom, legte es ihm mit vollendeter Kunstfertigkeit an und begann ohne weitere Umschweife, ihre türkischen Wunder zu vollbringen.
    Barry war ihrer Fertigkeit nicht gewachsen, und die ganze Angelegenheit war innerhalb von Sekunden erledigt.
    »So, Schatzi«, sagte sie, »alles fertig, alles bestens. Du wirklich groooßer Bursche. Wenn du Geld, du immer kannst wiederkommen. Fatima immer für dich da. Nächstes Mal nicht soviel reden, mehr Spaß, okay? Du bezahlen für guten Sex, und Fatima geben guten Sex. So, du jetzt Hose wieder anziehen und auf Wiedersehen.«
    Sie hatte die Tür schon geöffnet, ehe er ordentlich angezogen war, und da er nicht wußte, was er sonst damit anfangen sollte, schob er das Kondom in die Tasche. Als er davonging, rief sie ihm nach: »Du bald wiederkommen, Barry«, und es würgte ihn

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