Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Echo

Titel: Das Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
Vom Netzwerk:
schuldbewußt auf, als der Wachmann die Tür zur Bibliothek öffnete und eintrat. »Okay, junger Mann, ab mit Ihnen, aber schnell«, sagte Glen Hopkins energisch. »Die Redaktion ist geschlossen, und Sie sollten Weihnachten feiern.«
    Er war ein pensionierter Oberbootsmann, der kein Blatt vor den Mund nahm, und nachdem er sich lange genug die boshaften Klatschgeschichten der Frauen über Barry angehört hatte, hatte er nach eingehender Überlegung beschlossen, den jungen Mann an die Hand zu nehmen. Er wußte genau, was für ein Problem er hatte, und es war nichts, was sich nicht mit praktischen Ratschlägen und ein paar offenen Worten richten ließ. Er kannte Typen wie Barry aus der Marine, obwohl sie da zugegebenermaßen jünger gewesen waren.
    Barry deckte die Papiere zu, die vor ihm lagen. »Ich arbeite an einer dringenden Sache«, erklärte er wichtigtuerisch.
    »Tun Sie nicht. Wir wissen doch beide, was Sie da treiben, und Arbeit ist es nicht.«
    Barry nahm seine Brille ab und spähte blind durch den Raum. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Aber klar wissen Sie das, und es ist nicht gesund, mein Junge.« Gewichtigen Schrittes kam Glen näher. »Ein junger Kerl wie Sie gehört unter Leute, er sollte seinen Spaß haben, anstatt hier im Finstern rumzusitzen und sich Bilder anzuschauen. Ich hab’ hier ein paar Karten mit Adressen und Telefonnummern, und ich schlag’ vor, Sie suchen sich die aus, die Ihnen am besten gefällt, und rufen sie an. Kostet natürlich eine Kleinigkeit, und ein Kondom brauchen Sie auch, aber die wird Sie im Nu auf die Höhe bringen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Es ist doch nichts dabei, sich am Anfang ein bißchen Hilfe geben zu lassen.« Er legte die Karten einiger Prostituierter auf den Schreibtisch und gab Barry einen väterlichen Klaps auf die Schulter. »Sie werden sehen, das Richtige macht tausendmal mehr Spaß als eine Schachtel voll Fotos.«
    Barry lief feuerrot an. »Sie verstehen nicht, Mr. Hopkins. Ich arbeite an einer Sache für Mike Deacon.« Er deckte die Bilder von Billy Blake und James Streeter auf. »Es ist ein Riesenknüller.«
    »Klar, drum sitzt Mike auch am anderen Schreibtisch und hilft Ihnen«, sagte Glen ironisch, »anstatt wie sonst die Kneipen unsicher zu machen. Nun kommen Sie schon, mein Junge, keine Story ist so wichtig, daß sie nicht bis nach Weihnachten Zeit hat. Sie können sagen, es geht mich nichts an, aber ich hab’ einen guten Blick für die Probleme von anderen, und damit, daß Sie hier rumhängen, lösen Sie Ihres bestimmt nicht.«
    Barry wich vor ihm zurück. »Sie sind völlig auf dem Holzweg«, murmelte er.
    »Sie sind einsam, mein Junge, und wissen nicht, was Sie dagegen tun sollen. Ihre Mutter ist eine, die sich gern einmischt - vergessen Sie nicht, daß ich immer ans Telefon geh’, wenn sie abends hier anruft -, und, nehmen Sie’s mir nicht übel, wenn ich’s geradeheraus sage, für Sie wär’s besser gewesen, Sie hätten sich schon längst abgesetzt. Sie brauchen nur ein bißchen Selbstvertrauen, um loszulegen, und es ist doch nicht verboten, wenn man dafür erst mal zahlt.« Er lächelte aufmunternd. »Na los, zischen Sie ab und machen Sie sich ein Weihnachtsgeschenk, das Sie nie vergessen werden.«
    Tief gedemütigt, blieb Barry nichts anderes übrig, als die Karten an sich zu nehmen und zu gehen, doch die Beschämung trieb ihm die Tränen in die Augen, und er blieb zwinkernd, wie ein verirrtes Kind, auf der Straße stehen, als die Tür hinter ihm geschlossen wurde. Er fürchtete so sehr, daß Glen ihn darüber ausfragen würde, wie alles gelaufen sei, daß er schließlich in eine Telefonzelle trat und die erste Nummer aus dem Kartenstapel wählte, die der Mann für ihn ausgesucht hatte. Hätte er gewußt, daß Glen, der der schlichten Überzeugung war, Sex könne jedes Übel heilen, diese Karten jedem Mitarbeiter zu verpassen pflegte, von dem er glaubte, er mache gerade eine schwere Zeit durch, so hätte er sich vielleicht zweimal überlegt, was er tat. So aber fürchtete er, seine Jungfräulichkeit würde zum allgemeinen Gespött werden, wenn er Glens Vorschlag nicht nachkam, und erklärte sich deshalb, mehr aus Angst, zur Zielscheibe des allgemeinen Spotts zu werden, als aus erwartungsfroher Begierde, bereit, die 100 Pfund zu bezahlen, die Fatima, das türkische Wunder, als Preis nannte.

9
    »So«, sagte Lawrence Greenhill, als sie mit Getränken vor sich um einen Tisch saßen, »und jetzt erklärt mir Terry vielleicht,

Weitere Kostenlose Bücher